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Federskizzen von Veit Stoß.
Die hier mitgeteilten Entwürfe aus dem Budapester Museum (Abb. 1 und 2) können als zeichnerische Leistungen
nicht in Betracht kommen. Sie sind nichts weiter als flüchtige Aufzeichnungen zweier Entwicklungsstadien einer
Komposition der heiligen Anna selbdritt. Das ihnen bis jetzt gezollte Interesse (sie wurden nämlich in Meders Albertina-
Publikation unter Nr. 1131 veröffentlicht) verdanken sie einer merkwürdigen Affinität mit Dürers Jugendzeichnungen,
beziehungsweise
der Schongauer-
Schule, der sie als
letzte Ausläufer an-
zugehören schei-
nen. W. v. Seidlitz,
der die Blätter im
Jahrbuch der Preu-
ßischen Kunst-
sammlungen (Bd.
28, S, 19) gleichfalls
bespricht, schreibt
sie einem unbe-
kannten Doppel-
gänger Dürers zu.
Sie sind sehr ma-
nieriert und lassen
beim ersten Blick
auf einen Meister
schließen, der trotz
seiner Schongaue-
nschen Schulung
eine stark ausge-
prägte eigene For-
mensprachebesitzt.
Daß dem tatsächlich so
ist, glaube ich im folgen-
den beweisen zu können.
Ich kann nämlich nicht
umhin zu behaupten, daß
diese anspruchslosen,
aber eigenartigen Zeich-
nungen von keinem ge-
ringeren als Veit Stoß ge-
schaffen sind.
Es war die Ver-
wandtschaft mit einigen
Stoß'schen Kupferstichen,
die mir an diesen Zeich-
nungen zuerst auffiel und
mich zur Weiterforschung
verlockte. Das Resultat
übertraf meine Erwar-
Abb. 1. Veit Stoß, Die heilige Anna selbdritt.
Federzeichnung im Museum der schönen Künste zu Budapest.
Abb. 2. Veit Stoß, Die heilige Anna selbdritt.
Federzeichnung im Museum der schönen Künste zu Budapest.
bevorstehenden Abreise Paners erhalten, weil er an Tuchers Zuverlässigkeit, den er einen
nicht glaubt.
Der Text des fragmentarischen Konzeptes lautet wie folgt:
»ich bin ainer czewgnwss notdurftyg czu. . .
wass darwon der der erber virsich(t)ig her sebolt tuocher gen[anter
1 Hierauf folgt durchstrichen: »wyssen«.
tungen. Ich fand
nämlich außerüber-
zeugenden Analo-
gien mit der For-
mengebung auch
schriftliche Doku-
mente, die wohl die
letzten Zweifel an
Stoß' Urheberschaft
zu beheben geeig-
net sind.
Die Rücksei-
ten det-Blätter(Abb.
3) enthalten näm-
lich zusammenge-
hörende, und zwar
sich unmittelbarer-
gänzende Zeilen
eines Konzeptes,
woraus so viel zu
entnehmen ist, daß
sich der Schreiber
dieser Zeilen mit
der Bitte an den
Rat der Stadt Nürn-
berg wendet, Sebald Tu-
cher, Mitglied des großen
Rates, zur Zeugenschaft
in einer Sache zu verhal-
ten, wovon dieser gut
unterrichtet ist und wor-
über er sich auch öffent-
lich schon zu wiederhol-
ten Malen geäußert hat.
Der Schreiber wünscht
anscheinend Tuchers
Zeugenschaft, um da-
durch den Stand eines
Handels, den er mit Jakob
Paner vor sieben Jahren
gehabt hat,beleuchten zu
können, und er möchte
dieses Zeugnis vor der
schwachen Herrn« nennt,
Federskizzen von Veit Stoß.
Die hier mitgeteilten Entwürfe aus dem Budapester Museum (Abb. 1 und 2) können als zeichnerische Leistungen
nicht in Betracht kommen. Sie sind nichts weiter als flüchtige Aufzeichnungen zweier Entwicklungsstadien einer
Komposition der heiligen Anna selbdritt. Das ihnen bis jetzt gezollte Interesse (sie wurden nämlich in Meders Albertina-
Publikation unter Nr. 1131 veröffentlicht) verdanken sie einer merkwürdigen Affinität mit Dürers Jugendzeichnungen,
beziehungsweise
der Schongauer-
Schule, der sie als
letzte Ausläufer an-
zugehören schei-
nen. W. v. Seidlitz,
der die Blätter im
Jahrbuch der Preu-
ßischen Kunst-
sammlungen (Bd.
28, S, 19) gleichfalls
bespricht, schreibt
sie einem unbe-
kannten Doppel-
gänger Dürers zu.
Sie sind sehr ma-
nieriert und lassen
beim ersten Blick
auf einen Meister
schließen, der trotz
seiner Schongaue-
nschen Schulung
eine stark ausge-
prägte eigene For-
mensprachebesitzt.
Daß dem tatsächlich so
ist, glaube ich im folgen-
den beweisen zu können.
Ich kann nämlich nicht
umhin zu behaupten, daß
diese anspruchslosen,
aber eigenartigen Zeich-
nungen von keinem ge-
ringeren als Veit Stoß ge-
schaffen sind.
Es war die Ver-
wandtschaft mit einigen
Stoß'schen Kupferstichen,
die mir an diesen Zeich-
nungen zuerst auffiel und
mich zur Weiterforschung
verlockte. Das Resultat
übertraf meine Erwar-
Abb. 1. Veit Stoß, Die heilige Anna selbdritt.
Federzeichnung im Museum der schönen Künste zu Budapest.
Abb. 2. Veit Stoß, Die heilige Anna selbdritt.
Federzeichnung im Museum der schönen Künste zu Budapest.
bevorstehenden Abreise Paners erhalten, weil er an Tuchers Zuverlässigkeit, den er einen
nicht glaubt.
Der Text des fragmentarischen Konzeptes lautet wie folgt:
»ich bin ainer czewgnwss notdurftyg czu. . .
wass darwon der der erber virsich(t)ig her sebolt tuocher gen[anter
1 Hierauf folgt durchstrichen: »wyssen«.
tungen. Ich fand
nämlich außerüber-
zeugenden Analo-
gien mit der For-
mengebung auch
schriftliche Doku-
mente, die wohl die
letzten Zweifel an
Stoß' Urheberschaft
zu beheben geeig-
net sind.
Die Rücksei-
ten det-Blätter(Abb.
3) enthalten näm-
lich zusammenge-
hörende, und zwar
sich unmittelbarer-
gänzende Zeilen
eines Konzeptes,
woraus so viel zu
entnehmen ist, daß
sich der Schreiber
dieser Zeilen mit
der Bitte an den
Rat der Stadt Nürn-
berg wendet, Sebald Tu-
cher, Mitglied des großen
Rates, zur Zeugenschaft
in einer Sache zu verhal-
ten, wovon dieser gut
unterrichtet ist und wor-
über er sich auch öffent-
lich schon zu wiederhol-
ten Malen geäußert hat.
Der Schreiber wünscht
anscheinend Tuchers
Zeugenschaft, um da-
durch den Stand eines
Handels, den er mit Jakob
Paner vor sieben Jahren
gehabt hat,beleuchten zu
können, und er möchte
dieses Zeugnis vor der
schwachen Herrn« nennt,