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Ein neuer Stich des Bandrollenmeisters.
(Der heilige Hieronymus im Gemach.)
178: 130)»;;; Bl. — 150:112 ;;;;;; PI. - 135: 110«;;;;; Einf.
Der jugendliche Heilige sitzt in Kardinals-
tracht links in einem Gemach mit Zapfendecke
auf einem kistenartigen Sitz. Die rechte Hand
ist unterm Mantel verborgen und dient einem
aufgeschlagenen Buche als Unterlage. Die
Linke befreit den Löwen, der sich rechts am
Heiligen emporrichtet, vom Dorn. In der Mitte
der Rückwand ein rundbogiges Doppelfenster,
rechts davon ein einfaches Rundbogenfenster,
beide mit Yerbleiung. Oben geht die Szene in
einen trapezförmigen Abschluß aus, der auf
zwei seitlichen Stützen ruht; in den Zwickeln,
welche diese Architektur mit der Einfassung
bildet, noch je drei Rundbogenfenster. Am
Pilaster links steht eine kleine Prophetenfigur.
Rohe Ziegelwände ohne Verputz; gequaderter
Fußboden. Die Einfassung wird oben von zwei
Eckverzierungen überschritten. Man erkennt
deutlich als geschwärzten Eindruck den
Plattenrand und die abgerundeten Ecken der
Platte. Die äußerst geschmackvolle alte Be-
malung ist folgende: Hut und Mantel des
Heiligen violett, die Mantelinnenseite blau, das
Untergewand grün. Gesicht, Halspartie und
die allein sichtbare linke Hand fleischfarben;
der Buchdeckel blau; der Sitz des Heiligen und
der Löwe gelb; Boden und Wände sowie die
Fenster in den Zwickeln braun; die Fenster des
Gemaches grün. Obwohl die Farben ganz dünn
aufgetragen sind, ist die Technik im Original
schon und erst recht in der Reproduktion nur
schwer erkennbar.1 Die derbe Umrißzeichnung
tritt am besten an Kopf und Brust hervor;
Querschraffierungen zeigt deutlich eine Stelle
am Mantel unterhalb des Buches. Der Druck ist grauschwarz, etwas ins Bräunliche spielend und ganz matt. Möglicher-
weise ist das vorliegende Exemplar nur ein Probedruck, da die Platte unvollendet ist. Während nämlich alle Fenster
Verbleiung aufweisen, fehlt diese am äußersten linken Fenster des Zwickels oben links; diese linke Ecke macht ganz
den Eindruck, daß sie unvollendet sei. Andere Stellen zeigen wieder deutlich, daß der Abzug von einer frischen, nicht
etwa von einer ausgedruckten Platte herrührt.
Zuerst sprach sich Herr Geheimrat Lehrs: für die Autorschaft des Bandrollenmeisters aus, während ich es
wegen seiner unzweifelhaft künstlerischen Qualitäten diesem Stecher nicht zutraute. Erst nachdem ich den Stich zum
zweiten Male sah, wurde mir klar, daß die Technik ganz die des Bandrollenmeisters sei. Die derbgestochene Umriß-
zeichnung, die kräftigen Querschiaffierungen, die parallelen Schraffen der Architektur deuten unverkennbar auf diesen
Stecher, dessen Schwächen in dem Blatte sonst nicht hervortreten; nur ihm zuzutrauen ist freilich die kleine
Prophetenfigur am Pilaster links. Hingegen möchte ich den vollständigen Mangel an »Raum« — es fehlen zum
Beispiel die Seitenwände ganz — auf Rechnung der Jugendlichkeit des Stechers setzen. In eine ganz frühe Zeit
weisen die in die Winkel gestellten Augen, der außerordentlich weiche Faltenwurf und endlich die Einfachheit der
Meistei mit den Bandrollen, Der heilige Hieronymus im Gemach. Bemalter Kupferstich.
i Die eigentümlich reizvolle Stimmung des Blattes beruht ganz auf der Farbe und kommt im Schwarzdruck absolut nicht zum Ausdruck.
Eine handkolorierte Wiedergabe — etwa in den Heitzschen Einblattdrucken — würde das Blatt, welches so schwer zugänglich ist, erst ins rechte
Licht setzen.
2 Als ich das Blatt am 7. IV. 1911 fand, sandte ich eine Photographie desselben nach Dresden.
Ein neuer Stich des Bandrollenmeisters.
