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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.3754#0046
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42 —

konnte jedoch kein erstklassiges künstlerisches Aufgebot
ermöglichen, das numerisch kräftig genug gewesen wäre,
um auf weitere Kreise befruchtend zu wirken. Es wäre
wohl in ganz Europa kein solches Material aufzutreiben. Es
wurden aber der absoluten künstlerischen Wertschätzung
und der wissenschaftlichen Forschung einige sichere
Stützpunkte geboten, die bisher nur durch die von den
Japanern selbst veranstalteten Ausstellungen oder Publi-
kationen hatten gegeben werden können.

Das Gros der Ausstellung bestand aus Stücken, die
der ostasiatischen Kunstabteilung des Berliner Museums
für Völkerkunde gehören. Daneben behauptete sich die
Sammlung Gustav Jakob}' qualitativ und quantitativ am
besten. Außer diesen beiden fallen nur einige Kollektionen
— städtische Sammlungen Freiburg i. Br., Museum
für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bremer Kunsthalle,
Sammlung Fuchs-Tübingen, Jaekel-Greifswald, Mosle-
Leipzig, Oeder-Düsseldorf, Strauss-Negbaur-Frankfurt
a. M. — schwer in die Wage.

Die Stärke der Ausstellung lag in der Malerei, und
zwar hauptsächlich in der buddhistischen Malerei Japans,
die in den Berliner Museen sehr gut vertreten ist. Von
der symbolisch-religiösen Kunst waren hier vorzügliche
Proben zu sehen, wie der in der Art des Eshin Sözu
gemalte Amidabutsu (Nr. 143), die Monju (Nr. 159,
XIII. Jahrh. >, der Fudo (Nr. 137, XIII. Jahrh.) und der Jizö
(Nr. 152, XIII. Jahrh.). Als künstlerisch verwandte und
wertvolle Erscheinung ist noch das Porträt des Rigen
Daishi der Sammlung Fuchs (Kamakurazeit, publiziert
durch Dr. Otto Kümmel 1910) zu erwähnen, und das Bild
des Kaisers Saga kann gleichfalls in diesem Zusammen-
hang angeführt werden. Auch ein Priesterporträt (Nr. 162)
des XV. oder XVI. Jahrhunderts ist in dem streng reprä-
sentativen, dekorativ koloristischen und linearen Stil
gehalten. Es ist eine glückliche Neuerwerbung des
Konsuls Jakoby, dem diese Ausstellung die wichtigsten
Denkmäler japanischer Malerei verdankt.

Die chinesische, religiöse Sung- und Yüan-Malerei ist
durch drei, beziehungsweise vierStücke vertreten. Zweizu-
sammengehörende Rakan-Bilder des Freiburger Museums
stellen mit ihrer etwas brutalen Kalligraphie und lauten
Farbenwirkung den Stil vor, der — wohl mit Recht —
unter der Marke Wu Tao-Tzu bekannt ist. Ein diskret
koloriertes Kakemono, mit zwei Rakan, die einen Wasser-
fall beobachten (XIII. Jahrh., Besitzer Königl. Museen), ist
großartig in der Erfindung, aber ziemlich steif im Linea-
ment. Auffallend ist daran, daß die Wasserstrahlen der
Kaskade unmöglicherweise einwärts fallen, wovon man
auf eine erlebnislose Kopistenarbeit schließen könnte.
Das bedeutendste Stück dieser Gruppe und zugleich das
beste Figurenbild des Berliner Museums ist der Ch'u-shan
Shih-Chia eines unbe kann ten Yüan-Meisters, ein Werk
von großer Anmut, das bei meisterhafter Kalligraphie (in
der Gewandung) berückende Feinheit und Innigkeit der
Formengebung zur Schau trägt.

Dem feinsinnigen und begeisterten Sammler Jakoby

ist es vor kurzem geglückt, eine Arhatdarstellung von
Minchö zu erwerben, die zu der berühmten Folge von
50 Bildern gehört, die der Meister für den Tempel
Töfukuji (Kyoto) schuf. 47 befinden sich noch an Ort
und Stelle, und Jakobys Bild ist das einzige, das sein
Vaterland verließ. Das Werk atmet chinesischen Geist
(Li-Lung-Mien, Yen-Hui) und ist in mehreren Hinsichten
äußerst lehrreich. Die Figuren sind übermalt, jedoch ohne
die ursprüngliche Schönheit der Zeichnung verloren zu
haben. Die energischen Pointierungen der vielfach abge-
leiteten Formen lassen den bekannten Schwung der
chinesischen Sung-Meister erkennen, der am meisten
unserer heraldischen Stilisierung entspricht. Der mono-
chrome Hintergrund ist verhältnismäßig gut, von fremder
Hand unberührt erhalten. Er läßt die Konzentration des
abgeklärten Tuschmalers, der seine mächtige Imagination
in freien Blitzlinien versinnlicht, zur Geltung kommen.
Die naturalistischen Fischmotive am Gewand der einen
Vordergrundfigur liefern durch einen lauten Kontrast den
Beweis für die zielbewußte Logik der kühnen Abstrak-
tionen, die den ostasiatischen Künstler dort auszeichnen,
wo er die verborgensten Geheimnisse der Kunst zu
lösen bemüht ist.

Ein anderes Hauptstück der Sammlung Jakoby ist
der Söami zuerkannte Bodhidharma, dem W. Colin im
2. Heft der Ostasiatischen Zeitschrift einen speziellen
Aufsatz widmete. Er zog dort einige andere Dharma-
Darstellungen zum Vergleich heran, darunter auch die-
jenige von Söga Jasoku als nächstverwandte. Ich möchte
einen Schritt weiter wagen und in Jasoku die Voraus-
setzung des Dharma der Sammlung Jakoby, das Binde-
glied zwischen Söami und Yen-Hui, dem anerkannten
Wegweiser des japanischen Künstlers erkennen. In dieser
Annahme bestätigt mich das Gegenstück des Dharma
von Jasoku, der gleichfalls von ihm gemalte und in
Nr. 136 der Kokka publizierte Te-Shan des Klosters
Yötoku-In (Kyoto). Da ist es wohl die Formempfindung,
die mich verwandt anmutet, wogegen ein Dharma von
Minchö im Töfukuji (Kyoto) — Abb. bei Tajima,
Selected Relics VIII. 21 — ähnliche Wucht der Pinsel-
führung bemerken läßt. Das Bild zeugt übrigens von
einer ungeheuren Handfertigkeit. Dabei ist die Figur mit
ungemein viel Überlegung komponiert. Es ist ein Werk
von großer Reife des Gefühls und der Formanschauung,
dessen faszinierende Wirkung auf die Macht der künstle-
rischen Logik und nicht die Sinnlichkeit der Darstellungs-
mittel zurückzuführen ist.

Die profane Malerei Chinas hatte in der Ausstellung
die zu den wertvollsten Denkmälern der Sung- und Yüan-
Kunst gehörenden Albumblätter des Berliner Museums
als früheste Vertreter. Sie wurden des öfteren besprochen,
ich habe daher nur meine bescheidenen persönlichen
Bemerkungen hinzuzufügen. Alle Begeisterung finde ich
berechtigt für die Landschaften von Li Kung-Nien,
Chung-Jen und Pien-Wu, wie auch für die Sperlinge von
Han Je-Cho. Die Wasserlandschaft von Wang Ku
 
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