Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1907

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4249#0011
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
... k^^^fM»***»*»**,«***.■«#***M#.** •<'

ni«

•tf&

ider«

Komposition gegenseitig gegeben, der Handwerker
allein, damit er mit der Rechten arbeitend erscheine,
wieder rechtseitig, so daß nun der Lehrjunge in einen
ganz unmöglichen Platz zur Linken und hinter, sast
über dem Rücken des Meisters gedrängt ist. Man
beachte dann auch die bessere Zeichnung der Geräte,
der Bewegungen und des Gesichtes des Meisters, die
geschicktere Darstellung des Raumes in der S-Folge.
Schon diese eine Gegenüberstellung beweist schlagend,
daß die S-Folge den Originalkompositionen näher stehen
muß als die andere. Weitere Beobachtungen werden
dies bestätigen: beim »Imperator« ist in der E-F'olge
die sehr natürliche Stellung der Beine, die diese Figur
in der S-Folge hat, dadurch, daß das freie Bein statt
hinter über das festaufstehende gelegt ist, ganz steis
und unrichtig geworden; die linke Hand, deren Haltung
in der S-Folge durch das Zepter motiviert ist, wird
ungeschickt in den Gürtel gesteckt. Die »Geometria«
hält in der S-Folge den Mantel mit der Linken, um die
Rechte zum Schreiben frei zu haben, der Stecher der
E-Folge gibt die Gestalt gegenseitig, nur läßt er sie
ebenfalls mit der Rechten schreiben, die nun durch den
Mantel sehr ungeschickt behindert zu sein scheint.
Ganz ähnlich ist bei der »Astrologia« das in der S-Folge
verständliche Motiv des mit dem Buche ausgehobenen
Mantelzipfels bei der Umzeichnung in der E-Folge ganz
überslüssig geworden, da diese nun zur Rechten gewor-
dene Hand den Stab hält. Hier ist noch auffallend, daß
in der S-Folge diese Figur ihre richtige römische und
arabische Nummer 29 trägt, daß aber der Stecher der
E-Folge die etwas absonderlich gesormte 2 der arabi-
schen Zahl offenbar für eine 3 angesehen hat und
nun der Figur auch in der römischen Zahl die salsche
Nummer 39 statt 29 gegeben hat. Man wird zugeben
müssen, daß ein solches Mißverständnis, zumal wenn
die Ursache seiner Entstehung so klar liegt wie hier,
gegen die Originalität der E-Folge Bedenken erregen
muß. In der »Speranza« (39) sind die Gewandsalten
an den Beinen der Gestalt in der E-Folge trotz der
Änderung der Stellung unrichtigerweise beibehalten,
in der »Lima« (41) und im »Sol« (44) sind Teile
des Wagens mißverständlich wiedergegeben, Ornamente sortgelassen. Es könnte noch eine ganze Reihe solcher
Fälle aufgesührt werden, in denen in der S-Folge Bewegungs- und Gewandmotive, Einzelheiten jeder Art sach-
gemäß und richtig, in der E-Folge mißverständlich, ungeschickt und mit allerhand Auslassungen behandelt sind. Die
Details der Landschasten sind in der S-Folge durchgehends viel seiner und sorgsältiger durchgesührt als in der
E-Folge.
Die Eleganz und Glätte der Formenbehandlung und der Technik, die die E-Folge vor der S-Folge auszeichnet,
dars uns über dies Verhältnis der Stiche zu ihrer Vorlage nicht hinwegtäuschen. Allerdings muß zugegeben werden,
daß in der S-Folge mehrsach die Stellungen sehr plump und steis und manche Gesichter recht ungeschickt gezeichnet
sind. Es muß auch erwähnt werden, daß die »Thalia« (16) der S-Folge den Bogen ihrer Geige mit der Linken
sührt, während in der Figur der E-Folge die Bewegung richtig dargestellt ist. Solche Irrtümer finden sich jedoch in
alten Stichen häusig und beweisen nichts. ■
Für die Datierung der S-Folge haben wir keine äußeren Anhaltspunkte. Man hat die Zahlen der untersten Reihe
auf der Tasel, die die »Arithmetica« (25) hält, als Jahreszahl 1485 und als die Zeit der Entstehung der Stiche der
S-Folge deuten wollen, wobei dann die 0 zwischen der 4 und der angeblichen 8 als Füllsel unbeachtet bleiben müßte.
In Wirklichkeit sind aber in dieser Reihe überhaupt nur die 4, die 0 und die 5 Zahlen, das erste Zeichen, das man


Aus der S-Folge der >Tarocchi«
 
Annotationen