Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0082
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
78

Meister von sehr großem Können, deren Gewandtheit in
der Bearbeitung der Kupferplatte jeder technischen
Schwierigkeit spottet. Die Lithographien von Whistler,
Ch. Shannon, W. Rothenstein und O. Hall sind
wieder geistvolle Ausbeutungen der Beschaffenheit des
chemischen Stiftes.

Legros und Strang nahmen den größten Platz in der
nationalen Gruppe der Engländer ein. Es war von ihnen
auch eine bedeutende Zahl von Zeichnungen zu sehen.
Unter den Engländern und Amerikanern waren noch
J. W. North, J. Ruskin, W. J. Muller, D. Cox, H. Hart,
Ch. Green, Allingham, Whistler, T. Wood, Millais,
J. Orrock, R. P. Bonington, Burne-Jones, Nicolson,
G. Clausen, A. B. Houghton, M. W. Westley, Th.
Austen-Brown, J. Hassall, Rossetti, W. Crane,
Fr. Sandys, J. Paterson und A. Parsons, die mit ihren
Aquarellen und Handzeichnungen die Aufmerksamkeit
auf sich zogen. Unter den Alten war Cox am besten ver-
treten und unter den Zeitgenossen bot uns das Beste East
mit einer Reihe äußerst breit und flüssig gemalter Aqua-
relle. Seitens älterer Meister erfuhren wir auch dieses
Mal, daß sie unter den Modernsten (in deren Produktion
manchmal die verschiedensten Fertigkeiten wahrzu-
nehmen sind und allerlei Einflüsse sich kreuzen) dank
ihren resoluten Bestrebungen und der schlichteren Auf-
fassung ergreifender und überzeugender wirken.

Die beiden Größten unter den Schweden und Hollän-
dern, Anders Zorn und M. A. J. Bauer, sind verschieden
veranlagte Geister. Der eine läßt sich durch ein sprudeln-
des, sanguinisches, auf kräftige Impressionen reflektieren-
des Temperament leiten, der letztere ist dagegen visionär,
ein Gemisch von Lyrischem und Romantischem. Beide
begegnen sich in der einfachen Großzügigkeit ihrer poin-
tierten Formensprache. Sie wirkten in dieser großen inter-
nationalen Ausstellung nebst Brangwyn am hinreißend-
sten. Kein Wunder, daß auch dieses Mal die Erfahrung
gemacht werden konnte, daß die Kraft der Kunst in der
Verinnerlichung liegt. Man findet unter den Engländern
vorzügliche Zeichner, denen es ein leichtes ist, die größten
Schwierigkeiten der Darstellung zu überwinden. Glänzende
Techniker gibt es unter ihnen, die — M. Bone an ihrer
Spitze — mit Benutzung des Grates, der schwächeren
und stärkeren Atzung und Bemalung der Platte alle Vor-
züge der verschiedenen Verfahren ausnutzen können.
Sie beschränken sich aber im allgemeinen auf je ein
spezielles Problem, in dessen Lösung sie bereits das letzte
Wort ausgesprochen haben. Cameron, S.Haden, Brangwyn
und East gelingt es tatsächlich nicht, auf diesem Wege
tiefe und packende Wirkungen hervorzubringen, sondern
nur durch eine freie, beziehungsweise sinnreiche Verdich-
tung ihrer Sujets.

Unter den Franzosen übten einige Blätter von
Man et, technisch anspruchslos, aber äußerst breit auf-
gefaßt und mit festem Bewußtsein komponiert, eine un-
gemein frische Wirkung aus. Ferner waren unter ihnen
noch — teils in der Sammlung Herrn Bäckers, teils in ihrer |

nationalen Gruppe —Raffaiil Ii, Mille t,Helleu,Leheutre,
Lunois, Laianne, Meryon, Lepere, Fantin-Latour,
Besnard, Corot, Daubigny, Grasset, Jeanniot,
Merson, Riviere, Verneuil und Vogel am besten
vertreten. Ihre nächsten Verwandten, die Nordländer
Larsson, Engström, Werenskiold, Munthe, Holm-
boe, Münch, Schwab, Willumsen, Kragh, Skov-
gaard, Tuxen, Larsen, Syberg und Hansen und die
Holländer Israels, Dupont,J ongkind.Wi tsen, Dys Sel-
hof, M. Maris und De Zwaart hatten ebenfalls charakte-
ristische Werke ausgestellt.

Die Russen Pasternak und A. Ostroumowa-
Ljebedewa bewiesen in ihren ausgestellten Zeichnungen
und Holzschnitten, wie viel sie zu ihrem Vorteil von der
deutschen Kunst aufgenommen haben.

Unter den Deutschen nahmen außer Klinger,
Menzel, Liebermann, Lenbach, Ubbelohde und
Stuck die Illustratoren des Simplizissimus und der
Jugend: Heine, Thöny, Wilke, Gulbransson, Bruno
Paul, Jank, Erler, Feldbauer, Diez, Eichler,
Münzer, Reznicek, Putz, Georgi, den dominierenden
Platz ein. Vertreten waren noch: Bö c kl in, Thoma,
Kalckreuth, Kollwitz, Leistikow, Kirchner, Ober-
länder, Hengeler, Bartels, Bergmann, Dill, von
Hofmann, Haider, Kappstein, Luntz, Meyer-Basel,
Reinicke, Schmoll v. Eisenwerth und andere mit
einigen Zeichnungen. Eine größere Folge von Radierungen
war von Walter Zeising zu sehen.

Es ist zu bedauern, daß die in voller Entfaltung be-
griffene vervielfältigende Kunst Deutsch-Österreichs auf
der Ausstellung nicht studiert werden konnte. Sie hätte der
ihr verwandten jungen ungarischen Graphik reiche An-
regung bieten können.

Es wird wohl nicht ungerecht sein, die Ungarn einer
eingehenderen Besprechung zu unterziehen, hauptsächlich
darum, weil wir jetzt zum ersten Male Gelegenheit haben,
über ihre Tätigkeit Bericht zu erstatten. Der Verein
ungarischer Graphiker füllte mit den Werken seiner Mit-
glieder ein kleines Kabinett aus. Seit der Zeit von
Barabäs und Marastoni war es noch nicht möglich, über
ungarische Graphik im allgemeinen zu sprechen. Die
sporadische Produktion einzelner Künstler berechtigte
uns nicht dazu. Die gegenwärtige Tätigkeit ist noch
immer bescheiden, sie trägt aber schon hie und da das
Zeichen einer gemeinschaftlichen Entwicklung an sich.

Professor Ludwig Rauscher, der älteste Künstler
der kleinen Gruppe, verarbeitet gewöhnlich landschaftliche
und architektonische Motive, die er malerisch auffaßt.
Seine Zeichnung ist sicher, breit und rein. Er arbeitet
hauptsächlich in Aquatinta und vervollkommnete schon
diese Technik mit mehreren Erfindungen im positiven
Verfahren. Seine neueren Blätter zeichnen sich infolge-
dessen durch solche Feinheit der Übergänge aus, die ge-
wöhnlich nur im Aquarell erzeugt werden können.

Seiner Auffassung steht der Radierer Arpad
Szekely nahe, den auch, gleich dem Brangwyn-Schüler
 
Annotationen