klaren, nur mit einigen zarten Wolken stellenweise überhauchten
Himmel. Innerhalb der Gruppen scharf umrissene, klar gesonderte
einzelne Körper, in deren Formen die correggieske, lebens-
strotzende Üppigkeit sich zur schlanken, fast dekadenten Grazie
Parmigianinos gewandelt hat. Ist es nicht wie ein Pendant zu
Rubens und dem späten Van Dyck?
Die Madonna del Collo Lungo.
Das bekannteste von Parmigianinos Werken ist dieMadonna
mit dem Kind und Engeln in der Galerie Pitti in Florenz, genannt
die Madonna del Collo Lungo (Nr. 230; Holz, 2i4 X P33 m;
Abb. 16). Sie ist eines der spätesten und reifsten Werke, die
wir ihm verdanken, und wenn nicht alle Zeiten und alle Beurteiler
ihren unerhörten Reiz empfinden konnten, muß man sich mit
der Erkenntnis trösten, daß es fast allen großen Kunstwerken so
ergangen ist. Das Bild hat Burckhardt für affektiert und manieriert
gegolten — und doch lebt darin neben einer gewaltigen Monu-
mentalität die Grazie wieder auf, die die Künstler der späteren
Antike zum erstenmal zum Ausdruck brachten, und die süße An-
mut dieser Frauengestalt und dieser lieblichen Knaben und Mädchen
findet noch ihren Nachklang im englischen Porträt des XVIII.
Jahrhunderts. Obwohl das Bild unvorteilhaft über einer Türe
placiert ist, wird niemand, der es einmal eingehend betrachtete,
seine Qualität und seinen unendlichen Charme vergessen können.
Außer der Hauptgruppe der Madonna mit den Engeln findet sich
rechts im Hintergrun-
WZ wv>
Abb. 17. Parmigianino, Entwurf zur »Madonna del Collo Lungo«
Zeichnung. Paris, Louvre.
Abb. 18. Parmigianino, Entwurf zur »MadonnE
Collo Lungo«. Zeichnung. Paris, Louvre.
de die Andeutung
einer Säulenarchitek-
tur und die kleine,
herrliche Figur eines
stehenden Mannes in
antiker Gewandung und Haltung, eine offene Rolle in den Händen. Am
Fuße der Säulenarchitektur lesen wir folgende Schrift: »Fato praeventus
F. Mazzoli Parmensis absolvere nequivit«,' die mit der Tradition, daß Par-
migianino das Bild unvollendet zurückließ, zusammenhängt. Mit Ausnahme
dieser Säulenarchitektur, von der Parmigianino nur den Schaft der vordersten
Säule ausführte, erscheint das Bild als in jedem Sinne »vollendet«1.
Einen Entwurf zu der Madonna del Collo Lungo finden wir im
Louvre (Rötel, 14-2x11*2 cm; Abb. 19). Die Madonna sitzt in einer von
Figuren belebten Säulenarchitektur. Ihre Haltung ist im ganzen der des
ausgeführten Bildes sehr ähnlich, doch sitzt das Kind auf ihrem Schoß.
Links ist ein Putto, und rechts sehen wir an eine Säulenarchitektur gelehnt,
nicht viel kleiner als die Madonna, die Figur eines stehenden Mannes in
antiker Gewandung, einen Helm auf dem Haupte, das er mit seiner Rechten
stützt. Hinter ihm wird ein zweiter Männerkopf sichtbar. Eine Einzelskizze
des Mannes auf dieser Louvre-Zeichnung finden wir im Britischen Museum
(1905-11-10-5; Feder, braun laviert, 8X2'8o»; Abb. 20). Die Stellung ist
ganz ähnlich, doch ist der Mann bis auf eine Gewandandeutung nackt, so
daß dieses Blatt uns, wie wir es bei den Steccata-Zeichnungen gesehen
haben, das Studium des Aktes neben der ausgeführten gewandeten Figur
zeigt. Eine andere Zeichnung des Louvre (Feder, laviert, 13x63 cm) zeigt
diese männliche Gestalt ziemlich genau wie auf dem Bilde, nur die Stellung
des rechten Beines und des linken Armes wurde geändert. Der Mann spricht
zu einem hinter ihm stehenden andern, der bärtig ist und auf dem Bilde
del
Genaueres über die Geschichte des Bildes bei Affö, a. a. 0. p. 84, und Vasari, a. a. ü.
