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Ein Mittelbuch, darin sein Mittelstück und andere mehr.
Ein Büchlein in grün Taffet, darinnen seine kleine Stück alle sein samt dem passion.
Aus diesen ist die nachherige Baumgartnerische Sammlung gemacht worden, so von mir, von der Frau General
von Hallerin 1785 gekauft und 1792 an den Erb-Prinzen von Coburg überlassen worden«.
Aus dieser Bemerkung scheint hervorzugehen, daß der Vermittler des Verkaufs und der Verfasser der Inventar-
abschrift in der Person des Hauptmanns von Derschau zu suchen ist, der im Kunsthandel Nürnbergs damals eine
große Rolle spielte und dem das Berliner, Gothaer und Koburger Kabinett wertvolle Objekte verdanken.
Das schöne Beham-YVerk der Feste Koburg, aus dem namentlich G. Pauli1 eine Reihe Unica veröffentlicht hat.
wurde aus der Sammlung von Hagen in Nürnberg gekauft, deren Katalog 1787 erschien, während die eigentliche
Versteigerung erst 1793 bei Rost in Leipzig abgehalten wurde. Murr, der auch die Einleitung zum Katalog geschrieben
hat, bespricht die Hauptstücke derselben kurz in seinen »Merkwürdigkeiten« (S. 500). Es ist wahrscheinlich, daß der
dort erwähnte »Frauenzimmerkopf« eine Handzeichnung Dürers mit schwarzer Kreide — Murr hält die Dargestellte
wohl ohne Grund für die Frau Jakob Fuggers von Augsburg — mit dem Koburger Blatt identisch ist, das Lippmann
in seinem Dürer-Kodex abbildet*. »Boydels Collection of Prints«, »la Galerie du Palais de Luxembourg«, »la Galerie
Royale de Dresde«, -la Galerie du Comte de Brühl«, »le Sacre de Louis XV«, »Fetes donnees par la Ville de Paris,
ä I'occasion du Mariage de Mr. le Dauphin« und andere Prachtwerke — alle jetzt in Koburg — werden von Murr
aufgezählt, und das »ffiuvre de Callot« in einem dicken Lederbande bildet noch jetzt, durch einen größeren Ankauf
bei Frauenholz 1797 (für 180 Gulden) und aus der Sammlung des Kupferstechers A4eil in Berlin (1805) ansehnlich
vermehrt, eine ehrwürdige Sehenswürdigkeit des Koburger Kabinetts. Daneben werden Teile des Praunschen
Kabinetts durch Derschau angeboten; vielleicht stammen aus dieser Quelle viele altdeutsche Zeichnungen; im übrigen
sind die zahlreichen Neudrucke von alten Holzstöcken und eine Reihe ganz ausgezeichneter Holzschnitte des
XVI. Jahrhunderts, die erst in den letzten Jahren durch Campbell Dodgson3, Dörnhöffer, Röttinger* und andere
neu gesichtet wurden, wohl meist aus Derschaus Sammlung gekommen.
Ein intimer Freund Chodowieckis, der Hofrat Wilhelm Gottlieb Becker in Dresden, verkaufte 1805 seine voll-
ständige Chodowiecki-Sammlung samt 250 sorgfältig ausgeführten Handzeichnungen des Meisters um 1600 Taler,
eine Sammlung, die an Wert deshalb gewinnt, weil Chodowiecki die Blätter dem Vorbesitzer für die Abfassung seiner
Biographie, die übrigens nicht geschrieben worden ist, mit besonderer Liebe ausgewählt hatte, und aus den Händen
des bekannten Leipziger Kaufmannes und Kunstsammlers Crayen wurde ein schönes Werk des Berliner Stechers
Georg Friedrich Schmidt erworben, das Seltenheiten enthält, die, von Crayen beschrieben, heute noch für verschollen
gelten. Die zeitgenössischen Künstler, ein Bause, Kobell, Lips, C. E. Richter, der Vater Ludwig Richters, und viele
andere brachten alljährlich selbst ihre Werke dem Herzog dar.
Gewiß geben diese Notizen nur einen unvollkommenen Einblick in die Geschichte einer Sammlung von dem
Umfang des Koburger Kabinetts. Die zahlreichen und kostspieligen Ankäufe auf dem Gebiete der neueren englischen
Graphik namentlich finden sich nirgends aufgezeichnet und die Schönheit der einzelnen Blätter läßt sich durch Beschrei-
bung oder Abbildung nicht wiedergeben. Aber auch diese Abteilung ist durch des Herzogs dreißigjährige Sammel-
tätigkeit nicht nur begründet, sondern abgeschlossen; denn wir wissen bestimmt, daß nach seinem im Jahre 1806
erfolgten Tode der damalige Bestand von zirka 180.000 Kupferstichen nur noch unwesentlich vermehrt worden ist.
