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gestochenen Bürgermeisterporträten und in den folgenden
drei Monaten zu Ehren des internationalen Verleger-
kongresses eine solche von gezeichneten und gestochenen
Titelblättern veranstaltet. Die dreihundertjährige Wieder-
kehr des Geburtstages (10. Dezember 1610) des Haarlemer
Künstlers Adriaen van Ostade bot willkommene Ge-
legenheit, in den Monaten September, Oktober und
November sein gesamtes Werk dem Publikum zugänglich
zu machen. Im Monat Dezember war dann eine Auswahl
aus den von der Berliner Firma Albert Frisch hergestellten
farbigen Faksimilereproduktionen alter Meister zu sehen.
J. Philip van der Kellen.
Ausstellungen.
Wien. Für den Freund der graphischen Künste war
das abgelaufene Ausstellungsjahr recht ergebnisreich:
man konnte ausländische Meister kennen lernen und sich
über den begabten Wiener Nachwuchs freuen.
Kit u stierhaus.
In der Herbstausstellung des Jahres 1911 fielen unter
den wenigen graphischen Arbeiten ein paar nicht ganz
üble Radierungen des Münchners Anton Samz und des
Wieners Louis Helfert auf. Von den graphischen Ar-
beiten der XXVI. Ausstellung des Aquarellisten-Clubs
seien die Radierungen Fritz Pontinis genannt; sie
zeigen nach längerer Zeit den Künstler, den in den letzten
Jahren der Pinsel der Radiernadel entfremdet hatte, wieder
als Graphiker und sind die letzten Blätter des auf so
tragische Weise aus dem Leben Geschiedenen. Auf der
XXXVII. Jahresausstellnng waren ein paar gute Radie-
rungen von auswärtigen Künstlern zu sehen: von den
beiden grundverschiedenen Dresdnern Richard Müller
und WalterZeising, dem Worps weder Hans am Ende
und der Pragerin Gödl-Brand huber. Unter den Arbeiten
der Wiener Graphiker sind die Luigi Kasimirs, Otto
Trauners und Oskar Stössels hervorzuheben. Dieser,
stetig wachsend, hatte ein gutes radiertes Porträt ausge-
stellt, vorzüglich war aber eine farbige Zeichnung von
ihm, darstellend eine sitzende junge Dame mit brand-
rotem Haar und giftgrünem Gewand, ein dunkles Hündchen
auf dem Schoß.
Secessiou.
Die XL. Ausstellung war dem Plakat gewidmet. Die
Herren Dr. Ottokar Mascha und Architekt Otto Polak
hatten die Hauptbestände hergeliehen. Auch Kunst-
druckereien in München und Krakau hatten Blätter bei-
gesteuert. Am. interessantesten waren aber die Original-
entwürfe ausländischer und einheimischer Künstler, die
bestimmte Aufgaben behandelten. Für die Firmen, die
diese gestellt hatten, waren die Arbeiten eine originelle
Reklame, für die Künstler, die sie ausgeführt hatten, eine
wirksame Übung auf einem ihnen großenteils fremden
Gebiet. Zu einem faktischen Auftrag aber kam es meines
Wissens leider nur ein einziges Mal: in dem Falle von
Grom-Rottmayers lustigem Plakat für das Wiener
Zentralbad. Auf dei XLI. Ausstellung schoß doch wohl
Armin Horovitz, der Sohn des bekannten Wiener
Porträtmalers, den Vogel ab. Er, der in Paris gelernt hat,
führte sich bei dieser Gelegenheit mit zwei Radierungen
sehr großen Formates aufs vorteilhafteste in seiner Vater-
stadt ein. Besonders das Blatt mit dem großen Frauen-
akt im Vordergrund ist vorzüglich, es ist malerisch und
dekorativ behandelt; von dem Künstler rührt übrigens —
weil gerade früher von Affichen die Rede war — das
gute, flotte Plakat der Austro-Daimler-Gesellschaft her.
Außerdem waren sehr gute Holzschnitte Walt er Klem ms
und ebensolche Radierungen Alois Kolbs zu sehen.
Vielversprechend waren insbesondere die paar Blätter,
die von des letzteren Illustrationen zu Kleists »Michael
Kohlhaas« ausgewählt waren.
