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nicht mehr in die hier behandelte Epoche, die technisch
glänzende »Hochzeit zu Cana«, die Hendrik Goltzius unter
Mitarbeit von J. Matham nach dem bereits erwähnten
Wandbild in S. Salvatore in Lauro geschaffen hat (B. 268),
und der von Ph.Tomassin herrührende, 1615 datierte Stich
der Taufe Christi«, die aber trotz der Inschrift vielleicht
nicht auf Fr. Salviati zurückgeht. Die »Hochzeit zu Cana«
ist das weitaus bedeutendere dieser beiden Blätter und
kann mit dem Meisterwerk des Enea Yico von 1545 zu-
sammen wohl als die bemerkenswerteste graphische
Umsetzung einer Komposition Salviatis gelten, mag auch
die von Matham ausgeführte rechte Hälfte der linken
Seite nicht gleichwertig sein.
Bei den verschiedenen Einflüssen, die sich in Salviati
treffen, ist es begreiflich, daß man über die Zugehörigkeit
mancher Kompositionen zu seinem (Euvre im Zweifel
bleiben oder ihm Werke verwandter Künstler fälschlich
zuweisen konnte. Verwechslungen mit Perino del Vaga,
Bandinelli und Giuseppe Salviati sind in den vorstehenden
Ausführungen mehrfach erwähnt worden; am unsichersten
aber ist die Grenze gegen Vasari als den engen Freund
und Altersgenossen Salviatis und gegen Parmigianino, in
dessen Nachahmung er manchmal sehr stark befangen
gewesen ist. Einen Anstoß zur Klärung der Beziehungen
zu Vasari habe ich für das Gebiet der Malerei an anderer
Stelle zu geben gesucht1 und will daran einige die Graphik
betreffenden Bemerkungen schließen. Die Anregungen, die
Vasari der gleichzeitigen Graphik vermittelt hat, scheinen
im Vergleich zu dem weitreichenden Einfluß seiner
Bilder außerordentlich gering gewesen zu sein. Ein Blatt, das nach der Inschrift (Georg. Arretinus inv.) und dem Stil
auf ihn zurückgeführt werden muß, ist der übrigens recht mittelmäßige Stich B. 40 von Enea Vico, der zwei Pilger
darstellt, von denen der eine dem andern eine Schale darreicht. Das Blatt ist von 1542 datiert und spiegelt in der
Stadtvedute des Hintergrundes unverkennbar die Eindrücke der oberitalienischen Städte mit ihren Kuppelkirchen
und den schlanken Campanili wieder, die Vasari auf seiner Reise von 1541 nach Venedig eben erst kennen gelernt
hatte.
Schloß bei diesem stilistisch an Salviati vernehmlich anklingenden Stiche die Inschrift eine falsche Zuweisung
aus, so konnten über den großen und technisch meisterhaften Stich Vicos mit der Pietä (B. 9) (Abb. 8) um so leichter
Meinungsverschiedenheiten entstehen. Eine genauere stilistische Prüfung überzeugt trotzdem, daß die Zuschreibung
der Vorlage an Salviati fallen zu lassen und dafür (mit Bartsch) der Name Vasaris einzusetzen ist; man sehe nur das
charakteristisch vasareske Profil des Greises vorn links, die verräterische, eigentümlich gebrochene Augenbrauenlinie,
die auf allen Gesichtern bei Vasari wiederkehrt, die plumpen, verdrehten Stellungen, die knitterigen und harten
Gewandmotive und die unrhythmische, überhäufte Komposition im ganzen. Unsere Meinung bestätigt sich bei einem
Vergleiche mit der 1548 von Vasari gemalten Pietä in Ravenna (Abb. 7), denn die Ähnlichkeit der Anlage und zahlreicher
Details läßt über den engen Zusammenhang beider Darstellungen keinen Zweifel, mögen sie auch in keinem einzigen
Punkte völlig übereinstimmen. Am stärksten verwandt sind wohl die Gestalten der Maria, der die Hände ringenden
Frau, des linken Schachers, des stehenden Greises ganz rechts (auf dem Stiche völlig der Typus von Michelangelos
Zacharias in der Sixtina) und die drei Männerköpfe dahinter (nahe dem rechten Rande), zumal der sich mit leichter
Drehung zum Beschauer hinauswendende.
Wahrscheinlich gibt das Blatt Vicos eine erste, noch unreife Fassung der Idee des Gemäldes in Ravenna, denn
auf diesem erscheint die Komposition abgewogener und befriedigender, besonders ist die monotone Symmetrie der
Vordergrundgruppe des Stiches glücklich überwunden und durch einen lebendigeren Rhythmus abgelöst, auch der
obere Abschluß des Bildes ist besser gelungen. Vasari war auf diese Pietä außerordentlich stolz und hat sie in seinen
Yiten nicht weniger als viermal erwähnt; trotzdem ist das Ganze nur eine bereicherte Variante des von Bronzino 1545
Salviati, Detail von einem der Camillus-Fi
Palazzo vecchio zu Florenz.
i II Voss Italienische Gemälde des XVI. und XVII. Jahrhunderts in der Galerie des kunsthistorischen Hofmuseums zu Wien, in der
schrill für bildende Kunst, N. F. XXIII, S. 44.
