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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0039
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verschmäht haben. Dauchez zeigt seine herben bretoni-
schen Landschaften in kräftigen Radierungen, die er selbst
gedruckt hat. Lunois bringt Radierungen und Lithogra-
phien von bekannter Güte. Waltner übersetzt frisch und
treu die »Meninas« des Velasquez; seine Originalarbeiten,
Porträte, sind dagegen etwas kleinlich. Minartz scheint
sich in seinen Pariser Skizzen an Forain zu erinnern, an
Forain, als er noch gut war. Jacques Beltrand setzt mit
Geschick seine Folge von Bildnissen berühmter Männer
fort, in Holz geschnitten und mit Wasserfarben gedruckt.
Friant, ein tüchtiger Zeichner, bringt kleine radierte Bild-
nisse, Legrand seine Tänzerinnen. Bedeutende Fort-
schritte zeigt Mac Laughlan, dessen Arbeiten nicht mehr
an ein Gemisch aus Whistler und Legros gemahnen.
Henri Riviere ist jetzt vom Holzschnitt und Steindruck
zur Radierung übergegangen und stellt bretonische Land-
schaften aus, Radierungen »auf weichem Grunde« (vernis-
mou) in zwei Tönen. Ein andrer Landschafter großen
Stils, Viala, hat sich die ernste Rouergue zu seinem
Arbeitsfeld erkoren. Von Bejot sind wieder vortreffliche
Pariser Ansichten ausgestellt. Sonst wären noch zu nennen
als Radierer Frelant, Synge, G. de Latenay, Heyman,
der Enkel J. F. Millets, und der Architekt R. Bin et, von
Holzschneidern Paul Colin mit seinen kraftvollen länd-
lichen Szenen, von Lithographen endlich Jean Veber,
der mit seinen farbigen Blättern beim alten Breughel in
die Schule zu gehen scheint. Einen eigenen ganzen Saal
füllen die Arbeiten Leperes, die wir deshalb auch ge-
sondertbesprechen wollen. — II. Les Artistes frän^ais.
Auf diesem Salon, der Zufluchtsstätte der reproduzieren-
den Graphik, gewinnt die originalschaffende Graphik,
selbst die in Farben, immer mehr Raum. Vor kurzem noch,
es mögen kaum drei Jahre her sein, in Vor- und Neben-
zimmer verbannt, verdrängt sie jetzt ihrerseits fast die
einstige Alleinherrscherin, eine Tatsache, die festgestellt
zu werden verdient und die den Beweis erbringt, daß
jeder Widerstand gegen eine gesetzmäßige Entwicklung
vergeblich ist. Überhaupt ist die Graphik diesmal hier,
im Gegensatz zum andern Salon, besonders gut vertreten.
Der Holzschnitt freilich bietet nichts Außerordentliches,
mag ihm auch die Ehrenmedaille zugefallen sein. Ruffe
hat sie davongetragen mit der »Musik im Mittelalter« nach
L.-O. Merson, einem großen Blatt von unsicherer Zeich-
nung und ziemlich eintönigem Schnitt. Mit mehr Recht
hätte ein so erprobter Künstler wie Froment diese höchste
Auszeichnung verdient, dessen ganzes Werk Achtung
einflößt und der diesmal eine Reihe geistreicher Vignetten
ausgestellt hat. Sonst finden wir von reproduzierenden
Holzschneidern noch Ernest Florian (nach A. Leroux),
Dete (nach Ribot), Van de Put (nach Dupre), Vin-
trant (nach Troyon), Boileau (nach E. Maxence) und
Gasperin und Mathieu (nach Carriere). Von Original-
holzschnitten sind zu nennen die Blätter von Leon und
Charles Jouenne, die freilich allzusehr in der Technik
des reproduzierenden Holzschnitts behandelt sind, dann
die etwas schweren, aber dekorativ sehr wirksamen Hell-

dunkelschnitte von Vibert und endlich die farbigen
Versuche von Baudier. Der Kupferstich scheint auf die
Grundsätze zurückgreifen zu wollen, die vor Gaillard
herrschend waren, oder vielmehr eine Vereinigung zu

j versuchen zwischen den strengen Strichlagen, wie man sie
immer noch auf der Ecole des Beaux-Arts lehrt, und der
Modellierung ohne Striche, wie sie Gaillard im Kupfer-
stich eingeführt hat. Außerdem verwenden die Stecher
fast immer als »Unterlage« die Radierung, so daß es
oft schwer fällt, die Technik genau zu bestimmen. Die
reproduzierenden Stecher bleiben im allgemeinen der

: Überlieferung treu und pflegen den schönen Strich. Wir
nennen von den Stechern Dezarrois, Deturck, Achille
Jacquet (mit kleinen Bildnissen und einer vortrefflichen

! Pietä nach Villeneuve-les-Avignon), Penat (nach Correg-
gio), Mayeur (nach dem Ismael von Cazin), Quidor,
Carle Dupont, Valley, Dupechez (nach Holbeins
Erasmus), Jules Jacquet (nach Fragonard), Schütz und
Greuze, der in der Art Gaillards ein Originalporträt
Maxim Gorkis ausgeführt hat. Viele vortreffliche Arbeiten
sind unter den Radierungen zu sehen. Mit einem Gewalt-
streich hat Coppier zu zeigen versucht, daß die Radierung
alles kann. In den Farben und in der Größe des Originals
hat er eine der Perlen des Louvre, den Condottiere des
Antonello da Messina wiedergegeben. Das Blatt wirkt fast
beängstigend und verwirrend durch seine Treue als eine
mit den Mitteln der Radierung erzeugte täuschende Kopie
eines Gemäldes. Vielleicht kann man eine solche Arbeit
überhaupt nicht mehr eine Radierung nennen. Immerhin
erzwingt sich das Blatt unsere Achtung als ein Virtuosen-
stückchen und man denkt an Paganini, der ein ganzes

• Konzert auf einer einzigen Saite gespielt hat. Sonst sind
von farbigen Blättern noch bemerkenswert die von Terre 1
des Cheines (»L'Effort«) und Celos. Reproduzierende
Radierungen haben ausgestellt La Guillermie (nach Van
Dyck), Brunet-Debaisne (nach Corot), Fouquet-Der-
val (nach Rubens), Originalradierungen Bouroux,
Renefer, Haig, Dallemagne, Emile Humblot, Frau
Jeanne Simonnet, Grouiller, Titton, Affleck,
Mayeur, Frau Crawford, Lequeux und Andere. Von
Originallithographcu sind außer Leandre und Belle-
roche zu nennen: Neumont, Trinquier, Hodebert,
Huvey, Alleaume, Jacquier, Marius Martin und der
zweiundachtzigjährige Nestor der französischen Litho-
graphen Pirodon mit einem kräftigen Bildnis Eiffels.

Clement-Janin.

Paris. Ausstellung von Arbeiten Leperes im
Salon 1908. — Auguste Lepere ist eine Größe der
zeitgenössischen Kunst Frankreichs. Doch bisher kannten
ihn nur die Künstler und gut unterrichtete Liebhaber.
Die gegenwärtige Ausstellung einer Auswahl seiner
Werke in einem eigenen Saal des Salons der Societe
Nationale wird nun ohne Zweifel beträchtlich dazu bei-
tragen, seinen Namen in der Öffentlichkeit weiter zu ver-
breiten, weshalb wir die Gelegenheit benutzen, uns einen
 
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