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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.3753#0089
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- 85

Henri Hv

aphie

Gesellschaft veröffentlichte große Werk über die »Ver-
vielfältigende Kunst der Gegenwart« hat Hymans die
vortrefflichen Kapitel über die graphischen Künste in
Belgien geschrieben (1891 —1902). Von seinen Büchern

ist vielleicht neben der Geschichte des Kupferstiches in
Rubens' Schule das bekannteste und am meisten benutzte
seine zweibändige französische Ausgabe der Lebens-
beschreibungen Karel van Manders (1884—1885), ein vor-
zügliches Werk, das eine Fülle des wertvollsten Materials
enthält, das durch das beste Register, das wir noch in
einem kunstwissenschaftlichen Buche gefunden haben, auf
das Bequemste und Verläßlichste zugänglich gemacht wird.
In den letzten Jahrzehnten seines arbeitsreichen Lebens
hat er einige Bücher gemeinverständlichen Inhalts ge-
schrieben, die sich sämtlich durch höchst geschickte Zu-
sammenfassung des Stoffes und immer lebendige eigene
Auffassung auszeichnen; dahin gehören die vortreffliche
Monographie über die Brüder Van Eyck (1907), das
umfassende, wichtige Werk über Antonio Moro (1910)
seine Beiträge zu den »Berühmten Kunststätten«: Brügge
und Ypem (1900), Gent und Tournai (1903), Brüssel
(,1910), und endlich sein in deutscher Sprache erschienenes
Werk über die belgische Kunst des XIX. Jahrhunderts
(1906). Auch die zahlreichen Leihausstellungen alter
Kunst, die in den letzten Jahren in Belgien und in Paris
stattgefunden haben, fanden in ihm einen feinsinnigen
und verständnisvollen Berichterstatter. Hymans war einer
der letzten Vertreter einer Klasse von Forschern, die leider
heute fast gänzlich ausgestorben ist und auf deren
Tätigkeit im guten Sinne der Ausdruck Polyhistorie
paßt. Sein Wissen war ganz ungewöhnlich und noch
größer als seine Kennerschaft, auf die er selbst trotz
großer Anlagen weniger Wert legte. Die ausgezeichneten
Gaben des Verstorbenen traten im persönlichen Verkehr
mit ihm fast noch mehr zutage als in seinen vortrefflichen
Schriften; seineLebendigkeit undVielseitigkeit, seine geist-
reiche Unterhaltung, seine nimmer müde Gefälligkeit, seine
wohlwollende Liebenswürdigkeit, seine vorzügliche Be-
herrschung fremder Sprachen, seine glänzenden Gesell-
schaftsformen haben ihm eine große Zahl von Freunden
auch unter den Fachgenossen anderer Länder erworben.
Auch der Schreiber dieser Zeilen bekennt gern, daß die
Erinnerung an seine Freundschaft mit Henri Hymans zu
den wertvollsten seines Lebens gehört. Gustav Glück.

Besprechungen neuer Erscheinungen.

W. Molsdorf, Gruppierungsversuche im Bereiche
des ältesten Holzschnittes. Mit 28 Abbildungen im Text
und 11 Tafeln. Straßburg, 1911.

Eine wirklich erfolgreiche Tätigkeit auf dem Gebiet des frühen
Holzschnittes wird erst möglich sein, wenn das bisher bekannte Material
vollständig in guten Reproduktionen vorliegt. Daneben darf allerdings
auch die Erforschung der Bibliotheken, in deren Handschriften und Inku-
nabeln mich viele unbekannte Holzschnitte eingeklebt sein durften, nicht
ruhen. Gerade in Deutschland beschäftigt man sieh seit etwa zehnJahren
wieder recht intensiv mit den Inkunabeln des Formschnittes, und der
Heitz'sche Verlag in Straßburg bildet den Sammelpunkt fast allei einschlä-
gigen Arbeiten.

.Mulsd'irf versucht, in dem vorliegenden Bändchen die ältesten
Denkmale der Holzschneidekunst in Gruppen zu einen, die er nach einem
charakteristischen Hauptwerk, von dem er ausgeht, benennt.

So wird zunächst eineGruppe des »Formschneiders der Darstellung
Christi am Ölberg (Sehr. 185)« aufgestellt, die aber meines Erachtens
recht heterogene Schnitte unter einen Hut zu bringen sucht. Molsdorf
nimmt einunddieselbe Hand für alle (mit einigen Ausnahmen, pag. 15)
diese Schnitte an; sie sind aber sicher nur alle oberdeutscher Herkunft,
und manche Gruppen dieser oberdeutschen Erzeugnisse durften sich schon
heute näher charakterisieren lassen. Sehr. 51, 65, 185 und 389 sind
Repräsentanten eines ausgesprochen malerischen, weichen Stils, der
auf den Oberrhein weist; auch Sehr. 1771 ist wohl diesem weichen Stil
beizuzählen. Dagegen haben die beiden heiligen Dorotheen (Sehr. 1394
und 1395) mit der erstgenannten Gruppe nichts gemeinsam; sie repräsen-
tieren eine eigene Stilrichtung, der man den Namen Gewandstil geben
könnte, indem auf die plastische Herausarbeitung der Gewandfalten
großes Gewicht gelegt wird. Auch die heilige Dorothea (Sehr. 1397) des
Berliner Kabinetts gehört zu dieser Gruppe, die salzburgischen Ursprungs

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