Diese zeitliche Begrenzung der Sammeltätigkeit und die Herkunft großer Sammlungsteile aus bekannten Kabinetten
des XVIII. Jahrhunderts 5 bieten eine Bürgschaft für die Echtheit und das Alter der Abdrücke; außerdem sichert die
geringe Benutzung des Kabinetts, soweit nicht schon Schäden vorhanden waren oder Feuchtigkeit eindrang, eine
ausgezeichnete frische Erhaltung der stets in Mappen verschlossenen Blätter.
Freilich ist ein systematischer Ausbau einzelner Sammelgebiete, die erst im XIX. Jahrhundert mit Eifer gepflegt
wurden, wie der Inkunabeln des Holzschnittes usw., durch den frühen Tod des Herzogs verhindert worden; immerhin
sind auch auf diesem Gebiet eine Anzahl guter Einzelblätter vorhanden.
Neben der Kupferstichsammlung findet sich eine Sammlung von Handzeichnungen vor, die Jahre hindurch mit
Sorgfalt vermehrt, nach dem Tode des Herzogs fast ganz in Vergessenheit kam und bis vor kurzer Zeit ungeordnet
geblieben ist. Dieses Sammelgebiet — es sind etwa 10.000 Blatt vorhanden — ist wohl erst in den letzten Lebens-
jahren, als sich der Blick des Herzogs Franz immer mehr verfeinerte, systematisch ausgebaut worden. Auch hier
1 Jahrbuch d. preuli. Kunstsamml. XVIII, S. 73, XXX. S. 22U. Studien zur deutschen Kunstgeschichte (Heitz), Heft 33. 134. 135.
- Zeichnungen von Albrecht Dürer. VII, Nr. 155.
3 Catalogue of Dutch and German woodeuts, Band I und I]
* Röttinger in seinen Forschungen über die Breus und H. Weiditz im Jahrbuch d. Kunstsamml. dos Allerhöchsten Kaiserhauses XXVIII. 31 fi.
und in den ...Mitteilungen der Gesellschalt f. vervielfält. Kunst«, 1909, S. 1 ff. u. 1911. S. -1« ff.
5 Die Koburger Sammlung könnte wertvolle Beiträge zum Studium alter Sammlerzeichen liefern; zahlreiche Blattei tragen die Unterschrift des
Pariser Kupferstichhändlers P. Mariette und andere alte Liebhaberstempel.
Ein Mittelbuch, darin sein Mittelstück und andere mehr.
Ein Büchlein in grün Taffet, darinnen seine kleine Stück alle sein samt dem passion.
Aus diesen ist die nachherige Baumgartnerische Sammlung gemacht worden, so von mir, von der Frau General
von Hallerin 1785 gekauft und 1792 an den Erb-Prinzen von Coburg überlassen worden«.
Aus dieser Bemerkung scheint hervorzugehen, daß der Vermittler des Verkaufs und der Verfasser der Inventar-
abschrift in der Person des Hauptmanns von Derschau zu suchen ist, der im Kunsthandel Nürnbergs damals eine
große Rolle spielte und dem das Berliner, Gothaer und Koburger Kabinett wertvolle Objekte verdanken.
Das schöne Beham-YVerk der Feste Koburg, aus dem namentlich G. Pauli1 eine Reihe Unica veröffentlicht hat.
wurde aus der Sammlung von Hagen in Nürnberg gekauft, deren Katalog 1787 erschien, während die eigentliche
Versteigerung erst 1793 bei Rost in Leipzig abgehalten wurde. Murr, der auch die Einleitung zum Katalog geschrieben
hat, bespricht die Hauptstücke derselben kurz in seinen »Merkwürdigkeiten« (S. 500). Es ist wahrscheinlich, daß der
dort erwähnte »Frauenzimmerkopf« eine Handzeichnung Dürers mit schwarzer Kreide — Murr hält die Dargestellte
wohl ohne Grund für die Frau Jakob Fuggers von Augsburg — mit dem Koburger Blatt identisch ist, das Lippmann
in seinem Dürer-Kodex abbildet*. »Boydels Collection of Prints«, »la Galerie du Palais de Luxembourg«, »la Galerie
Royale de Dresde«, -la Galerie du Comte de Brühl«, »le Sacre de Louis XV«, »Fetes donnees par la Ville de Paris,
ä I'occasion du Mariage de Mr. le Dauphin« und andere Prachtwerke — alle jetzt in Koburg — werden von Murr
aufgezählt, und das »ffiuvre de Callot« in einem dicken Lederbande bildet noch jetzt, durch einen größeren Ankauf
bei Frauenholz 1797 (für 180 Gulden) und aus der Sammlung des Kupferstechers A4eil in Berlin (1805) ansehnlich
vermehrt, eine ehrwürdige Sehenswürdigkeit des Koburger Kabinetts. Daneben werden Teile des Praunschen
Kabinetts durch Derschau angeboten; vielleicht stammen aus dieser Quelle viele altdeutsche Zeichnungen; im übrigen
sind die zahlreichen Neudrucke von alten Holzstöcken und eine Reihe ganz ausgezeichneter Holzschnitte des
XVI. Jahrhunderts, die erst in den letzten Jahren durch Campbell Dodgson3, Dörnhöffer, Röttinger* und andere
neu gesichtet wurden, wohl meist aus Derschaus Sammlung gekommen.
