Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1915

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4208#0044
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
40 —

M.

Abb. 4. Pokal im Königlich Ungarischen Nationalmuseum zu Budapest.
(Die.Abb. 4—11 nach Photographien von A. Weinwurm in Budapest.)

die Aufschriften einer handschriftlichen Vorlage entnahm und dabei den A
nicht vergessen. Das links vom Herkules sichtbare E ist die Abkürzung v>

beweist ein Vergleich der Bremer Zeichnung mit dem
Blatt des Weiditz. Die Komposition ist fast in allen
Punkten genau wiederholt, natürlich im Gegensinne.
Weiditz hat eigentlich nur zwei Änderungen vor-
genommen: er hat die Wehmutter auf einen niedrigen
lehnenlosen Sitz gesetzt und in seinem realistischen
Streben bereits des Neugeborenen Kopf und rechten
Oberarm unter dem Rock der Mutter herauskommen
lassen, die Hebamme hilft dabei hauptsächlich mit
der linken Hand. Auch dieser letztere Zug ist ein
Beweis dafür, daß die Bremer Zeichnung oder eine
Kopie derselben dem Weiditz vorgelegen hat, die da
gegenseitig im Holzschnitt erscheint. Weiditz hat auf
das genaueste Stellung und Haltung der vier weib-
lichen Figuren übernommen, wobei er selbst die
Details nicht vergaß, wie die sorgsamen und weichen
Bewegungen der beiden assistierenden Freundinnen
und die Gesten der kraftlos suchenden Hände der
Wöchnerin; auch die Tracht (Hauben, Kopftücher
und die Gürteltasche der Hebamme) ist zu beachten.

Endlich scheint noch die Übereinstimmung
einiger Blätter aus Aldegrevers Stichfolge der Herkules-
taten mit den Bremer Zeichnungen nicht rein zufällig
zu sein. Besonders auffallend ist der Zusammenhang
bei den Darstellungen des Atlas, der Kämpfe mit
Cerberus und Nessus sowie des Transportes der
Säulen von Gades.

Die Inschriften auf den Reliefs des Raudnitzer
Pokals lauten:

1. Geburt des Herkules: ohne Inschrift.

2. Herkules und der nemeische Löwe: LEONES
PARTEHENIO.

3. Herkules und die lernäische Hydra: H1DRAM
SERPETEM. 1

4. Anbetung Christi: ohne Inschrift.

5. Das verlorengegangene Relief: »Herkules und
Nessus« trug laut der Zeichnung im Raudnitzer
Inventar gleichfalls eine Inschrift, die leider nicht zu
erkennen ist.

6. Herkules mit den Säulen von Gades :C()LUMNIS.

7. Herkules und Cacus: CACO.

8. Herkules und Antäus: ANTHEVS ERCULES.
ü. Herkules und der kretensische Stier: REX

ARCHELAO IN FORMA THAVRVM.

10. Herkules und Cerberus: CE. . CANE ERCVLES.

11. Herkules und Atlas: ERCVLES ATALANTE.

12. Herkules und Nessus: DIANIRA CETAVRO;
zwischen Bogen und Sehne: E.

13. Herkules auf dem Scheiterhaufen: ASPRA
MORTE.

Sowohl der Goldschmied, der den Raudnitzer
Pokal geschaffen hat, als auch derSchnitzer, aus dessen
Händen die Muschelreliefs hervorgegangen sind, waren

l Aus dieser Schreibweise geht hervor, daß der Schnitzer
kürzungsstrich für das N übersah. Bei Nr. 12 hat er diesen Strich
i ERCVLES, wie bei Nr. 12.
 
Annotationen