Himmel. Innerhalb der Gruppen scharf umrissene, klar gesonderte
einzelne Körper, in deren Formen die correggieske, lebens-
strotzende Üppigkeit sich zur schlanken, fast dekadenten Grazie
Parmigianinos gewandelt hat. Ist es nicht wie ein Pendant zu
Rubens und dem späten Van Dyck?
Die Madonna del Collo Lungo.
Das bekannteste von Parmigianinos Werken ist dieMadonna
mit dem Kind und Engeln in der Galerie Pitti in Florenz, genannt
die Madonna del Collo Lungo (Nr. 230; Holz, 2i4 X P33 m;
Abb. 16). Sie ist eines der spätesten und reifsten Werke, die
wir ihm verdanken, und wenn nicht alle Zeiten und alle Beurteiler
ihren unerhörten Reiz empfinden konnten, muß man sich mit
der Erkenntnis trösten, daß es fast allen großen Kunstwerken so
ergangen ist. Das Bild hat Burckhardt für affektiert und manieriert
gegolten — und doch lebt darin neben einer gewaltigen Monu-
mentalität die Grazie wieder auf, die die Künstler der späteren
Antike zum erstenmal zum Ausdruck brachten, und die süße An-
mut dieser Frauengestalt und dieser lieblichen Knaben und Mädchen
findet noch ihren Nachklang im englischen Porträt des XVIII.
Jahrhunderts. Obwohl das Bild unvorteilhaft über einer Türe
placiert ist, wird niemand, der es einmal eingehend betrachtete,
seine Qualität und seinen unendlichen Charme vergessen können.
Außer der Hauptgruppe der Madonna mit den Engeln findet sich
rechts im Hintergrun-
WZ wv>
Abb. 17. Parmigianino, Entwurf zur »Madonna del Collo Lungo«
Zeichnung. Paris, Louvre.
Abb. 18. Parmigianino, Entwurf zur »MadonnE
Collo Lungo«. Zeichnung. Paris, Louvre.
de die Andeutung
einer Säulenarchitek-
tur und die kleine,
herrliche Figur eines
stehenden Mannes in
antiker Gewandung und Haltung, eine offene Rolle in den Händen. Am
Fuße der Säulenarchitektur lesen wir folgende Schrift: »Fato praeventus
F. Mazzoli Parmensis absolvere nequivit«,' die mit der Tradition, daß Par-
migianino das Bild unvollendet zurückließ, zusammenhängt. Mit Ausnahme
dieser Säulenarchitektur, von der Parmigianino nur den Schaft der vordersten
Säule ausführte, erscheint das Bild als in jedem Sinne »vollendet«1.
Einen Entwurf zu der Madonna del Collo Lungo finden wir im
Louvre (Rötel, 14-2x11*2 cm; Abb. 19). Die Madonna sitzt in einer von
Figuren belebten Säulenarchitektur. Ihre Haltung ist im ganzen der des
ausgeführten Bildes sehr ähnlich, doch sitzt das Kind auf ihrem Schoß.
Links ist ein Putto, und rechts sehen wir an eine Säulenarchitektur gelehnt,
nicht viel kleiner als die Madonna, die Figur eines stehenden Mannes in
antiker Gewandung, einen Helm auf dem Haupte, das er mit seiner Rechten
stützt. Hinter ihm wird ein zweiter Männerkopf sichtbar. Eine Einzelskizze
des Mannes auf dieser Louvre-Zeichnung finden wir im Britischen Museum
(1905-11-10-5; Feder, braun laviert, 8X2'8o»; Abb. 20). Die Stellung ist
ganz ähnlich, doch ist der Mann bis auf eine Gewandandeutung nackt, so
daß dieses Blatt uns, wie wir es bei den Steccata-Zeichnungen gesehen
haben, das Studium des Aktes neben der ausgeführten gewandeten Figur
zeigt. Eine andere Zeichnung des Louvre (Feder, laviert, 13x63 cm) zeigt
diese männliche Gestalt ziemlich genau wie auf dem Bilde, nur die Stellung
des rechten Beines und des linken Armes wurde geändert. Der Mann spricht
zu einem hinter ihm stehenden andern, der bärtig ist und auf dem Bilde
del
Genaueres über die Geschichte des Bildes bei Affö, a. a. 0. p. 84, und Vasari, a. a. ü.