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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3753#0020
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den Bildern auf griechischen Vasen zu widmen, muß als ein glückliche!
Gedanke bezeichnet werden. Freilich lassen die Abbildungen zu wünschen
übrig- Dali dies aber kaum anders zu erwarten war, wird jeder mit dem
Gegenstand nur einigermaßen Vertraute von vornherein wissen. Großen-
teils auf konvexe Flächen gezeichnet, lassen sich die Vasenbilder auch
heute noch nur schlecht photographieren. Daß ein Reproduktionsver-
fahren, das darin besteht, zuerst die Komposition stückweise zu pausen,
dann mithälfe dieser aus einzelnen Streifen bestehenden Pause eine
Zeichnung anzufertigen, die schließlich abermals irgendwie reproduziert
'wird — früher durch einen Kupferstich, jetzt durch eine Strichätzung —,
daß ein solches Verfahren nur eine ungenügende Vorstellung vom Original
liefern kann, ist selbstverständlich. In dem vorliegenden Buche nun sind
überdies größtenteils Reproduktionen, die auf die eben geschilderte
Weise zustande gekommen sind, mithilfe von Autotypie oder Strich-
atzung verkleinert wiedergegeben. Von der wunderbaren impressionisti-
schen Freiheit des Pinsels der griechischen Künstler, die nur in den besten
Tuschzeichnungen der Japanei ihresgleichen findet, bekommt dahei
durch die Abbildungen m Hoebers Buche niemand auch nur eine entfernte
Ahnung. Auf den paar farbigen Tafeln sind außerdem die Farben gänzlich
verfehlt, insbesondere das Gelb des Grundes und bei den beiden schwarz-
figurigen Vasenbildern überdies das Rot sind einfach nicht anzusehen.
Gut ist der Text. Der Autor ist ein moderner Archäologe, durch
Furtwängler und Wilamowitz erzogen, und weiß erheblich viel mein, als
• ■ i-i I LCh unbedingt erheischte. Daß er mit seiner außerarchäologischen
Bildung cm bißchen kokettiert, überhaupt den Ästheten, der sich mit dun
Fünftelsäften dei Kulturen aller Zeiten und Lander vollgesogen hat,
allzusehr hervorkehrt, ist seiner Jugend — denn jung muß er sein
wohl zugute zu halten. (Jugendlich sind auch Urteile wie zum Beispiel
die, nach denen Grillparzers Antike unecht und die Hofmannsthals echt
ist. Ist nicht am Ende die eine so echt — oder so unecht wie die andere'-1)
Aber der Stoß ist klar disponiert, die Darstellung ist frisch und eigenartig,
und feine, geistreiche Bemerkungen linden sich nicht selten. A—n.

Neue Kunstblätter der k. k. Hof- und Staats-
druckerei in Wien.

Alt-Wien, das Wien der Biedermeierzeit, das Wien des Vormärz,
ist heutzutage Trumpf. Man regt sich über die lieben alten Häuser, die
niedergerissen, die schönen alten Stadtbilder auf, die vernichtet werden.
Man disputiert viel und setzt wenig durch. Maler und Radierer suchen
die Schönheiten der geliebten Vaterstadt in Bildern festzuhalten, Dichter
lassen ihre Romane, ihre Stücke mit Vorliebe im alten Wien spielen. Nur
die wienerischeste aller Künste, die Musik, ist last ganz tot, und eine
Oper, die in Wien spielt und deren Libretto von einem Wiener Dichter
geschrieben ist, muß von einem Komponisten aus dem Reiche vertont
weiden. Denn auch im Ausland ist Alt- und Neu-Wien zurzeit Mode
Das erfüllt den, der Wien ins Herz geschlossen hat, zugleich mit Freude
und mit Bangnis Wieviel Spekulantentum mischt sich nicht in solch
eine Bewegung, und hofft man einerseits auf die Geburt eines neuen
Österreichertums, so sieht man andrerseits mit leisem Grauen das alte
langsam, aber sicher in die Bruche gehen. Früher hat sich die Liebe des
Wieners zu seiner Vaterstadt im Räsonnieren über sie geäußert, heute
protzt er mit dieser Liebe und schlägt aus ihr Kapital . .

