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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3753#0070
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Abb. 10. Konrad Martin Metz, Die heilige Familif
Aquatintablatt nach Giorgio Vasari.

besteht darin, daß die Frische der ersten Skizze noch ganz
unbeeinträchtigt durch geistlos handwerkliche Durch-
führung zu uns spricht.

Die gewaltige Distanz der oberflächlichen Routine
Vasaris und der feinfühligen, von sicherem Schönheits-
empfinden geleiteten Eklektik seines Freundes wird uns
deutlich, wenn wir gegen diese Darstellungen der heiligen
Familie die Behandlung des gleichen Gegenstandes durch
Salviati halten. Zweimal muß er das Thema während seines
Florentiner Aufenthaltes in den vieiziger Jahren behandelt
haben: einmal für Cristofano Rinieri und dann für Simone
Corsi (nach Angabe Vasaris). Vielleicht haben wir eines der
beiden Bilder wiederzuerkennen in einer Madonna mit dem
heiligen Josef und dem Johannesknaben, die aus dem Besitz
des Herrn P. Ducasble in Annemasse 1911 im Genfer Museum
leihweise ausgestellt war und traditionell als Werk Raffaels
galt i Abb. VI). DasMotiv ist der heiligen Familie von Vasari in
W:en besonders verwandt; aber welche Hoheit und Grazie
gegenüber den plumpen, fast gemeinen Formen der Ma-
donna des Aretiners; weicher Fluß und Wohlklang in dem
Verlauf der gliedernden Linien' Schon der erste Ein-
druck verrät, daß Salviati sich eng an Parmigianino ange-
schlossen hat; und zwar scheint es, daß er im besonderen
die berühmte Madonna della Rosa (heute in Dresden) sich

Mit diesem Stiche des Bonaventura Bisi haben nun
zwei dem Salviati und Primaticcio zugewiesene Zeichnun-
gen so nahe Beziehungen, daß man auch sie dem frucht-
baren Aretiner zuweisen muß. Die Primaticcio« genannte
heilige Familie lAhb. 10), die in Metz, Imitations of Draw-
ings« als Eigentum des R. Udney Esq. aufgeführl wird,
geht mit dem Blatte Bisis so gut zusammen, daß die Zu-
schreibung durch die beiden Abbildungen genügend ge-
stützt wird. Die in der Albertina dem Salviati zugewiesene
figurenreiche Komposition der heiligen Sippe (Sc. R. 570)
lAbb. 111 wird bei Wickhoff als unter dem Einflüsse des
Parmigianino stehend bezeichnet. In der gedrängten, eng-
räumigen Anlage \ ermag ich aber nichts von der Luftigkeit
Mazzolas zu finden; das Zusammenstopfen so lebhaft kon-
trastierender, dabei massiger Figuren verrät vielmehr den
Florentiner. Daß auch hier nur Vasari in Frage kommt,
bezeugt nahezu jede einzelne Figur, so die der Madonna
gegenübersitzende heilige Anna, die in Bewegungsmotiv und
Draperie der Maria des Stiches von Bisi außerordentlich
ähnelt, die sibyllenhaften Köpfe der älteren Frauen, in
denen übrigens der Einfluß des Rosso Fiorentino noch ver-
nehmlich nachklingt, und ebenso die Typen der Greise;
außerdem besitzt die Technik durchaus alle charakteristi-
schen Eigenschaften Vasaris. Es läßt sich freilich nicht
leugnen, daß diese geistreich erfundene und mit großer
Virtuosität niedergeschriebene heilige Sippe den gemalten
heiligen Familien wesentlich überlegen ist; die Erklärung

Mj fc/ftnüp

Abb. 9. Frater Bonaventura Bisi, Die heilige Familie.
Kupferstich nach I.....gio Vasari
 
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