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und Andern vor allem A. Crauk und Coppier. Crauk
hat Memlings Anbetung der Weisen meisterhaft wieder-
gegeben, Coppier, der nur mit Waltner vergleichliche
Virtuose, die Gioconda, und zwar in der Größe des
Originalbildes. Coppiers Blatt läßt die besten Photo-
graphien in jeder Beziehung weit hinter sich. Dient der
Grabstichel vor allem der Vervielfältigung, so ist die
Radierung in ihrem Element, wenn sie improvisiert, wenn
sie auf der Kupfer- oder Zinkplatte die Eindrücke eines
Augenblicks in seiner ganzen Frische und Freiheit fest-
hält. Wir wissen freilich, daß in den meisten Fällen der
Künstler nicht unmittelbar auf seine Platte zeichnet, son-
dern nur eine Zeichnung darauf kopiert, aber er hat doch
diese Zeichnung schon im Hinblick auf die Radierung
ausgeführt und dabei schon alle Wirkungen angedeutet,
die er von der Säure verlangt. Die originale Radierung
ist also unbestrittene Herrin und hat die Oberhand ge-
wonnen über die reproduzierende Radierung, trotz solcher
Meisterwerke, wie es einst die Blätter Bracquemonds
nach Gustav Moreau, Delacroix oder Holbein waren:
Ausnahmen, welche die Regel bestätigen. Gewiß sind
auch diesmal unter andern die Blätter Coppiers nach
Corot und Ch. Bourgeats nach Daumier sehr tüchtige
Arbeiten, aber man muß sich fragen, worin sie sich denn
von den gegenüber hängenden Stichen unterscheiden und
umgekehrt. Die Technik ist fast die gleiche, bei den
sogenannten Linienstichen etwas mehr Arbeit mit dem
Grabstichel, bei den sogenannten Radierungen etwas
mehr Atzung. Das ist alles. Was Wunder also, wenn
auch die so erzielten Wirkungen einander ähneln. Doch,
wie gesagt, die reproduzierende Radierung hat die Ober-
hand. Und das ist eine junge Errungenschaft. Der Salon
des Artistes francais war bis vor kurzem die Zufluchts-
stätte der reproduzierenden Graphik jeder Technik. Nun
ist er ganz zum Feind übergegangen und die Maler-
Radierer herrschen fast unbeschränkt. Wie könnte dies
auch anders sein, wenn zum Beispiel ein Künstler wie
Camille Fonce, der früher alle Palmen mit Reproduk-
tionen davongetragen hat, nun nur mehr als Original-
radierer tätig ist? (Freilich hat er dabei sich noch nicht
frei gemacht von der Technik der reproduzierenden
Radierung). Aus der Fülle der Namen seien hervor-
gehoben Henry Cheffer, den wir auch bei den repro-
duzierenden Stechern getroffen haben, Emile Humblot,
Brunet-Debaisne, Dulnard, Borrel, Trowbridge
Axel Haig, Frank Milton Armington und Frau
C. Armington, Frau Jouvet-Magron, Frl. J. Si-
monnet, Pierre Fritel, Pinet und Andere. Zum Schlüsse
muß noch ein Wort über die farbigen Arbeiten, die im
allgemeinen nicht sehr erfreulich sind, gesagt werden. Zu
den erwähnenswerten Ausnahmen gehören von Trin-
quier ein Bildnis Voltaires, radiert über einer lithogra-
phischen Vorzeichnung (so wie man im XVIII. Jahrhundert
gern den Holzschnitt mit der Radierung verband), Cop-
piers Bildnis seines Vaters, von drei Platten gedruckt,
die frischen Blätter von Julian Damazy und »LeTrottin«
von Gustave Fraipont. — II. La Societe Nationale.
Hier ist, im Vergleich zu den früheren Ausstellungen, vor
allem eine bedeutende Abnahme in der Zahl der farbigen
Blätter festzustellen. Es scheint, daß diese Mode, die so
viel Verwirrung und Unheil gestiftet hat, schon vorüber
ist. Das Übermaß war in Wahrheit schon unerträglich
geworden. Wenn einmal nur mehr die wirklich dazu
Berufenen sich der farbigen Graphik widmen werden —
für heuer nennen wir Hopkins, Latenay, Malo-
Renault, Lefort des Ylouses —, dann wird die farbige
Graphik keine Feinde mehr haben, sondern nur noch
Freunde. In der guten, ehrlichen Schwarz - Weißkunst
treffen wir ausgezeichnete Arbeiten und ausgezeichnete
Künstler. So gleich die Radierungen von Lepere, Friant,
Rene Binet, Jacques Beurdeley, Beaufrere, Le-
heutre, Jeanniot, Henri Riviere und Eugene Bejot
und die Holzschnitte von Jules Germain, Jacques
Beltrand, Laboureur, Lespinasse und Fr. Florian.
