Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1918

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.3682#0031
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
lösst'issäs

: lS(

"h'{/

älliVl





i

s

3

1



Abb. 2. J. W. Baur, Zeichnung aus der Metamorphosenfolge.

links her kommt die Schar der wallenden Mädchen, an deren Spitze Herse stockt, die Merkur in den Lüften erblickt;
von rechts her haben die Helden die Ungeheuer niedergestreckt, sendet Herkules den verhängnisvollen Pfeil nach dem
Zentauren. Erst im Gegensinn der Radierung erstehen die Bewegungen dann zum vollen sicheren Ausdruck. Aber in
jenen Blättern, wo Baur in den wesentlichen Gesten keine Rücksicht auf die Umsetzung ins Graphische nimmt, da
vernachlässigt er auch die Wirkung der endgültigen Bewegungsrichtung. Da überkommt es ihn, er ist ganz Zeichner und
gibt sein Bestes, Letztes in der Zeichnung. Perseus steht im Saal, der gereizte Besieger des Meerungeheuers; Phineus, der
böse Neider der erkämpften Braut, hat den Streit entfesselt, zuhaufliegen Freunde und Feinde im Todeskampf, begraben
unter den umgestürzten Tischen und Stühlen; und immer nahen neue Krieger, alle gegen den einen! Da erkennt es
Perseus, daß sein männlicher Mut gegen die wachsende Überzahl nicht mehr ausreicht, und nimmt das Haupt Medusens
zu Hilfe. Breitspurig beherrscht Perseus in der Zeichnung (Abb. 3) die Mitte; die Hand, die das Schwert führt — die rechte
ist es! — hält er nach links zu abgestreckt, die Toten unter ihr füllen die linke Hälfte des Bildes. Wir beachten sie nicht,
folgen allein der jähen Kopfwendung des Helden und dem Arm mit dem furchtbaren Haupt, von dem die Wirkung nach
rechts zu strömt. Dort weichen Freunde und Feinde zurück, sie drängen an die Wand, die Freunde wenden das Antlitz
ab vor dem Anblick der Medusa, die Feinde erstarren in statuarischen Stellungen und Gebärden. Hier liegt die wunde
Stelle der Komposition; Dominichino1 hat in dem Fresko des Palazzo Farnese klarer gesondert, hat die Freunde hinter
dem Rücken des Perseus gesichert abgehen lassen, die einheitliche Schar der Feinde ihm gegenübergestellt. Doch auch
Dominichino hat die energische Auswirkung des Hauptes nach rechtsbin gewählt! Trotz dieser kompositionellen
Schwäche hat Baur einen starken Ausdruck der inhaltlichen Szene erreicht. Aber nur in der Zeichnung; die Radierung
(Abb. 4) daneben wirkt völlig lahm. Die Gruppe der Niedergeworfenen zur Rechten ist überbetont, immer wieder stößt
uns ein Bein auf, über das wir uns Rechenschaft geben möchten, die Feinde zur Linken scheinen ebenso vorzudrängen
wie zurückzuweichen, die vernichtende Wirkung des Hauptes wird aus der Anschaulichkeit zur papierenen Pointe,
der Held mit dem Schwert in der Linken zur komischen Figur.

Als ein Beweis für den großen Durchschnitt der Blätter kann auch die Vergleichung dieses Entwurfes mit seiner
graphischen Ausgabe für die Veränderungen dienen, die der Radierer mit seiner Vorlage vornahm. Es handelt sich
zumeist um die eingehendere Ausführung, um eine wesentliche Bereicherung des dekorativen Details, die Baur der

1 Abgebildet bei Hans Tietze, Annibale Carraccis Galerie im Palazzo Farn
XXVI. Band, S. 85, Fig. 26.

se, Jahibuch der Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses,
 
Annotationen