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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.3682#0016
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derungen für die Fernwirkung kirchlicher Glas-
fenster. Es handelt sich vielmehr durchwegs um
Kabinettscheiben, die für den Schmuck von
Bürgerhäusern, allenfalls von kleinen Haus-
kapellen gedacht waren. Auffallend ist das häufige
Vorkommen von Zeichnungszyklen. Sie sprechen
dafür, daß einzelne Glasgemälde nur höchst
selten hergestellt wurden und es vielmehr zu-
meist Gebrauch war, die Fenster eines Raumes
einheitlich mit einer fortlaufenden Folge von Glas-
scheiben zu zieren. Dies erklärt es auch, daß
viele der heute zumeist aus dem Zusammenhang
gerissenen Scheibenrisse so schwer deutbar sind.

Während wir von dem als Glasmaler nach-
gewiesenen Pieter Cornelisz wenigstens in einem
Falle Scheibe und Vorlage zu vergleichen in der
Lage sind, kommt uns bei Swart kein ähnlicher
glücklicher Zufall zu Hilfe. Einige Glasscheiben
zeigen immerhin so deutlich den Stil diesesKünst-
lers, daß sie mit Sicherheit als nach verschollenen
Vorlagen Swarts geschaffen bezeichnet werden
können.So befindetsich imNederlandschMuseum
zu Amsterdam eine Scheibe mit Esther vor König
Ahasver1 und im Berliner Kunstgewerbemuseum
eine andere, deren Gegenstand als Heimkehr des
verlorenen Sohnes gedeutet wurde.2 Eine dritte ist
im Österreichischen Museum für Kunst und In-
dustrie unter den deutschen Scheiben ausgestellt
(Abb. 1). Die in braunen, gelben und grauen Tönen
gehaltene Scheibe stellt eine Webstube dar. Nach

der Komposition, der Raumgestaltung, der Typenbildung, der Zeichnung von Händen und Füßen und nicht zuletzt nach
dem Turban des einen Mannes scheint es mir zweifellos zu sein, daß auch dieses Glasgemälde auf eine Vorlage von
Jan Swart zurückzuführen ist. Schließlich ist in einem Fenster des gotischen Hauses zu Wörlitz eine kleine nieder-
ländische Hochscheibe angebracht, die allerdings so hoch eingeschnitten ist, daß ein abschließendes Urteil schwer
möglich ist. In hellbraunen, grauen und gelben Farben ist der Verkauf Josephs an die ägyptischen Kaufleute behandelt.
Die auffallend ruhige Komposition müßte der späteren Zeit Jan Swarts, in der er die Geschichte des ägyptischen Joseph
sich in der Tat öfters zum Vorwurf nahm, angehören. Offen bleibt die Frage, ob Jan Swart selbst als Glasmaler tätig
gewesen ist oder ob er seine Entwürfe für andere Meister gezeichnet hat. Die spärlichen Quellen lassen uns hier ganz
im Stich. So weiß Karel van Mandel', der über Swart schlechter berichtet ist als über die übrigen Holländer des begin-
nenden XVI. Jahrhunderts, nichts von einer diesbezüglichen Tätigkeit Swarts. Das einzige, was sich zur Not daraufhin
auslegen ließe, ist seine Erwähnung des Adrian Pieterz Crabeth, des älteren Bruders der berühmten Glasmaler Dirk
und Wouter Crabeth als Schüler Swarts.3 Zumindest scheinen die erwähnten Scheiben von demselben Glasmaler aus-
geführt zu sein. Die feine Zeichenkunst Swarts kehrt in ihnen so vergröbert wieder, daß der Stil des Meisters ähnlich
wie in verschiedenen Holzschnitten nur wie durch einen dichten Schleier sich offenbart. Auffallend ist an all diesenScheiben
und Scheibenrissen der schwach entwickelte Sinn für das Flächenhafte. Es sind durchwegs tiefe Raumbilder, durchwegs
Kompositionen in der Art derniederländischenTafelgemälde derZeit.Material undTechnik sind so gut wie garnichtberück-
sichtigt. So ist es denn begreiflich, daß von dem wirklichen Können Jan Swarts einzig seine Zeichnungen einen klaren
und umfassenden Begriff gewähren. Nur aus ihnen kann die Entwicklung des Künstlers deutlich abgelesen werden.

Von diesen Zeichnungen sind nur zwei signiert. Eine große Anzahl aber trägt von fremden Händen, zumeist noch
des XVI. Jahrhunderts, die richtige Bestimmung auf Jan Swart, ein Beweis, wie bekannt sein Name, wie beliebt die
Schöpfungen seiner zeichnenden Feder gewesen waren.

Abb.

. Jan Swart, Studie zu einer Anbetung der Könige. (Kat.-Nr. 3).
Berlin, Kgl. Kupferstichkabinett.

i Publiziert von Beets, a. a. 0-, PI. IX.

2 Publiziert von Schmitz, »Die Glasgemälde des kgl.Kunstgewerbemuseums in Berlin«, Text S. 73. Zwei dem Swart nabestehende, aber offen-
bar auf Visierungen eines anderen Künstlers zurückgehende Scheiben abgebildet ebenda, S. 74, 75. Schmitz erwähnt zwei Jan Swart nahestehende
Rechteckscheiben »Hochzeit zu Kana* und »Salomo und die Königin von Saba« im Amsterdamer Rijksmuseum. die mir unbekannt geblieben sind.

3 Ausgabe von Floerke, I, Seite 216.

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