(Der heilige Hieronymus im Gemach.)
178: 130)»;;; Bl. — 150:112 ;;;;;; PI. - 135: 110«;;;;; Einf.
Der jugendliche Heilige sitzt in Kardinals-
tracht links in einem Gemach mit Zapfendecke
auf einem kistenartigen Sitz. Die rechte Hand
ist unterm Mantel verborgen und dient einem
aufgeschlagenen Buche als Unterlage. Die
Linke befreit den Löwen, der sich rechts am
Heiligen emporrichtet, vom Dorn. In der Mitte
der Rückwand ein rundbogiges Doppelfenster,
rechts davon ein einfaches Rundbogenfenster,
beide mit Yerbleiung. Oben geht die Szene in
einen trapezförmigen Abschluß aus, der auf
zwei seitlichen Stützen ruht; in den Zwickeln,
welche diese Architektur mit der Einfassung
bildet, noch je drei Rundbogenfenster. Am
Pilaster links steht eine kleine Prophetenfigur.
Rohe Ziegelwände ohne Verputz; gequaderter
Fußboden. Die Einfassung wird oben von zwei
Eckverzierungen überschritten. Man erkennt
deutlich als geschwärzten Eindruck den
Plattenrand und die abgerundeten Ecken der
Platte. Die äußerst geschmackvolle alte Be-
malung ist folgende: Hut und Mantel des
Heiligen violett, die Mantelinnenseite blau, das
Untergewand grün. Gesicht, Halspartie und
die allein sichtbare linke Hand fleischfarben;
der Buchdeckel blau; der Sitz des Heiligen und
der Löwe gelb; Boden und Wände sowie die
Fenster in den Zwickeln braun; die Fenster des
Gemaches grün. Obwohl die Farben ganz dünn
aufgetragen sind, ist die Technik im Original
schon und erst recht in der Reproduktion nur
schwer erkennbar.1 Die derbe Umrißzeichnung
tritt am besten an Kopf und Brust hervor;
Querschraffierungen zeigt deutlich eine Stelle
am Mantel unterhalb des Buches. Der Druck ist grauschwarz, etwas ins Bräunliche spielend und ganz matt. Möglicher-
weise ist das vorliegende Exemplar nur ein Probedruck, da die Platte unvollendet ist. Während nämlich alle Fenster
Verbleiung aufweisen, fehlt diese am äußersten linken Fenster des Zwickels oben links; diese linke Ecke macht ganz
den Eindruck, daß sie unvollendet sei. Andere Stellen zeigen wieder deutlich, daß der Abzug von einer frischen, nicht
etwa von einer ausgedruckten Platte herrührt.
Zuerst sprach sich Herr Geheimrat Lehrs: für die Autorschaft des Bandrollenmeisters aus, während ich es
wegen seiner unzweifelhaft künstlerischen Qualitäten diesem Stecher nicht zutraute. Erst nachdem ich den Stich zum
zweiten Male sah, wurde mir klar, daß die Technik ganz die des Bandrollenmeisters sei. Die derbgestochene Umriß-
zeichnung, die kräftigen Querschiaffierungen, die parallelen Schraffen der Architektur deuten unverkennbar auf diesen
Stecher, dessen Schwächen in dem Blatte sonst nicht hervortreten; nur ihm zuzutrauen ist freilich die kleine
Prophetenfigur am Pilaster links. Hingegen möchte ich den vollständigen Mangel an »Raum« — es fehlen zum
Beispiel die Seitenwände ganz — auf Rechnung der Jugendlichkeit des Stechers setzen. In eine ganz frühe Zeit
weisen die in die Winkel gestellten Augen, der außerordentlich weiche Faltenwurf und endlich die Einfachheit der
Meistei mit den Bandrollen, Der heilige Hieronymus im Gemach. Bemalter Kupferstich.
i Die eigentümlich reizvolle Stimmung des Blattes beruht ganz auf der Farbe und kommt im Schwarzdruck absolut nicht zum Ausdruck.
Eine handkolorierte Wiedergabe — etwa in den Heitzschen Einblattdrucken — würde das Blatt, welches so schwer zugänglich ist, erst ins rechte
Licht setzen.
2 Als ich das Blatt am 7. IV. 1911 fand, sandte ich eine Photographie desselben nach Dresden.