Die Graphik als Buchillustration ist sehr reichlich ver-
treten. So bringen P. E. Colin, der übrigens auch einige
Radierungen ausgestellt hat, Holzschnitte für die Aus-
gaben des Verlegers Pelletan, Dauchez siebenundsiebzig
Radierungen zu Souvestres Foyer breton, einem Vor-
wurf, der ihm besonders gut liegt, Charles Heyman
die Radierungen zu dem Werk Coups d'oeil sur Paris,
das bei Hessele erschienen ist, Pierre Gusman endlich
Holzschnitte und Radierungen (über einer Vorzeichnung
in Holzschnitt) zu Chateaubriands Erinnerungen an Com-
bourg und Rene für den Verleger Conard. Hier seien
auch noch angereiht die entzückenden Kompositionen
Leandres zu Balzacs Facino Cane, die Decisy leider
recht unangenehm vervielfältigt hat. Zum Schlüsse seien
noch in bunter Reihe angeführt die lebensvollen Trocken-
stiftarbeiten Louis Legrands, die Radierungen Le
Meilleurs und Vialas, dann die Chahines, der sich
wieder verjüngt, Acheners italienische Ansichten in der
Art Whistlers, ein mit gewohnter Meisterschaft ausge-
führtes Blatt Waltners nach Reinbrandt, die »Gypso-
graphien« Pierre Roches und endlich die fünfzehn
Radierungen Marcel Beltrands, eine Trauerfeier für
den so jung verstorbenen poesievollen Künstler.
Clement-Janin.
Nekrologe.
Alphonse Vivant Legros, geb. am S.Mai 1837 zu
Dijon, gest. am 8. Dezember 1011 zu Watford. — Elfjährig
zu einem Zimmermaler in Lyon in die Lehre gegeben,
fand er im Jahre 1851 seinen Weg nach Paris, studierte
da unter Cambon, Belloc und Lecoq de Boisbaudran und
stellte zwischen den Jahren 1S57 und 1863 mehrere
und Andern vor allem A. Crauk und Coppier. Crauk
hat Memlings Anbetung der Weisen meisterhaft wieder-
gegeben, Coppier, der nur mit Waltner vergleichliche
Virtuose, die Gioconda, und zwar in der Größe des
Originalbildes. Coppiers Blatt läßt die besten Photo-
graphien in jeder Beziehung weit hinter sich. Dient der
Grabstichel vor allem der Vervielfältigung, so ist die
Radierung in ihrem Element, wenn sie improvisiert, wenn
sie auf der Kupfer- oder Zinkplatte die Eindrücke eines
Augenblicks in seiner ganzen Frische und Freiheit fest-
hält. Wir wissen freilich, daß in den meisten Fällen der
Künstler nicht unmittelbar auf seine Platte zeichnet, son-
dern nur eine Zeichnung darauf kopiert, aber er hat doch
diese Zeichnung schon im Hinblick auf die Radierung
ausgeführt und dabei schon alle Wirkungen angedeutet,
die er von der Säure verlangt. Die originale Radierung
ist also unbestrittene Herrin und hat die Oberhand ge-
wonnen über die reproduzierende Radierung, trotz solcher
Meisterwerke, wie es einst die Blätter Bracquemonds
nach Gustav Moreau, Delacroix oder Holbein waren:
Ausnahmen, welche die Regel bestätigen. Gewiß sind
auch diesmal unter andern die Blätter Coppiers nach
Corot und Ch. Bourgeats nach Daumier sehr tüchtige
Arbeiten, aber man muß sich fragen, worin sie sich denn
von den gegenüber hängenden Stichen unterscheiden und
umgekehrt. Die Technik ist fast die gleiche, bei den
sogenannten Linienstichen etwas mehr Arbeit mit dem
Grabstichel, bei den sogenannten Radierungen etwas
mehr Atzung. Das ist alles. Was Wunder also, wenn
auch die so erzielten Wirkungen einander ähneln. Doch,
wie gesagt, die reproduzierende Radierung hat die Ober-
hand. Und das ist eine junge Errungenschaft. Der Salon
des Artistes francais war bis vor kurzem die Zufluchts-
stätte der reproduzierenden Graphik jeder Technik. Nun
ist er ganz zum Feind übergegangen und die Maler-
Radierer herrschen fast unbeschränkt. Wie könnte dies
