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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.3682#0018
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Abb. 4. Jan Swart, Der schmale Weg zum Himmel. (Kat.-Nr. 5). B
Kgl. Kupferstichkabinett.

Stichkabinett.

In den Scheibenrissen, die Swart in den zwanziger Jahren gezeichnet hat, offenbart sich wohl in Formgebung und
Erzählungsart ein deutlicher Einfluß des Lucas van Leyden, doch tritt er kaum irgend in so starker Weise in Erscheinung
wie auf dem Antwerpner Gemälde der Epiphanie. Keine einzige direkte Entlehnung von Lucas van Leyden ist
mir in den Zeichnungen bekannt geworden. Dies nimmt um so mehr wunder, als wir in den Holzschnitten der Vorster-
mannschen Bibel Swart auf so mancher Entlehnung von Holbein, Lucas van Leyden etc. ertappen. Nur einmal hat der
Groninger klar aus dem Born Dürerscher Erfindung getrunken. Der Scheibenriß des verlorenen Sohnes in Berlin (Abb. 5)
ist in vielen Teilen wörtlich kopiert, und zwar zum Teil im rechten, zum Teil im Gegensinn nach Meister Albrechts
berühmtem frühen Kupferstich B. 28. Nur die Umgebung hat Swart völlig geändert. Statt des so charakteristischen
Hofes gibt er eine freie Landschaft mit jenem vom oberen Bildrand überschnittenen Baumstamm, der ein Requisit der
Kunst des Lucas van Leyden ist. Doch hat die Landschaft etwas konventionell Typisches, dem individuelle Züge
mangeln, und ist nur im Aufbau nicht ohne dekorativen Reiz. Jene freie, weite Landschaftsentwicklung, die das
ungefähr gleichzeitig entstandene Münchner Bild der Johannispredigt und die Holzschnitte der Schiffspredigt Christi und
des Johannes auf Patmos aufweisen, suchen wir in den Scheibenrissen vergeblich.

In diese Zeit gehört eine größere Zahl der schönsten Blätter Jan Swarts, die sich durch eine sehr anschauliche
Art des Erzählens auszeichnen, wie die Totentanzdarstellung in Berlin und die drei Illustrationen zum Buche Ruth
im Staedel und in der Albertina (Abb. 6). Zu den gelungensten dekorativen Schöpfungen dieser Zeit gehören vier
Scheibenrisse im Britischen Museum mit allegorischen Figuren (Abb. 7), die vortrefflich in der Silhouettenwirkung
erfaßt sind und den Raum prächtig füllen. Die Landschaft ist in einfachen Linienzügen gehalten und nähert sich
bereits der Art Jan van Scorels. Auch zur Kunst Barend van Orleys zeigen sich ähnlich wie zu der Vellerts
Parallelen. Auf der Berliner Zeichnung mit der'allegorischen Darstellung des Altarsakraments (Abb. 8) erinnern die
drei Frauen direkt an Spätwerke des Brüsseler Meisters. Auf den erzählenden Scheibenrissen sind die Kostüme zumeist
der Mode des XVI. Jahrhunderts entnommen und durch Turbans und ähnlichen orientalischen Schmuck als
morgenländisch charakterisiert. Auf einer Krönung Sauls, die uns in einer Nachzeichnung in Braunschweig erhalten ist,
stellt der Künstler Samuel im Gewände eines lutherischen Geistlichen dar und auf einer Zeichnung der klugen und
törichten Jungfrauen in Berlin kleidet er in satirischer Weise erstere in weltliche und letztere in Nonnengewänder.

Diesen Zeichnungen ziemlich nahe verwandt sind einige andere, wie das Gastmahl des Reichen in der Albertina

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