nicht mehr in die hier behandelte Epoche, die technisch
glänzende »Hochzeit zu Cana«, die Hendrik Goltzius unter
Mitarbeit von J. Matham nach dem bereits erwähnten
Wandbild in S. Salvatore in Lauro geschaffen hat (B. 268),
und der von Ph.Tomassin herrührende, 1615 datierte Stich
der Taufe Christi«, die aber trotz der Inschrift vielleicht
nicht auf Fr. Salviati zurückgeht. Die »Hochzeit zu Cana«
ist das weitaus bedeutendere dieser beiden Blätter und
kann mit dem Meisterwerk des Enea Yico von 1545 zu-
sammen wohl als die bemerkenswerteste graphische
Umsetzung einer Komposition Salviatis gelten, mag auch
die von Matham ausgeführte rechte Hälfte der linken
Seite nicht gleichwertig sein.
Bei den verschiedenen Einflüssen, die sich in Salviati
treffen, ist es begreiflich, daß man über die Zugehörigkeit
mancher Kompositionen zu seinem (Euvre im Zweifel
bleiben oder ihm Werke verwandter Künstler fälschlich
zuweisen konnte. Verwechslungen mit Perino del Vaga,
Bandinelli und Giuseppe Salviati sind in den vorstehenden
Ausführungen mehrfach erwähnt worden; am unsichersten
aber ist die Grenze gegen Vasari als den engen Freund
und Altersgenossen Salviatis und gegen Parmigianino, in
dessen Nachahmung er manchmal sehr stark befangen
gewesen ist. Einen Anstoß zur Klärung der Beziehungen
zu Vasari habe ich für das Gebiet der Malerei an anderer
Stelle zu geben gesucht1 und will daran einige die Graphik
betreffenden Bemerkungen schließen. Die Anregungen, die
Vasari der gleichzeitigen Graphik vermittelt hat, scheinen
im Vergleich zu dem weitreichenden Einfluß seiner
Bilder außerordentlich gering gewesen zu sein. Ein Blatt, das nach der Inschrift (Georg. Arretinus inv.) und dem Stil
auf ihn zurückgeführt werden muß, ist der übrigens recht mittelmäßige Stich B. 40 von Enea Vico, der zwei Pilger
darstellt, von denen der eine dem andern eine Schale darreicht. Das Blatt ist von 1542 datiert und spiegelt in der
Stadtvedute des Hintergrundes unverkennbar die Eindrücke der oberitalienischen Städte mit ihren Kuppelkirchen
und den schlanken Campanili wieder, die Vasari auf seiner Reise von 1541 nach Venedig eben erst kennen gelernt
hatte.
Schloß bei diesem stilistisch an Salviati vernehmlich anklingenden Stiche die Inschrift eine falsche Zuweisung
aus, so konnten über den großen und technisch meisterhaften Stich Vicos mit der Pietä (B. 9) (Abb. 8) um so leichter
Meinungsverschiedenheiten entstehen. Eine genauere stilistische Prüfung überzeugt trotzdem, daß die Zuschreibung
der Vorlage an Salviati fallen zu lassen und dafür (mit Bartsch) der Name Vasaris einzusetzen ist; man sehe nur das
charakteristisch vasareske Profil des Greises vorn links, die verräterische, eigentümlich gebrochene Augenbrauenlinie,
die auf allen Gesichtern bei Vasari wiederkehrt, die plumpen, verdrehten Stellungen, die knitterigen und harten
Gewandmotive und die unrhythmische, überhäufte Komposition im ganzen. Unsere Meinung bestätigt sich bei einem
Vergleiche mit der 1548 von Vasari gemalten Pietä in Ravenna (Abb. 7), denn die Ähnlichkeit der Anlage und zahlreicher
Details läßt über den engen Zusammenhang beider Darstellungen keinen Zweifel, mögen sie auch in keinem einzigen
Punkte völlig übereinstimmen. Am stärksten verwandt sind wohl die Gestalten der Maria, der die Hände ringenden
Frau, des linken Schachers, des stehenden Greises ganz rechts (auf dem Stiche völlig der Typus von Michelangelos
Zacharias in der Sixtina) und die drei Männerköpfe dahinter (nahe dem rechten Rande), zumal der sich mit leichter
Drehung zum Beschauer hinauswendende.
Wahrscheinlich gibt das Blatt Vicos eine erste, noch unreife Fassung der Idee des Gemäldes in Ravenna, denn
auf diesem erscheint die Komposition abgewogener und befriedigender, besonders ist die monotone Symmetrie der
Vordergrundgruppe des Stiches glücklich überwunden und durch einen lebendigeren Rhythmus abgelöst, auch der
obere Abschluß des Bildes ist besser gelungen. Vasari war auf diese Pietä außerordentlich stolz und hat sie in seinen
Yiten nicht weniger als viermal erwähnt; trotzdem ist das Ganze nur eine bereicherte Variante des von Bronzino 1545
Salviati, Detail von einem der Camillus-Fi
Palazzo vecchio zu Florenz.
i II Voss Italienische Gemälde des XVI. und XVII. Jahrhunderts in der Galerie des kunsthistorischen Hofmuseums zu Wien, in der
schrill für bildende Kunst, N. F. XXIII, S. 44.