auch anders sein, wenn zum Beispiel ein Künstler wie
Camille Fonce, der früher alle Palmen mit Reproduk-
tionen davongetragen hat, nun nur mehr als Original-
radierer tätig ist? (Freilich hat er dabei sich noch nicht
frei gemacht von der Technik der reproduzierenden
Radierung). Aus der Fülle der Namen seien hervor-
gehoben Henry Cheffer, den wir auch bei den repro-
duzierenden Stechern getroffen haben, Emile Humblot,
Brunet-Debaisne, Dulnard, Borrel, Trowbridge
Axel Haig, Frank Milton Armington und Frau
C. Armington, Frau Jouvet-Magron, Frl. J. Si-
monnet, Pierre Fritel, Pinet und Andere. Zum Schlüsse
muß noch ein Wort über die farbigen Arbeiten, die im
allgemeinen nicht sehr erfreulich sind, gesagt werden. Zu
den erwähnenswerten Ausnahmen gehören von Trin-
quier ein Bildnis Voltaires, radiert über einer lithogra-
phischen Vorzeichnung (so wie man im XVIII. Jahrhundert
gern den Holzschnitt mit der Radierung verband), Cop-
piers Bildnis seines Vaters, von drei Platten gedruckt,
die frischen Blätter von Julian Damazy und »LeTrottin«
von Gustave Fraipont. — II. La Societe Nationale.
Hier ist, im Vergleich zu den früheren Ausstellungen, vor
allem eine bedeutende Abnahme in der Zahl der farbigen
Blätter festzustellen. Es scheint, daß diese Mode, die so
viel Verwirrung und Unheil gestiftet hat, schon vorüber
ist. Das Übermaß war in Wahrheit schon unerträglich
geworden. Wenn einmal nur mehr die wirklich dazu
Berufenen sich der farbigen Graphik widmen werden —
für heuer nennen wir Hopkins, Latenay, Malo-
Renault, Lefort des Ylouses —, dann wird die farbige
Graphik keine Feinde mehr haben, sondern nur noch
Freunde. In der guten, ehrlichen Schwarz - Weißkunst
treffen wir ausgezeichnete Arbeiten und ausgezeichnete
Künstler. So gleich die Radierungen von Lepere, Friant,
Rene Binet, Jacques Beurdeley, Beaufrere, Le-
heutre, Jeanniot, Henri Riviere und Eugene Bejot
und die Holzschnitte von Jules Germain, Jacques
Beltrand, Laboureur, Lespinasse und Fr. Florian.
Die Graphik als Buchillustration ist sehr reichlich ver-
treten. So bringen P. E. Colin, der übrigens auch einige
Radierungen ausgestellt hat, Holzschnitte für die Aus-
gaben des Verlegers Pelletan, Dauchez siebenundsiebzig
Radierungen zu Souvestres Foyer breton, einem Vor-
wurf, der ihm besonders gut liegt, Charles Heyman
die Radierungen zu dem Werk Coups d'oeil sur Paris,
das bei Hessele erschienen ist, Pierre Gusman endlich
Holzschnitte und Radierungen (über einer Vorzeichnung
in Holzschnitt) zu Chateaubriands Erinnerungen an Com-
bourg und Rene für den Verleger Conard. Hier seien
auch noch angereiht die entzückenden Kompositionen
Leandres zu Balzacs Facino Cane, die Decisy leider
recht unangenehm vervielfältigt hat. Zum Schlüsse seien
noch in bunter Reihe angeführt die lebensvollen Trocken-
stiftarbeiten Louis Legrands, die Radierungen Le
Meilleurs und Vialas, dann die Chahines, der sich
wieder verjüngt, Acheners italienische Ansichten in der
Art Whistlers, ein mit gewohnter Meisterschaft ausge-
führtes Blatt Waltners nach Reinbrandt, die »Gypso-
graphien« Pierre Roches und endlich die fünfzehn
Radierungen Marcel Beltrands, eine Trauerfeier für
den so jung verstorbenen poesievollen Künstler.
Clement-Janin.
Nekrologe.
Alphonse Vivant Legros, geb. am S.Mai 1837 zu
Dijon, gest. am 8. Dezember 1011 zu Watford. — Elfjährig
zu einem Zimmermaler in Lyon in die Lehre gegeben,
fand er im Jahre 1851 seinen Weg nach Paris, studierte
da unter Cambon, Belloc und Lecoq de Boisbaudran und
stellte zwischen den Jahren 1S57 und 1863 mehrere