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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3753#0021
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und der Titel der Umrahmung eingefügt Üppiges Gitterwerk in Schwarz
und gedämpftes Braun und Blau vervollständigen die Farbenskala.

Holzschnittmäßig wirken auch die gleichfalls 1910 in der Staats-
druckerei gedruckten originellen farbigen Algraphien von Karl
Friedrich Beils Mappe »Die sieben Lasterteufel«. In diesem Myrbach-
Schüler steckt ein nicht gewöhnliches, dem Grotesk-Phantastischen zu-
gewandtes Talent, das der Pflege wert wäre.

Auch die »Photographischen Naturaufnahmen für den
Anschauungsunterricht* sind fortgesetzt worden. Die dritte Lieferung
enthält das Hausrind (Stier, Kuh und Ochs), die Hausziege, das Pferd und
den Esel, die vierte den Schimpansen (wohl das gelungenste Blatt der
beiden neuen Folgen), die Addax-Antilope, das Renntier, das Huanako,
das Zebra und das Riesenkänguruh. Angesichts dieser ausgezeichneten
Blätter möchte man ein Kind sein, um durch sie die Kenntnis dieser
Tiere vermittelt zu erhalten. A. W,

Henrik Ibsen, Die Kronprätendenten. Biblio-
philen-Ausgabe der Königl. Akademie für graphische
Künste und Buchgewerbe zu Leipzig. (Illustriert mit
Radierungen von Alois Kolb.) Leipzig 1911.

Man muß sich fragen, ob heutzutage Österreich ein zweites Tos-
kana, Wien ein anderes Florenz ist, ob hier tatsächlich so viele Künstler
wachsen, daß der Überschuß an ihnen Deutschland zugute kommen könne.
Jedenfalls ist in den letzten Jahren ein Orlik, ein Kolb, ein Czeschka,
ein Jungnickel hinaus ins Reich gezogen.

Von einem dieser Unseren in der Fremde ist uns kürzlich ein
Werk zugegangen, das wohl dazu berufen ist, der Heimat zu zeigen,
daß sie in seinem Autor eine wertvolle Kraft verloren hat. Es sind dies
die Radierungen von Alois Kolb zu einer Prachtausgabe von Ibsens
-Kronprätendenten«.

Kolb, der gegenwärtig Professor an der Königlichen Akademie
für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig ist, hat in diesen
Radierungen Werke geschaffen, die seine herbe, strenge, gedankenvolle
und durchaus männliche Kunst besser zum Ausdruck bringen als
manches seiner Blätter, das sich in der letzten Zeit gelegentlich auf eine
Wiener Ausstellung her verirrt hat. Ibsens reifstes Frühwerk, »Die Kron-

prätendenten«, diese grandiose, an Shakespeare hinanreichende Tragödie
von den beiden Konigen, dem einen, der es wirklich ist, dem andern, der
es bloß sein möchte, diese Dichtung voll erschütternden Geschehens,
voll mächtiger Gestalten und voll tiefer Gedanken hat auch den bilden-
den Künstler angestachelt, sein Bestes zu geben.

Das Werk, ein Folioband, enthält nicht weniger als fünf spiegel-
große Radierungen, zehn mittlere und zehn kleine; von diesen letzteren
sind neun Initialbilder und findet sich eine als Titel- und Schlußvignette
verwendet. Eine mittlere und eine kleine sind hier, um weniges reduziert,
wiedergegeben. Am gelungensten scheinen mir die Initialen zu sein, bei
denen sich Kolb, der geistreiche Exlibris-Zeichner, offenbar am freiesten
gefühlt hat. Die am wenigsten befriedigenden Radierungen finde ich unter
den Vollbildern, die hie und da leere und unklare Stellen zeigen. Wurden
früher die Lichtseiten von des Künstlers Talent betont, so sei nun auch
ein Mangel nicht verschwiegen, der gerade auf den großen Platten
und in der Wahl der Gesichtstypen zutage tritt: Kolb fehlt es wohl ein
bißchen an Geschmack. Das gilt bekanntlich bei uns in Wien, wo man
den guten Geschmack gepachtet zu haben vermeint und eine künstle-
rische Eigenschaft wie Kolbs ernste Männlichkeit nur allzu gern zu
niedrig emschalzt, als das ärgste Verbrechen und hat vielleicht dazu
beigetragen, daß es dem Künstler nie so recht gelingen wollte, in Wien
festen Fuß zu fassen. Zugleich mit diesem Tadel sei aber auch der
Meinung Ausdruck gegeben, daß Kolbs Radierungen, unabhängig von
der Dichtung betrachtet, samt und sonders gewinnen. Als Maler
restlos und einwandfrei die Gestalten zu verkörpern, die der große
Magus aus dem Norden ersonnen hat, das hieße auf dem Gebiete der
bildenden Kunst dieselben Wunder- und Riesenkräfte sein eigen nennen,
über die Ibsen der Dichter geboten hat.

Technisch sind die Radierungen mit allem erdenklichen Raffinement
gearbeitet, besonders sei die geschickte Anwendung zweier Farben auf
ein und derselben Platte hervorgehoben.

Radierungen, wie man das in dem Bande getan hat, in den Text
einzudrucken, ist naturgemäß eine heikle, komplizierte Sache. Jedes
Blatt, auf das außer den Typen noch eine Radierung gedruckt ist, hat
zweimal durch die Presse gehen müssen, und zwar durch eine Tiefdruck-
und durch eine Hochdruckpresse. Doch ist das Verfahren durchaus nicht

Alois Kolb, Textradierung zu Ibsens »Kronprätendenten«
 
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