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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0081
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scheint auch hier der ursprüngliche Altdorfer-Charakter noch nicht ganz verwischt. Im XVII. Jahrhundert mögen An-
lehnungen an Werke der Donaurenaissance kaum noch vorkommen. Ich wüßte nur einen Meister von Bedeutung zu
nennen, dessen Kunst von Altdorferscher Graphik nicht einmal beeinflußt, sondern nur leicht gestreift worden ist:
Jacques Callot. Besonders die »Kleine Passion« dieses Künstlers weist Züge auf, die daran denken lassen, daß sich

Altdorfers Holzschnittfolge, B. 1—40,
im Atelier Callots befunden haben mag.
Meaume 24 und 26, Geißelung und
Dornenkrönung, haben in den Figuren
wie der Räumlichkeit unverkennbare
Analogien mit Altdorfers entsprechen-
den Darstellungen B. 23 und 24. Es
kommt als beweisend hinzu, daß eine
bei Hermann Weyen verlegte Serie von
freien Kopien nach Callots »Großer
Passion« direkte Entlehnungen aus der
Altdorferschen Serie aufweist; denn
diese Serie, die zu den Callotschen
Darstellungen einige weitere, ganz im
Sinne des Künstlers gehaltene hinzu-
fügt, muß in seiner nächsten Umgebung
entstanden sein. Die betreffende Serie
enthält eine Geißelung, die im Figür-
lichen Altdorfers B.23 wiederholt, ferner
einen an Blatt 19 angelehnten Ölbers

Art des Jacques Callot, »Kreuzerhöhung«.
Radierung.

und eine Kreuztragung, deren Haupt-
gruppe aus B. 27 stammt. Ein Oval mit
der Kreuzerhöhung, evident von der
gleichen, Callot ganz nahestehenden
Hand, ist geschickt kompiliert aus B. 29
(Gruppe links hinten) und B. 30 (Gruppe
rechts vorn).

Es ist unverkennbar, daß sich
Callot in manchen Werken — und dazu
gehört besonders die »Kleine Passion« —
dem Geschmack der deutschen Klein-
meister stark genähert hat. Daß er im
besonderen Altdorfers Holzschnitte ge-
kannt hat, geht aus dem Gesagten
hervor und entbehrt nicht eines ge-
wissen Reizes. —

Was in den vorstehenden Zeilen
gegeben worden ist, beansprucht, wie
gleich anfangs betont wurde, weder

etwas Abschließendes noch etwa in sich
Abgeschlossenes zu sein. Beobachtungen, die geeignet sind zur kunsthistorischen Würdigung des Donaustils inner-
halb des Gesamtzusammenhangs beizutragen, sollten mitgeteilt werden. An mancher Stelle hätte es gelockt, Einzel-
heiten über einige der vielen Künstler aus Altdorfers und Hubers Kreis einzuschalten — diese Bemerkungen mußten,
als nicht streng zur Sache gehörig, vorläufig beiseite gelassen werden. Vielleicht findet sich eine Gelegenheit, in Kürze
darauf zurückzukommen. Hermann Voss.

Ausstellungen.

Budapest. — Internationale graphische Ausstellung
in der Kunsthalle des Vereins für bildende Künste.
(20. Jänner bis 14. März 1909.)

Der Gedanke, im Zentrum des ungarischen Kunst-
lebens eine große Sammlung graphischer Werke ver-
schiedener Schulen auszustellen, ist gerade zur rechten
Zeit gekommen. Die verschiedenen ungarischen Kunst-
ausstellungen beweisen nämlich von Jahr zu Jahr in er-
höhtem Grade, daß der Wert der künstlerischen Leistun-
gen zu der Größe der Produktion in keinem Verhältnis
steht. Die ältere Generation verflacht sich allmählich und
es gibt nicht viele unter den Jüngeren, die ihre Aufgabe
so ernst auffassen, daß sie nicht in maßlose Übertreibungen
verfielen. Man begegnet auch auf Schritt und Tritt Arbeiten,
die den Mangel an gründlichem Studium verraten.

Diese bedauerlichen Umstände machen eine ener-
gische Förderung der graphischen Künste doppelt nötig.
Der Verein ungarischer Graphiker (gegründet am 23. No-
vember 1908) muß also schon aus den angeführten
Gründen mit Freuden begrüßt werden. Die Leistung der
kleinen Gruppe wird — wenn auch vorläufig nur auf
eine bescheidene Arbeit zu rechnen ist — wohl auf den
richtigen Weg zu festerer und reinerer Kunstanschau-

ung hinweisen. Das Zeichen der Zeit können wir auch
im gegenwärtigen Unternehmen erblicken. Die Idee ging
von dem begeisterten Kunstfreund Dr. Paul von Majovszky
aus und gewann während der Verwirklichung eine
ungewöhnliche Ausgestaltung. Die 2536 Werke zählende
Ausstellung trug zwar den Charakter des Improvisierten
an sich; sie war aber sehr reich an Kunstwerken ersten
Ranges und berechtigt uns zur Hoffnung auf eine ent-
sprechende Fortsetzung.

Der erzieherische Wert des ausgestellten Materials
bestand hauptsächlich darin, daß einige moderne graphi-
sche Schulen, die die speziellen Aufgaben der verviel-
fältigenden Künste am besten erkennen, gut vertreten
waren. Neben dem großen europäischen Material war
auch eine stattliche Reihe von Blättern aus allen Perioden
des japanischen Farbenholzschnitts zu sehen.

In der Sammlung des Herrn Bela Bäcker, der zur
Ausstellung 277 Blätter überließ, nehmen die Engländer
und Amerikaner den größten Platz ein: Whistler
Penneil, A. Legros, W. Strang, S. J. Robinson,
S. Haden, D. Y. Cameron, M. Bone, Ch. Holroyd,
F. Dodd, A. East, F. Short, J. Finnie, A. E. John,
F. Brangwyn und Mc Laughlan sind bekanntlich lauter
 
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