Hagenbund.
In dieser Vereinigung, die für das Wiener Kunst-
leben so viel geleistet hat und nun obdachlos werden
soll, fand vergangenen Herbst die 77. Ausstellung der
Bildenden Künstlerinnen Österreichs statt. Selbstver-
ständlich gab es da ziemlich viele graphische Arbeiten
zu sehen, es fand sich aber nichts darunter, was eine
österreichische Käte Kollwitz angekündigt hätte. Gut
waren ein paar farbige Holzschnitte von Martha Hof-
richter, nicht schlecht ein paar farbige Radierungen von
Tanna Hoernes. Interessanter war die nächste Aus-
stellung, auf der der »Manes* zu Gaste war. Max
Svabinsky, über dessen neuere Radierungen kürzlich
im Hauptblatt berichtet wurde, und Karel Myslbek, der
etliche Radierungen ernsten, figuralen Inhaltes ausge-
stellt hatte, sind Künstler, die auch dem Wiener kunst-
verständigen Publikum wohlvertraut sind. Fremder
klangen wohl die Namen Frantisek Koblihas, eines
eigenartigen Holzschneiders, und J. C. Vondrous', der
Prager Architekturansichten radiert, denen geschmack-
volle Auffassung und tüchtige Zeichnung nachzurühmen
sind. Das Bedeutendste aber, was der Hagenbund den
Freunden der graphischen Künste bot, waren die Litho-
graphien, Holzschnitte und Radierungen Edward
Munc hs auf der Ausstellung der norwegischen Künstler
Blätter, wie vor allem die »Liebende Frau (Mona)«, eine
vierfarbige Lithographie, und die Radierung »Das kranke
Kind« sind Leistungen einer mächtigen Künstlerschaft.
Auch die phantastischen Radierungen Erik Weren-
skiolds waren beachtenswert. Auf der Friihjahrs-
ausstellung wirkte nicht nur als Maler, sondern auch
als Radierer Oskar Laske am originellsten. Blattei,
wie der »Wunderbare Fischzug«, »Pferdemarkt in
Radautz« und »Seeräuber« vergißt man nicht wieder.
gestochenen Bürgermeisterporträten und in den folgenden
drei Monaten zu Ehren des internationalen Verleger-
kongresses eine solche von gezeichneten und gestochenen
Titelblättern veranstaltet. Die dreihundertjährige Wieder-
kehr des Geburtstages (10. Dezember 1610) des Haarlemer
Künstlers Adriaen van Ostade bot willkommene Ge-
legenheit, in den Monaten September, Oktober und
November sein gesamtes Werk dem Publikum zugänglich
zu machen. Im Monat Dezember war dann eine Auswahl
aus den von der Berliner Firma Albert Frisch hergestellten
farbigen Faksimilereproduktionen alter Meister zu sehen.
J. Philip van der Kellen.
Ausstellungen.
Wien. Für den Freund der graphischen Künste war
das abgelaufene Ausstellungsjahr recht ergebnisreich:
man konnte ausländische Meister kennen lernen und sich
über den begabten Wiener Nachwuchs freuen.
Kit u stierhaus.
In der Herbstausstellung des Jahres 1911 fielen unter
den wenigen graphischen Arbeiten ein paar nicht ganz
üble Radierungen des Münchners Anton Samz und des
Wieners Louis Helfert auf. Von den graphischen Ar-
beiten der XXVI. Ausstellung des Aquarellisten-Clubs
seien die Radierungen Fritz Pontinis genannt; sie
zeigen nach längerer Zeit den Künstler, den in den letzten
Jahren der Pinsel der Radiernadel entfremdet hatte, wieder
als Graphiker und sind die letzten Blätter des auf so
tragische Weise aus dem Leben Geschiedenen. Auf der
XXXVII. Jahresausstellnng waren ein paar gute Radie-
rungen von auswärtigen Künstlern zu sehen: von den
beiden grundverschiedenen Dresdnern Richard Müller
und WalterZeising, dem Worps weder Hans am Ende
und der Pragerin Gödl-Brand huber. Unter den Arbeiten
der Wiener Graphiker sind die Luigi Kasimirs, Otto
Trauners und Oskar Stössels hervorzuheben. Dieser,
stetig wachsend, hatte ein gutes radiertes Porträt ausge-
stellt, vorzüglich war aber eine farbige Zeichnung von
ihm, darstellend eine sitzende junge Dame mit brand-
rotem Haar und giftgrünem Gewand, ein dunkles Hündchen
auf dem Schoß.
