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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.4249#0037
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Häufig begegnen wir zwar Alt-
dorfer-Köpfen, aber daneben wieder
fremdartigen Typen, welche in den Ge-
sichtszügen etwas Lauerndes, grausam
Verschmitztes zeigen. Die Figuren haben
etwas Posiertes in der Haltung, das
Nackte ist, wie zum Beispiel in der
Kreuzigung, verständiger aber leerer, der
Faltenwurf kontrastreicher, aufgeregter
und manirierter gezeichnet. Auf das De-
tail der Wasfen, auf die ornamentale Aus-
führung von Stosfmustern, verwendet
der Maler die größte Sorgfalt und Liebe,
so daß Putz und Kostüm oft aufdring-
lich wirken. Theatralisch-phantastische
Trachten in grellen Farben interessieren
ihn mehr als die ganze Komposition.
Gerne läßt er ganze oder Dreiviertelprofile
silhouettenartig von dem hellen Hinter-
grund sich abheben. Das Naive und
Innige, das wir bei Altdorfer so oft
schätzen lernen und das wir auch auf
den kleinen Altartafeln, wie zum Bei-
spiel bei Barbara und Margareta im Ge-
spräche, beobachten können, fehlt dem
Maler der großen Tafeln gänzlich; da-
gegen begegnet uns umso häufiger der
leere Ausdruck immer wiederkehrender
Typen.
Aber noch mehr zeigt uns die
Eigenart des Farbenauftrages und der
Malweise Verschiedenheiten, die den
Schluß erlauben, daß mindest die Aus-
führung der besprochenen Tafeln sicher
nicht von Altdorfer selbst herrühre. Die emailartigen Flächen, welche den Eindruck des Gleißenden und Geleckten
hervorrufen, sind ihm völlig fremd, ebenso wie die Zusammenstellung gewisser grell scheinender Farben. Die Wahl
eines merkwürdigen Grauviolett ist schon von Friedländer hervorgehoben worden.
Das Rätselhafte in dieser Frage, die schon so manchen Altdorfer-Forscher ins Wanken brachte — was uns bei
der noch sehr dunklen und wenig durchforschten Regensburger Schule nicht wundernehmen darf — führt uns
trotz aller äußeren Verschiedenheiten der großen und kleinen Altarteile dennoch wieder zu Altdorfer zurück. Er, der
Regensburger Hauptmeister, ist bei dem Florianer Altarvverk — wie wir gesehen haben — sicher nachgewiesen; die
Predellabilder fallen ihm zweifellos zu. Sollen wir nun annehmen, daß neben ihm ein zweiter Regensburger Künstler
das Hauptwerk selbständig schuf und er selbst sich mit einem bescheidenen Anteile begnügte? Gewiß nicht. War er
für die Passion nicht der Ausführende — durch Krankheit oder andere Ursachen verhindert —, so lieferte er doch
gewiß Vorzeichnungen und leitete nach seiner Weise die Arbeit. Anders das Verwandte und Fremdartige in den
Malweisen deuten zu wollen, wäre bei dem heutigen Standpunkt der Forschung noch nicht geraten.
Die Unklarheit dieses letzten Punktes möge indes nicht die gestellte Aufgabe hintanhalten, Altdorfers Donaureise
im Jahre 1511 zu Ende zu führen. Hiefür genügt es, daß seine Tätigkeit in St. Florian wenigstens für einen Teil der
Altarflügel nachgewiesen ist, und es erübrigt nur noch die Frage zu erörtern, inwieweit die Zeit seiner Reise mit jener
der Schöpfung der Bilder sich vereinigen läßt.
1509 erfolgte die Stiftung und die geistliche Weihe des Altares, wobei wir annehmen müssen, daß der Schrein
mit seinen Flügeln gar nicht fertig zu sein brauchte und auch nicht sein konnte. Welcher der Regensburger Künstler
hätte um diese Zeit bereits einen solchen Stil aufzuweisen, wie wir ihn auf den Tafeln beobachten? Derselbe ist
ungefähr um zehn Jahre später, und zwar sowohl für Altdorfer als auch für seinen uns unbekannten Landsmann
anzusetzen. Damit stimmt auch die Datierung von 1518 auf dem letzten Flügel mit der Darstellung der Himmelfahrt
(vorne) und des Propstes Peter (rückwärts), der eigentlichen Votiv- und Schlußtafei, wenngleich sie in der Form, wie


Altdorfer (?), Christus am Kreuz.

Flügel Nr.
 
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