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betrachtet bietet die Zeichnung indes bereits alle jene charakteristischen Eigenschaften, die bei Solario immer
wieder aufstoßen: ein sichtbarer Kreide- oder Kohleentwurf, dann eine ganz geschickte Durcharbeitung mit dem
Pinsel in einem stark gelblichen Bister und Schlußredaktion mit der Feder, wobei dieselbe — besonders in den
Köpfen — stark pointierend die kurzen kräftigen Striche ruckweise auf die Lavierung setzt.
Der ursprüngliche Kreideentwurf bleibt aber stehen und bildet mit dem gelblichen Ton des Bisters ein eigentüm-
liches Farbengemisch, ein Kennzeichen des Meisters.
Die Malcolm-Zeichnung, deren richtige Zuschreibung wir Enrico Costa verdanken, und die zum ersten Male
von Karl Löser publiziert wurde, hat einen starken Zusammenhang mit einem Gemälde in der Sammlung des Lord
Kinnaird. worauf schon in dem beschreibenden Texte des Burlington fine Arts Club ' hingewiesen worden ist
Niederländische Kopie nach Andrea Solario: Kreuztragung.
Ölgemälde in der Galleria Borghese zu Rom.
(somewhat resembling this picture). Kompositioneil finden wir in dem Bilde noch all die vorhin aufgezählten Elemente.
Dieselbe Gruppierung, die Anzahl der Figuren, sogar die Landschaft ist fast die gleiche geblieben, soweit der flüchtige
Entwurf die Konturen erkennen läßt. Man bemerkt links den steilen Fels, von welchem einzelne belaubte Aste über-
hängen, rechts im Hintergründe den breiten Berg Golgatha und dazwischen die ebene Flußlandschaft mit einer
Brücke. Aber die Figuren des Gemäldes bedeuten schon eine starke Schwenkung in die reine lombardische Ausdrucks-
weise und tragen reifere, mehr abgerundete Formen und einen gemäßigteren Ausdruck des Schmerzes an sich. War
die Malcolm-Zeichnung wirklich der erste Gedanke zu diesem Bilde, so muß man zwischen dem Entwurf und der
Ausführung eine Entwicklungszeit einschieben und gewiß noch andere Vorzeichnungen dazu voraussetzen. Datiert
man die Beweinung Christi bei Lord Kinnaird um 1506, wie man allgemein annimmt, so würde unsere aus andern
Gründen sich ergebende Fixierung der Zeichnung dieser Annahme entsprechen.
Nach Beendigung dieses Artikels machte mich Dr. W. Suida noch auf eine Zeichnung des Meisters, gleichfalls
eine Beweinung Christi, aufmerksam, welche er in der königlichen Bibliothek im Schlosse Windsor unter einem
i Burlington fine Arts Club, Pictures of the Milanese School, London, Taf. IX u. Text p. LXI.
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betrachtet bietet die Zeichnung indes bereits alle jene charakteristischen Eigenschaften, die bei Solario immer
wieder aufstoßen: ein sichtbarer Kreide- oder Kohleentwurf, dann eine ganz geschickte Durcharbeitung mit dem
Pinsel in einem stark gelblichen Bister und Schlußredaktion mit der Feder, wobei dieselbe — besonders in den
Köpfen — stark pointierend die kurzen kräftigen Striche ruckweise auf die Lavierung setzt.
Der ursprüngliche Kreideentwurf bleibt aber stehen und bildet mit dem gelblichen Ton des Bisters ein eigentüm-
liches Farbengemisch, ein Kennzeichen des Meisters.
Die Malcolm-Zeichnung, deren richtige Zuschreibung wir Enrico Costa verdanken, und die zum ersten Male
von Karl Löser publiziert wurde, hat einen starken Zusammenhang mit einem Gemälde in der Sammlung des Lord
Kinnaird. worauf schon in dem beschreibenden Texte des Burlington fine Arts Club ' hingewiesen worden ist
Niederländische Kopie nach Andrea Solario: Kreuztragung.
Ölgemälde in der Galleria Borghese zu Rom.
(somewhat resembling this picture). Kompositioneil finden wir in dem Bilde noch all die vorhin aufgezählten Elemente.
Dieselbe Gruppierung, die Anzahl der Figuren, sogar die Landschaft ist fast die gleiche geblieben, soweit der flüchtige
Entwurf die Konturen erkennen läßt. Man bemerkt links den steilen Fels, von welchem einzelne belaubte Aste über-
hängen, rechts im Hintergründe den breiten Berg Golgatha und dazwischen die ebene Flußlandschaft mit einer
Brücke. Aber die Figuren des Gemäldes bedeuten schon eine starke Schwenkung in die reine lombardische Ausdrucks-
weise und tragen reifere, mehr abgerundete Formen und einen gemäßigteren Ausdruck des Schmerzes an sich. War
die Malcolm-Zeichnung wirklich der erste Gedanke zu diesem Bilde, so muß man zwischen dem Entwurf und der
Ausführung eine Entwicklungszeit einschieben und gewiß noch andere Vorzeichnungen dazu voraussetzen. Datiert
man die Beweinung Christi bei Lord Kinnaird um 1506, wie man allgemein annimmt, so würde unsere aus andern
Gründen sich ergebende Fixierung der Zeichnung dieser Annahme entsprechen.
Nach Beendigung dieses Artikels machte mich Dr. W. Suida noch auf eine Zeichnung des Meisters, gleichfalls
eine Beweinung Christi, aufmerksam, welche er in der königlichen Bibliothek im Schlosse Windsor unter einem
i Burlington fine Arts Club, Pictures of the Milanese School, London, Taf. IX u. Text p. LXI.