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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3753#0025
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MITTEILUNGEN

GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.

BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE".

1912.

WIEN.

Nr. 2.

Studien und Forschungen.

Herzog Franz von Sachsen-Koburg-Saalfeld (1750—1806) und seine

Kunstsammlungen.

Den Namen des Herzogs Franz von Sachsen-Koburg-Saalfeld hat gewiß kaum einer der Leser dieser Zeilen
gehört, und von seinen Beziehungen zur Kunst ist bisher nirgends die Rede gewesen, obwohl die Koburger Kunst-
sammlungen trotz einiger Abgelegenheit von den großen Verkehrswegen in der letzten Zeit etwas häufiger in der
Kunstliteratur Erwähnung fanden. Nun, das Verdienst des Herzogs Franz ist die Gründung dieser Kunstsammlungen;
denn er hat außer Gemälden, Münzen, Naturalien etc. namentlich die graphischen Blätter und Handzeichnungen des
Koburger Kupferstichkabinetts vereinigt, welche erst in neuerer Zeit nach langer Pause wieder häufiger besichtigt und
durchforscht worden sind.

Seitdem ist wieder einiges Interesse an der Geschichte der Koburger Kupferstichsammlung erwacht; man hat
nach dem Sammler dieser halbvergessenen, noch ungehobenen Schätze geforscht und den Namen des Herzogs
Franz, den auch die lokale Tradition bewahrt hatte, in den Büchern über koburgische Landesgeschichte wieder
aufgefunden, mit der knappen Bemerkung, daß Künste und Wissenschaften an diesem Fürsten einen eifrigen Verehrer
hatten und neben der Pflege seines häuslichen Glückes fast die einzigen Beschäftigungen waren, die sein Leben
ausfüllten. Vorzüglich sei er ein leidenschaftlicher Freund von Gemälden und Kupferstichen gewesen, auf deren
Ankauf er zu große Summen verwendet habe.1 Daneben weckt der in diesen letzten Worten ruhende Tadel und die
Bemerkung bei Schultes, daß ihm zwar das Wohl seines Landes am Herzen lag, daß aber die trüben Zeitumstände
und die finanzielle Lage ihn seine Ziele in einer nur sechsjährigen Regierung nicht überall erreichen ließen, eine
persönliche Anteilnahme in den Freunden seiner Kunstsammlungen, die gesteigert wird durch das allgemeine Lob
seiner Güte und Leutseligkeit. Das Aktenmaterial im Herzoglichen Archiv zu Koburg, das bisher noch nicht durch-
gearbeitet war, bringt einige nähere Aufschlüsse über das Leben und die Tätigkeit unseres Fürsten. Wir sind über-
rascht von der Vielseitigkeit seiner Pläne und Interessen. Wußte man bisher nur, daß er der Ahnherr aller jetzt
blühenden Zweige des Hauses Sachsen-Koburg-Gotha war und daß auf seinen unbeliebten Minister von Kretschmann
zahlreiche Neuerungen und übereilte Spekulationen zurückgingen, so sehen wir aus den Resten der politischen
Korrespondenz die persönliche Anteilnahme des Herzogs an der Regierung seines Landes, der Aufklärung und
Erziehung seines Volkes und der Aufbesserung der trostlosen Finanzen. Unter der argen Verschuldung des herzoglichen
Hofes und des Landes, dessen Einkünfte von einer kaiserlichen Debitkommission verwaltet wurden, hatte er als Erbprinz
- Herzog Franz trat erst als Fünfzigjähriger die Regierung an — schwer zu leiden gehabt. So übernahm er kurz
entschlossen seinen Minister Kretschmann von einer brandenburg-bayreuthischen Behörde und begann, neben den
Finanzen, das Kirchen- und Schulwesen, Medizin und Justiz, Industrie und Landwirtschaft von Grund auf zu
heben und zu verbessern. Der Entwurf einer Verfassung, wohl nach englischem Muster, geht auf ihn zurück; daneben

' Schultes, Sachsen-Kob.-Saalf. Landesgeschichte. 3. Abteilung. Kobu
Stadt Koburg von 741 — 1822. Koburg 1825. S. 399.

Karche, Jahrbücher der Herzog!. Sachs. Residenz-
 
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