Secessiou.
Die XL. Ausstellung war dem Plakat gewidmet. Die
Herren Dr. Ottokar Mascha und Architekt Otto Polak
hatten die Hauptbestände hergeliehen. Auch Kunst-
druckereien in München und Krakau hatten Blätter bei-
gesteuert. Am. interessantesten waren aber die Original-
entwürfe ausländischer und einheimischer Künstler, die
bestimmte Aufgaben behandelten. Für die Firmen, die
diese gestellt hatten, waren die Arbeiten eine originelle
Reklame, für die Künstler, die sie ausgeführt hatten, eine
wirksame Übung auf einem ihnen großenteils fremden
Gebiet. Zu einem faktischen Auftrag aber kam es meines
Wissens leider nur ein einziges Mal: in dem Falle von
Grom-Rottmayers lustigem Plakat für das Wiener
Zentralbad. Auf dei XLI. Ausstellung schoß doch wohl
Armin Horovitz, der Sohn des bekannten Wiener
Porträtmalers, den Vogel ab. Er, der in Paris gelernt hat,
führte sich bei dieser Gelegenheit mit zwei Radierungen
sehr großen Formates aufs vorteilhafteste in seiner Vater-
stadt ein. Besonders das Blatt mit dem großen Frauen-
akt im Vordergrund ist vorzüglich, es ist malerisch und
dekorativ behandelt; von dem Künstler rührt übrigens —
weil gerade früher von Affichen die Rede war — das
gute, flotte Plakat der Austro-Daimler-Gesellschaft her.
Außerdem waren sehr gute Holzschnitte Walt er Klem ms
und ebensolche Radierungen Alois Kolbs zu sehen.
Vielversprechend waren insbesondere die paar Blätter,
die von des letzteren Illustrationen zu Kleists »Michael
Kohlhaas« ausgewählt waren.
Hagenbund.
In dieser Vereinigung, die für das Wiener Kunst-
leben so viel geleistet hat und nun obdachlos werden
soll, fand vergangenen Herbst die 77. Ausstellung der
Bildenden Künstlerinnen Österreichs statt. Selbstver-
ständlich gab es da ziemlich viele graphische Arbeiten
zu sehen, es fand sich aber nichts darunter, was eine
österreichische Käte Kollwitz angekündigt hätte. Gut
waren ein paar farbige Holzschnitte von Martha Hof-
richter, nicht schlecht ein paar farbige Radierungen von
Tanna Hoernes. Interessanter war die nächste Aus-
stellung, auf der der »Manes* zu Gaste war. Max
Svabinsky, über dessen neuere Radierungen kürzlich
im Hauptblatt berichtet wurde, und Karel Myslbek, der
etliche Radierungen ernsten, figuralen Inhaltes ausge-
stellt hatte, sind Künstler, die auch dem Wiener kunst-
verständigen Publikum wohlvertraut sind. Fremder
klangen wohl die Namen Frantisek Koblihas, eines
eigenartigen Holzschneiders, und J. C. Vondrous', der
Prager Architekturansichten radiert, denen geschmack-
volle Auffassung und tüchtige Zeichnung nachzurühmen
sind. Das Bedeutendste aber, was der Hagenbund den
Freunden der graphischen Künste bot, waren die Litho-
graphien, Holzschnitte und Radierungen Edward
Munc hs auf der Ausstellung der norwegischen Künstler
Blätter, wie vor allem die »Liebende Frau (Mona)«, eine
vierfarbige Lithographie, und die Radierung »Das kranke
Kind« sind Leistungen einer mächtigen Künstlerschaft.
Auch die phantastischen Radierungen Erik Weren-
skiolds waren beachtenswert. Auf der Friihjahrs-
ausstellung wirkte nicht nur als Maler, sondern auch
als Radierer Oskar Laske am originellsten. Blattei,
wie der »Wunderbare Fischzug«, »Pferdemarkt in
Radautz« und »Seeräuber« vergißt man nicht wieder.