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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3753#0072
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68 —

Abb. 12. Franc

Gemälde in Anne

eingestellt; keine Zentralität, sondern ein Ansetzen der Be-
wegung von links her (in den stark bewegten Körpern der
Hirten) und eine Beruhigung in der breit hingelagerten
Gestalt der Madonna auf der rechten Seite. Die Linien des
Hintergrundes begleiten diese Bewegungstendenz und festi-
gen das Ganze gegen den rechten Rand, wo eine unmittel-
bar hinter Maria aufstrebende Säule einen starken Ab-
schluß bildet. Komplizierter erscheint die Anlage einer im
I ouvre aufbewahrten Handzeichnung, wieder dringt die
Bewegung der heraneilenden Hirten von links vor, trifft aber
die breit hingelagerte Madonna bereits in der Mitte, wah-
rend einige skizzenhaft behandelte Figuren auf der rechten
Bildhälfte der Hirtengruppe das Gleichgewicht halten.

Das Prinzip der Zentralität verbindet die Louvre-
Zeichnung mit einem unbeschriebenen Stiche gleichen Ge-
genstandes, der meines Erachtens auf eine Vorlage des Par-
migianino zurückzuführen ist (Abb. 13); auch hier ist das
Reliefmäßige der Anlage gewahrt, aber statt des beinahe
friesartigen Breitformates ein freilich noch unentschiedenes
Hochformat gewählt, das durch die stehenden Figuren links
und rechts und die dahinter aufsteigenden Säulen stärkeren
Nachdruck erhält. Eine ahnliche Betonung der Vertikalen
findet man auf Blättern nach Parmigianino wie dem Sposa-
lizio (B. 1), daselbst auch die leidenschaftlichen Gesten, die
momentanen Bewegungen, die ausladenden Draperien und
die seitlich beruhigend abschließenden Profilköpfe. Die Art,
das Auge zu zeichnen (mit der starken Beschattung durch
die Brauen) kehrt auf der »Enthauptung der heiligen Petrus
und Paulus« (Caraglio B. S) wieder, desgleichen die Rücken-
ansicht des Hirten ganz links aut unserem Blatt in der Figur des Henkers. Auch die zerzausten Haare, die phan-
tastischen Kopfbedeckungen, die Tendenz, jede einzelne
Gestalt rehefmäßig zu konzipieren, demgemäß die Glieder
auseinanderzunehmen, auf der Fläche auszubreiten, findet
sich doit ganz ähnlich.

Es kann nicht übersehen weiden, wie starke An-
klänge an den Stil Salviatis dieseAnbetung des Kindes auf-
weist. Natürlich erklärt sich das nur daraus, daß Salviati
in verwandten Kompositionen des Parmenser Meisters
sein Vorbild erblickte — bis zu welchem Grade aber
Mazzola manchmal auf Sab iati vorbereitet, lehrt noch
schlagender ein Stich des Petrus aMerica mit dem gleichen
Gegenstande, dessen Vorlage meines Erachtens wieder eine
ZeichnungParmigianinos gewesen ist (Abb. 14). Die engen
Beziehungen mit dem anonymen Blatte fallen unmittelbar
in die Augen (die zusammengefaßte Figur der Maria, die
übrigens auch an Caraglio B. 4 erinnert, das Christkind,
Josef usw.), aber die Gruppierung und Kontrapostierung
der Gestalten ist für Parmigianino so ungewöhnlich ge-
schlossen und konzentriert, daß man fast an den plastisch
empfindenden Florentiner Salviati denken könnte. Trotz-
dem kommen wir auf Francesco Mazzola zurück; das
Studium der einzelnen Figuren, Typen und Bewegungs-
motive bietet allzu schlagende Analogien zu den zitierten
Stichen Caraglios, zum Beispiel in den beiden lebhaft

gestikulierenden jugendlichen Hirten in der Mute des Abb. 13. Unbekannter italienischer Stecher, Die Anbetung des Kindes.
Bildes i'cf. die beiden auf dem Stuhle sitzenden Leute Kupferstich nach Parmigianino.

-.co Salviati, Dk1 heilige Familie
masse bei Genf.
 
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