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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.4208#0037
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MITTEILUNGEN

DER

GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.

BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE'

1915.

WIEN.

Nr. 3.

Studien und Forschungen.

Notiz zu Albrecht Altdorfer.

Abb. 1. Albrecht Altdorfer, Die Frau mit dem
Federhut. Nach dem Kupferstich.

Da die Kupferstichsamm-
lung der Bibliotheque Nationale
in Paris auf lange Zeit hinaus für
uns wohl unzugänglich ist, da
andrerseits der seit Jahren in Ar-
beit befindliche Altdorfer-Katalog
infolge der Unmöglichkeit von
Auslandsreisen einstweilen nicht
fertiggestelltwerden kann, möch-
te ich hier eine Notiz zu einem
Kupferstich Albrecht Altdorfers
veröffentlichen.

W.Schmidt hat in seinem Verzeichnis der Altdorferschen Kupferstiche
(in Meyers Künstlerlexikon) unter Nummer 66 eine kleine sehr seltene Arbeit
aufgeführt, »Die Frau mit dem Federhut«, von dem das Kupferstichkabinett
zu Berlin einen Abdruck besitzt (Abb. 1). Auch Passavant war das Blatt
bekannt, während es bei Bartsch noch fehlte. Passavant schrieb: »Die
Dame scheint sich zu bücken, um etwas aufzuheben«. Er empfand also
die Unvollständigkeit der Darstellung; Haltung und Geste der Frau er-
schienen ihm unmotiviert und einer Deutung zu bedürfen. Wie berechtigt
diese Empfindung war, geht aus der Tatsache hervor, daß der kleine Stich
der Frau mit dem Federhut nur ein Fragment ist, die Kupferplatte war
ursprünglich weit größer. Wie sie aussah, zeigt Abbildung 2: »Die Be-
strafung Amors«. Dieses bisher vollkommen unbekannt gebliebene Blatt
befindet sich in der Kupferstichsammlung der Bibliotheque Nationale zu
Paris. Ein anderes Exemplar ist mir bisher bei meinen Altdorfer-Studien nicht begegnet, das Pariser hat einstweilen
als Unicum zu gelten. Da auch Abdrücke von der zerschnittenen Platte, also von der Frau mit dem Federhut, höchst
selten sind, kann man keine Vermutung darüber wagen, ob etwa Altdorfer selbst schon die Platte verkürzt und die
ursprünglich so reizende Szene von der Bestrafung Amors zu einem einfachen Kostümblatt degradiert hat. Der
Berliner Abdruck von der verkleinerten Platte ist, wenn auch nicht gerade ausgedruckt, so doch keineswegs sehr frisch,
ein paar große Plattenkratzer überziehen die Darstellung von oben nach unten, und auch sonst ist der Plattengrund
nicht sehr sauber. Es ist aber trotzdem nicht ganz ausgeschlossen, daß der Künstler selbst die Verstümmelung vor-
genommen hat; der Schnitt geht gerade durch die linke Hand der Venus, und durch die Weglassung dieser zu einer
Ohrfeige ausholenden sehr verdrehten Hand fällt die Verzeichnung des ganzen Armes nicht so unangenehm auf wie
in der vollständigen Darstellung. Abgesehen von dieser Schwäche aber haben wir es hier mit einem der reizendsten Früh-

Abb. 2. Albrecht Altdorfer, Die Bestrafung Amors.
Xach dem Kupferstich.
 
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