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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3753#0038
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i Salviati, Bekehrung Paul

I resko in dei Kapell

lleria 7.u Ki>ni

Die erwähnten Abweichungen des Stiches von dem Gemälde enthalten übrigens eine Art Kritik des Stechers
an seinem Vorbilde. Die Weglassung des knienden Mannes vorn kann man mit dem Wunsche, Platz für die Widmung
des Blattes zu gewinnen, notdürftig erklären, der niedergesunkene Krieger auf der andern Bildhallte mußte dann des
Gleichgewichtes wegen ebenfalls wegfallen; aber daß der Stecher auch im Mittelgründe vier Figuren fortläßt, bedeutet
ohne Zweifel, daß er sie als Last in der allzu gefüllten und mit Bewegung übersättigten Komposition empfand. In der
Tat wird die Szene durch die Abweichungen des Stechers keineswegs ärmer, sondern der Bewegungsrhythmus tritt
klarer, wirkungsvoller hervor; vor allem gewinnt die Hauptfigur durch die Entlastung der Nebenfiguren und die klarere
Führung der Kontur in den seitlichen Gruppen.

Zur Würdigung der Komposition ist es von Interesse, sie auch mit der Darstellung des gleichen Gegenstandes zu
vergleichen, die der Künstler drei bis vier Jahre später in den Fresken der Kapelle in der Cancelleria gegeben hat (Abb. 5).
Die Komposition ist in ihren Grundzügen die gleiche geblieben: die Anlage in einem gestreckten Format; die zentrale
Anordnung des gestürzten Paulus und Gottvaters und die ungefähre Disposition der Rosse und Reiter. ("Auch einzelne
Motive, wie die diagonal ausgestreckten Arme des bartigen behelmten Kriegers rechts von Paulus, kehren in der
Jünglingsfigur ganz links auf dem Fresko wieder.) Dagegen hat gegenüber dem Stiche eine gewisse Klärung statt-
gefunden, die Zahl der Figuren ist geringer geworden, die Bewegungen sind gemäßigter und dem Vorgange zwangloser
angepaßt. In den Einzelheiten allerdings besitzt der Stich seine entschiedenen Vorzuge: so hat die Pose des links \orn
aufbäumenden Rosses mitsamt dem Kontrapost seines Reiters eine Wucht, die unmittelbar an die großen Reiter-
standbilder des XVII. Jahrhunderts, etwa an den Konstantin Berninis an der Scala Regia erinnert und überhaupt ist der
Aufbau der Reitergruppe zur Linken von einem mächtigen einheitlichen Schwünge erfüllt.

Für den Nachweis weiterer Stiche nach Entwürfen Salviatis liefert uns die zweite Stelle bei Vasari einen nur
dürftigen Anhalt. Als der Künstler 1540 kurz in Bologna weilte, ließ er dem bolognesischen Stecher Girolamo Fagiuoli
»alcuni disegni molto begli. perche gl'intagliasse in rame e gli facesse stampare«. Der Name des Fagiuoli, der bei
Vasari noch an zwei andern Stellen erwähnt wird, ist in der italienischen Graphik nicht weiter bekannt; nach dem
Wortlaut der einen Stelle (in der Vita des Niccolö Soggi') scheint es, als sei er für Antonio Salamanca und andere der
römischen Kupferstichverleger tätig gewesen: mithin werden wir seine Arbeiten unter den Anonymen zu vermuten
haben, deren Werke durch die Flagge der Salamanca, Lafreri usw. gedeckt wurden.

Da eine eingehende Nachforschung an der Hand dieser Angaben vorläufig nicht möglich ist, so muß die Stil-
kritik zur Grundlage für die folgenden Untersuchungen genommen werden. Wir bleiben bei dem (Euvre des Enea Vico,
dessen Serie der Lastern und Tugenden (B. 50—91) fälschlich auf Francesco Salviati zurückgeführt \\ urde, während sie
gleich den verwandten Blättern mit antiken Philosophen (B. 92-99) nach Holzschnitten von Giuseppe Porta, genannt
Salviati, kopiert ist. (Aus den bei Fr. Marcolini verlegten .Ingeniöse Sorti« von 1540.)- Dagegen halteich in der Tat die

i Vasari ed Milanesi VI, 27.

-' Vgl. Kristeller, Marco Dente und dei Monogrammist S. K , im Jahrbuch de

Königlich preußischen Kunstsammlungen XI, s 2 i i
 
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