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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.4208#0017
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Unbekannter Künstler, Kopie eines Selbstbildnisses von Hans Burgkmair d. Ä.
Zeichnung in der Universitätsbibliothek zu Erlangen.

Dörnhöffer1 als Selbstporträt Burgkmairs im Profil
nachgewiesen hat, so kann wohl kein Zweifel sein,
daß auch hier der große Augsburger Künstler dar-
gestellt ist. Auf dem Erlanger Blatt sind die Züge ein
wenig jugendlicher und ähneln der Wiedergabe Hans
Holbeins des Älteren2, die um 1510 stattgefunden
hatte, mehr als der Porträtzeichnung Dürers von 1518.
Vor allem auf der ebenfalls 1518 entstandenen Me-
daille des Hans Schwarz ist das Gesicht viel faltiger
und vergrämter. Daher dürfen wir wohl den Moment
der Porträtierung in den Beginn des zweiten Jahrzehnts
des XVI. Jahrhunderts setzen. Für diese Datierung
sprichtauch ein Vergleich mit dem Selbstbildnis Burgk-
mairs im Weißkunig3. Auf dem Holzschnitt: »Den lust
und die geschicklicheit, so er in angebung des ge-
melds gehabt, und bey seinen ingeni die pesserung
desselben« steht der junge Weißkunig, der erfahren
hat, daß die Mal- oder besser Zeichenkunst für die
topographische Ausbildung des Feldherrn nötig ist,
hinter dem Künstler, der vor einer Staffelei sitzt. Auf
das Malbrett ist mit Nägeln eine Leinwand befestigt,
auf die der Maler mit dem Pinsel verschiedene Tiere
und Geräte zeichnet*. Sein ins linke Profil gesetzter
Kopf zeigt deutlich Burgkmairs Züge, und zwar un-
gefähr im selben Alter wie auf dem Erlanger Blatt.

Wer nun ist der Autor der Zeichnung? Von
allen bedeutenden deutschen Porträtisten hat in der
in Frage kommenden Zeit Burgkmair selbst nicht
nur die Profilaufnahme an und für sich bevorzugt,
trotzdem sie dem dramatisch-psychologischen Kunst-
er ist auch der einzige Künstler des Cinquecento5,
nachgewiesen sind. Unser Blatt hat stilistisch eine

empfinden der Zeit am wenigsten entgegenkommt, sondern
von dem Selbstbildnisse im Profil, also durch zwei Spiegel,
ganz enge Parallele in einer Kohlenzeichnung (Inv. Nr. 1260) des Berliner Kupferstichkabinetts6, dem Profilkopf eines
bärtigen Mannes. Man vergleiche nur die Profilführung, die Bildung des Mundes und der Nasenflügel, die Art, wie das
Auge in den Kopf gesetzt ist, die Anlage des Ohres, die gekräuselten Haare über der Stirn sowie den Bartansatz mit
dem breiten Hinsetzen einzelner Haarlocken und man wird die enge Verwandtschaft beider Blätter nicht leugnen können.
Bei genauerer Betrachtung freilich drängen sich Unterschiede der Qualität immer deutlicher hervor: die breite, freie,
kräftige Strichführung des Berliner Bildnisses widerspricht der verblasenen Art des Erlanger Kopfes. Vergleicht man
nun auch andere Porträtzeichnungen des Meisters, so finden wir immer wieder bei gleichen Wertverschiedenheiten
verwandte Züge, so die Lockenkräuselung unter der Haube auf der Kopenhagener Silberstiftzeichnung, die die Züge
Jakob Fuggers trägt7, so die weiche Gesamtbehandlung und Bildung von Ohr und Nasenflügeln auf der Kohlenstudie
in Basel8. Ich glaube also nicht fehlzugehen, wenn ich das Erlanger Blatt als getreue Kopie einer verlorenen Kohlen-
zeichnung des Meisters mit seinem Selbstporträt anspreche. Zu Ende des zweiten Jahrzehnts macht sich in den Bildnis-
zeichnungen Burgkmairs ein breiterer, kräftigerer, plastischer modellierender Strich geltend, als ihn die obige Gruppe9
aufweist. Diese neue Stilphase beginnt bereits mit dem erwähnten Berliner Kopf und der Zeichnung in Chatsworth10.

I Beiträge zur Kunstgeschichte, Franz Wickhoff gewidmet, Wien 1903, p. 129 f.
- Vgl. Habich in den Monatsheften für Kunstwissenschaft, 1, 1908, p. 11 ff.

:1 Jahrbuch der Kunsthist. Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, VI, p. 75 (fol. 136b).

* Eine verwandte Federzeichnung Burgkmairs befindet sich im Berliner Kupferstichkabinett (Inv. Nr. 695).

'■> Vgl. Kunstgeschichtliche Anzeigen, 1912, p. 103.

« Lippmann, Berliner Handzeichnungen Nr. 174 (Lief. XXVIII B). Datiert 151. Die letzte Ziffer ist nicht klar zu lesen, wahrscheinlich lautet sie 9.
7 Puhl, von His, Handz. Hans Holbeins d. Ä., XLVI. — H. I. Schmid in Thiemes Künstlerlexikon, V, p. 275, schreibt Burgkmair außer den
Blättern in Kopenhagen, Basel und Chatsworth noch ein Mädchenbrustbildnis und drei Kopfstudien im Louvre zu.
» Publ. von Terey, Zeichnungen Hans Baidungs, I, 24.

II Neben dem Hamburger Blatt gehören hieher auch zwei Männerköpfe im Breitformat (Inv. Nr. 5013) im Berliner Kabinett und ebendort die
Vorzeichnung zum Holzschnittporträt des Papstes Julius II. (Inv. Nr. 692).

1° Publ. Lippmann, Dürer, IV, 400; datiert 1518.

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