Dem Zug der Zeit hat auch die Staatsdruckerei Rechnung
getragen und eine Wiener Mappe mit sechs farbigen Holz-
schnitten herausgegeben, die von Wiener Kunstlern geschaffen sind
und Wiener Motive darstellen Es sind folgende Blatter: Ludwig
Heinrich Jungnickel, Schönbrunn; Dr. Rudolf Junk, Karlskirche;
Luigi Kasimir, Am Hof, Karl Moll, Backenhäusl und Bclvedere;
Kar! Müller, Innerer Burgplatz. Das malerischeste Blatt ist unstreitig
das von Kasimir, doch macht es nicht den spezifischen Holzschnitt-
eindruck; aus einer gewissen Distanz könnte man es auch für eine
Lithographie halten. Am holzschnittmäßigsten wirken die Blätter von
Jungnickel und Junk, das des letzteren ist, des Kunstlers Eigenart
entsprechend, am ornamentalsten gesehen. Die Mappe legt in gleicher
Weise ehrendes Zeugnis ab für die Leistungsfähigkeit der Staats-
druckerei wie Wir die Höhe, die gegenwartig der Wiener Hol/schnitt
einnimmt

Luigi Kasimir. »Am Hof-.

i arbig i Holzschnitt.

Aber auch die farbige Lithographie wird von der Staatsdruckerei
weiter gepflegt, was ihr um so mehi als Verdienst angerechnet werden
muß, als doch das Interesse für diese graphische Kunst schon wieder zu
erkalten anfängt. Durchaus zu loben ist es auch, daß Ferdinand And ri,
dem das Wandtafel werk bereits mehrere schöne Blattei verdankt, gleich
zwei neue in Auftrag bekommen hat. Es i-,t immer richtiger, daß der
stärkere Kunstler öfter herangezogen, als daß durch den schwächeren
ein Auftrag verdorben weide. Möchte dieses gesunde Prinzip bei uns in
Österreich doch häufiger angewendet werden. Die beiden neuen Blatter
sind die folgenden - Weinpresse« und »Weinlese« (Blatt 28 und 27V

Die Szene des ersten spielt im Halbdunkeln lv....... le ■ i ize Bild ist

braun in braun gehalten. Im prächtigsten Gegensat/. /Lim eisten steht
das zweite Blatt, »Die Weinlese-. Da ist der klare, sonnige Herbsttag
mit all seinei frohen Buntheit und Frischei irzüglich wiedergegeben.
Doch auch das Blatt »Mariazell« (Nr 26) von Gustav Jahn ist aller
Achtung wert. Mit Andris beiden Blättern verglichen, ist es freilich ein
bißchen flau, doch wirken die Blütenbäume vorne, die blauen Beige in
dem Hintergrund und die \ ioletten Dächei des Ortes in der Mitte
angenehm zusammen.

Was dei gegenwärtigen Leitung der Staatsdruckerei nicht hoch
genug angerechnet werden kann, ist die weitblickende Entschlossenheit,
mit der sie sich unserei besten und modernsten Künstler schon zu einer
Zeit zu versichern gewußt bat, da über die »Sezession« noch Zeter und
Mordio geschrien wurde. Und auch jetzt noch versteht sie vortrefflich
zu wählen und überrascht immer wieder mit schönen Gaben. Es seien
nui Kalender, Briefmarken und Plakate genannt. Ist es nicht eine Freude,
daß die Plakate unserer k. k. Staatslotterie für gemeinsame Militär-
Wohltätigkeitszwecke von einem Rudolf Junk und einem Berthold
Löiflei entworfen sind? Um diese Tatsache vollauf zu würdigen,
braucht man sich beispielsweise bloß die Plakate dei k. k Tabakregie
mit den kitschigen Frauenkopten, die dem schlimmsten Modejournal
entstammen könnten, zu vergegenwärtigen, In der Staatsdruckerei und
in der Kunstgewerbeschule hat sieh dei Staat an die Spitze dei modernen
Kunstbewegung gestellt, eine fatsache, die nicht vergessen weiden
sollte, wenn man Grund zum Ärgei übei die Rückständigkeit der leitenden
Kreise zu haben glaubt

Dr. Rudolf Junk hat auch das hübsche Staatsehrendiplom dei
Jagdausstellung geschaffen, das die Staatsdruckerei gedruckt hat. Holz-
schnittmäßig gezeichnet, ist es doch eine Lithographie. Durch das dichte
grüne Gerank dei breiten Seitenrändei hupfen goldbraune Hirschlein und
Vogelehen Unten ist dei Doppelaar, oben sind eine Statue der Diana
 
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