Ein intimer Freund Chodowieckis, der Hofrat Wilhelm Gottlieb Becker in Dresden, verkaufte 1805 seine voll-
ständige Chodowiecki-Sammlung samt 250 sorgfältig ausgeführten Handzeichnungen des Meisters um 1600 Taler,
eine Sammlung, die an Wert deshalb gewinnt, weil Chodowiecki die Blätter dem Vorbesitzer für die Abfassung seiner
Biographie, die übrigens nicht geschrieben worden ist, mit besonderer Liebe ausgewählt hatte, und aus den Händen
des bekannten Leipziger Kaufmannes und Kunstsammlers Crayen wurde ein schönes Werk des Berliner Stechers
Georg Friedrich Schmidt erworben, das Seltenheiten enthält, die, von Crayen beschrieben, heute noch für verschollen
gelten. Die zeitgenössischen Künstler, ein Bause, Kobell, Lips, C. E. Richter, der Vater Ludwig Richters, und viele
andere brachten alljährlich selbst ihre Werke dem Herzog dar.
Gewiß geben diese Notizen nur einen unvollkommenen Einblick in die Geschichte einer Sammlung von dem
Umfang des Koburger Kabinetts. Die zahlreichen und kostspieligen Ankäufe auf dem Gebiete der neueren englischen
Graphik namentlich finden sich nirgends aufgezeichnet und die Schönheit der einzelnen Blätter läßt sich durch Beschrei-
bung oder Abbildung nicht wiedergeben. Aber auch diese Abteilung ist durch des Herzogs dreißigjährige Sammel-
tätigkeit nicht nur begründet, sondern abgeschlossen; denn wir wissen bestimmt, daß nach seinem im Jahre 1806
erfolgten Tode der damalige Bestand von zirka 180.000 Kupferstichen nur noch unwesentlich vermehrt worden ist.
Diese zeitliche Begrenzung der Sammeltätigkeit und die Herkunft großer Sammlungsteile aus bekannten Kabinetten
des XVIII. Jahrhunderts 5 bieten eine Bürgschaft für die Echtheit und das Alter der Abdrücke; außerdem sichert die
geringe Benutzung des Kabinetts, soweit nicht schon Schäden vorhanden waren oder Feuchtigkeit eindrang, eine
ausgezeichnete frische Erhaltung der stets in Mappen verschlossenen Blätter.
Freilich ist ein systematischer Ausbau einzelner Sammelgebiete, die erst im XIX. Jahrhundert mit Eifer gepflegt
wurden, wie der Inkunabeln des Holzschnittes usw., durch den frühen Tod des Herzogs verhindert worden; immerhin
sind auch auf diesem Gebiet eine Anzahl guter Einzelblätter vorhanden.
Neben der Kupferstichsammlung findet sich eine Sammlung von Handzeichnungen vor, die Jahre hindurch mit
Sorgfalt vermehrt, nach dem Tode des Herzogs fast ganz in Vergessenheit kam und bis vor kurzer Zeit ungeordnet
geblieben ist. Dieses Sammelgebiet — es sind etwa 10.000 Blatt vorhanden — ist wohl erst in den letzten Lebens-
jahren, als sich der Blick des Herzogs Franz immer mehr verfeinerte, systematisch ausgebaut worden. Auch hier
1 Jahrbuch d. preuli. Kunstsamml. XVIII, S. 73, XXX. S. 22U. Studien zur deutschen Kunstgeschichte (Heitz), Heft 33. 134. 135.
- Zeichnungen von Albrecht Dürer. VII, Nr. 155.
3 Catalogue of Dutch and German woodeuts, Band I und I]
* Röttinger in seinen Forschungen über die Breus und H. Weiditz im Jahrbuch d. Kunstsamml. dos Allerhöchsten Kaiserhauses XXVIII. 31 fi.
und in den ...Mitteilungen der Gesellschalt f. vervielfält. Kunst«, 1909, S. 1 ff. u. 1911. S. -1« ff.
5 Die Koburger Sammlung könnte wertvolle Beiträge zum Studium alter Sammlerzeichen liefern; zahlreiche Blattei tragen die Unterschrift des
Pariser Kupferstichhändlers P. Mariette und andere alte Liebhaberstempel.