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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.4208#0005
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MITTEILUNGEN

DER

GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.

BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE".

1915.

WIEN.

Nr. 1.

Studien und Forschungen.

Handzeichnungen des Parmigianino
zu einigen seiner bekanntesten Gemälde.

Wenn auch in neuerer Zeit so gut wie gar nichts über Parmi-
gianino publiziert wurde, so sind wir über ihn doch sehr gut unter-
richtet, denn er ist einer von jenen Künstlern, nach denen Vasari
sich zwischen der ersten und zweiten Ausgabe seiner Viten genau
erkundigte1. Da wir seine Hauptwerke und die Reihenfolge ihrer
Entstehung kennen, so besitzen wir für seine kunsthistorische Be-
arbeitung eine ungemein wichtige Grundlage, die auch eine eigentliche
Mythenbildung verhinderte. Spätere Autoren hatten nicht viel hinzu-
zufügen. Affö stützte seine liebevolle Monographie2 durch einige
Dokumente. Parmigianinos Beurteilung schwankt nicht wenig, wenn
er auch niemals als quantite negligeable betrachtet wurde. Von Vasari,
der mit der Einschränkung sagt, daß, hätte er nicht Alchemie be-
trieben, »sarebbe stato senza pari e veramente unico nella pittura«,
über Dolces uneingeschränktes Lob 3 und Affös Bewunderung, über
viele Bemerkungen, daß seine Formen die Grenzen der Schönheit
überschritten, ja Vorwürfe, daß er manieriert und affektiert gewesen)
bis zu Burckhardts4 Ablehnung, die in dem Wort »widerwärtig«
gipfelt, ist ein weiter Weg.

Was aber seine wärmsten Bewunderer an ihm schätzten und
seine schärfsten Kritiker anerkannten, war seine Bedeutung für die
Graphik. Er soll der erste Italiener gewesen sein, der radierte5,
und zu allen Zeiten wird seiner zahlreichen und qualitativ hervor-
ragenden Zeichnungen Erwähnung getan. Wenn das nun auch dazu
geführt hat, daß in den Handzeichnungssammlungen ganze Bände
dem Parmigianino zugeschrieben werden (während Bilder selten auf
seinen Namen getauft sind), sehen wir in dieser Tatsache den Nieder-
schlag seiner Schätzung als Zeichner. Beginnt man nun dieses
Material zu sichten, so findet man eine Menge ganz ausgezeichneter

Abb. 1. Parmigianino. Die Vision des hl. Hieronymus.
Gemälde. London, National-Galerie.

1 Vasari: Le vite etc. Edit. Milanesi, V,p.217 ff.; Kailab: Vasari-Studien, p. 384.

2 Affö: Vita del graziosissimo pittore Francesco Mazzola detto il Parmigianino,
Parma, 1784.

:i Dolce: Aretino o Dialogo della Pittura, p. 93, in Quellenschriften zur Kunst-
geschichte«. II, und »Raccolta di lettere«, B. Pino, Venezia, 1574.
4 Burckhardt: Cicerone, 9. Auflage, II, 3, p. 850.

ö Über Parmigianinos Radierungen siehe meine Ausführungen im Jahrbuch des
Allerhöchsten Kaiserhauses. XXXI. p. 152 (Aufsatz über Schiavone).
 
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