Abb. 2, 3, 4. Parmigianino, Entwürfe zur »Vision des hl. Hieronymus«. Zeichnungen. London, Britisches Museum.
und interessanter Blätter, die bestimmt von der Hand des Künstlers herrühren. Wenn ich vorderhand davon absehe,
womöglich ein vollständiges CEuvre der Handzeichnungen des Parmigianino zustande zu bringen, ergeben sich zwei
Gesichtspunkte, die Zeichnungen zu gruppieren. Erstens alle jene Zeichnungen zusammenzustellen, die zu bekannten
oder beschriebenen und verloren gegangenen Bildern gehören, sei es als Vorzeichnung, Entwurf oder dem Gemälde
vorausgegangener Gedanke; zweitens die Gruppe jener Zeichnungen, die irgendwie graphisch verwertet wurden,
möglichst vollständig zu zeigen. Hier öffnet sich ein weites Gebiet. Schüler, Nachahmer, Beeinflußte werden uns
deutlich, Parmigianinos große Wirkung auf die Kunst von Jahrhunderten offenbart sich in diesen immer wieder
in den verschiedensten Techniken kopierten Handzeichnungen.
Von der ersten Gruppe seien hiermit Handzeichnungen zu einigen Hauptwerken Parmigianinos zusammengestellt.
Die Vision des heiligen Hieronymus.
Im Alter von 20 Jahren (1523) malte Parmigianino in Rom das mächtige Altarbild, das sich jetzt in der
National-Galerie in London befindet. (Nr. 33, 3'503 X l"524m, Abb. 1.) Der heilige Hieronymus schlummert im
Grünen liegend, die Figur ist rechts etwas in die Tiefe geschoben. Sie erinnert im Stellungsmotiv stark an
Correggios ungefähr gleichzeitig entstandene schlafende Antiope im Louvre. Links vorne kniet (fast doppelt so groß
wie Hieronymus) Johannes der Täufer. Sein Körper ist ungemein kühn gedreht, um das Muskelspiel in Wendung
und Bewegung zu zeigen. Der schöne Kopf mit den dunklen Locken, Blick und Geste correggiesk. Auf einer
Mondsichel in Wolken thronend, umgeben von strahlendem Licht sitzt die Madonna, Himmelskönigin und Mutter,
heilig und frauenhaft. Die reizvolle Mischung aus correggiesker Grazie und florentinischer Monumentalität zeigt
uns schon in dieser frühen Madonna Parmigianinos eigenes Schönheitsideal. Ungemein graziös ist das Stellungs-
motiv des Knaben zwischen den Knien der Madonna und der schelmische Gesichtsausdruck, mit dem er das
Buch der Madonna heimlich schließt. Während der Kopf an Correggios Bambini gemahnt, ist der Körper, wie
immer bei Parmigianinos Kindergestalten, der eines Knaben von acht bis zehn Jahren. Die obere Hälfte des Bildes
strahlt im hellsten Licht, die untere hat dunklere, satte Farben. Das Bild gehört zu den schönsten und voll-
endetsten Werken der Hochrenaissance und würde allein dem Parmigianino seinen Rang unter den Allergrößten
sichern1.
Im Printroom des Britischen Museums finden sich zwei Zeichnungen auf einem Blatt, die zu diesem Bild
gehören. Es ist das Blatt Nr. 1882-8-12-488, als zweifelhaft bezeichnet (26 X 15*8 cm). Beide Seiten des Blattes
1 Die Geschichte des Bildes ausführlich bei Milanesi-Vasari, a. a. 0. p. 224.
und interessanter Blätter, die bestimmt von der Hand des Künstlers herrühren. Wenn ich vorderhand davon absehe,
womöglich ein vollständiges CEuvre der Handzeichnungen des Parmigianino zustande zu bringen, ergeben sich zwei
Gesichtspunkte, die Zeichnungen zu gruppieren. Erstens alle jene Zeichnungen zusammenzustellen, die zu bekannten
oder beschriebenen und verloren gegangenen Bildern gehören, sei es als Vorzeichnung, Entwurf oder dem Gemälde
vorausgegangener Gedanke; zweitens die Gruppe jener Zeichnungen, die irgendwie graphisch verwertet wurden,
möglichst vollständig zu zeigen. Hier öffnet sich ein weites Gebiet. Schüler, Nachahmer, Beeinflußte werden uns
deutlich, Parmigianinos große Wirkung auf die Kunst von Jahrhunderten offenbart sich in diesen immer wieder
in den verschiedensten Techniken kopierten Handzeichnungen.
Von der ersten Gruppe seien hiermit Handzeichnungen zu einigen Hauptwerken Parmigianinos zusammengestellt.
Die Vision des heiligen Hieronymus.
Im Alter von 20 Jahren (1523) malte Parmigianino in Rom das mächtige Altarbild, das sich jetzt in der
National-Galerie in London befindet. (Nr. 33, 3'503 X l"524m, Abb. 1.) Der heilige Hieronymus schlummert im
Grünen liegend, die Figur ist rechts etwas in die Tiefe geschoben. Sie erinnert im Stellungsmotiv stark an
Correggios ungefähr gleichzeitig entstandene schlafende Antiope im Louvre. Links vorne kniet (fast doppelt so groß
wie Hieronymus) Johannes der Täufer. Sein Körper ist ungemein kühn gedreht, um das Muskelspiel in Wendung
und Bewegung zu zeigen. Der schöne Kopf mit den dunklen Locken, Blick und Geste correggiesk. Auf einer
Mondsichel in Wolken thronend, umgeben von strahlendem Licht sitzt die Madonna, Himmelskönigin und Mutter,
heilig und frauenhaft. Die reizvolle Mischung aus correggiesker Grazie und florentinischer Monumentalität zeigt
uns schon in dieser frühen Madonna Parmigianinos eigenes Schönheitsideal. Ungemein graziös ist das Stellungs-
motiv des Knaben zwischen den Knien der Madonna und der schelmische Gesichtsausdruck, mit dem er das
Buch der Madonna heimlich schließt. Während der Kopf an Correggios Bambini gemahnt, ist der Körper, wie
immer bei Parmigianinos Kindergestalten, der eines Knaben von acht bis zehn Jahren. Die obere Hälfte des Bildes
strahlt im hellsten Licht, die untere hat dunklere, satte Farben. Das Bild gehört zu den schönsten und voll-
endetsten Werken der Hochrenaissance und würde allein dem Parmigianino seinen Rang unter den Allergrößten
sichern1.
Im Printroom des Britischen Museums finden sich zwei Zeichnungen auf einem Blatt, die zu diesem Bild
gehören. Es ist das Blatt Nr. 1882-8-12-488, als zweifelhaft bezeichnet (26 X 15*8 cm). Beide Seiten des Blattes
1 Die Geschichte des Bildes ausführlich bei Milanesi-Vasari, a. a. 0. p. 224.