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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.3682#0042
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J. Callot. Federzeichnung für ein trigonometrisches Manuskript, Wien, Albertina.

unter die falschen Zuschreibungen.1 Es ist
nicht anzunehmen, daß wir in der Agramer
Skizze eine harmlose Kopie vor uns haben.
Dagegen spricht ihr absonderliches Verhältnis
zur Vorlage. Die einheitliche Szene der
Radierung ist auf der Zeichnung in zwei
getrennten, übereinander angeordnetenTeilen
dargestellt, in welcher Beziehung das Agramer
Blatt 11 Federskizzen zu dem »verlorenen
Sohn« (M.53—63) in der Eremitage (Nr. 1458,
1487—96) ähnlich ist. Die stilistischen Merk-
male der Petersburger Zeichnungen lassen
jedoch die Annahme der Autorschaft Callots
zu. Bei der Agramer Zeichnung handelt es
sich wahrscheinlich um eine bewußte Fäl-
schung. Zur Zeit, da J. Weikhard die Zeich-
nungen in Frankreich erstand, in den Jahren
1670 bis 1672, waren Callots Zeichnungen
bereits begehrte Sammelobjekte. Was die
10 Bettlerzeichnungen anbelangt, so muß ich
allerdings mit A. Schneider ihre künstlerische
Qualität anerkennen, was mich aber nicht
hindert, sie dennoch nicht für Original-
zeichnungen Callots zu halten.

Hermann Nasse, der von A. Schneider
um seine Meinung über die Zeichnungen befragt wurde, denkt an Kopien von Stefano della Bella. Er konstatiert an den
Zeichnungen, sie mit den Radierungen vergleichend, Verbreiterungen, Veränderungen des Gesichtsausdruckes ins Liebens-
würdige, Verschleierung der Körperformen unter den Gewandfalten.

Der Gesichtsausdruck ist auf den Zeichnungen in der Tat oft bis ins Charakterlose verschwommen.
Z. B. M. 704: Gesichtsausdruck auf der Radierung bösartig, auf der Zeichnung nur greisenhaft.
M. 702: Besonders der Gesichtsausdruck des stehenden Knaben verändert.

M. 688: Auf der Zeichnung ist der Gesichtsausdruck ganz unklar, die Augen, besonders das linke, verschwinden
im Dunkel. Auf der Radierung dagegen eine ausgesprochene Raubvogelphysiognomie.

M. 699: Der Kopf auf der Zeichnung in die Länge gezogen. Das feste Zusammenpressen der Lippen, das der Frau
auf der Radierung einen bösartigen Ausdruck verleiht, fehlt auf der Zeichnung.

M. 700: Auf der Zeichnung ist das Gesicht wiederum verlängert, unklare Bildung der Augen und des Mundes,
eine wie gebrochen aussehende Nase.

Als Beispiele scharf ausgeprägter Physiognomien unter Callots Zeichnungen vergleiche man die 28 karikaturi-
stischen Köpfe in der Eremitage (Nr. 940—967).

Eine Schwäche verraten die Zeichnungen auch in dem Umstände, daß auf ihnen gewisse Längsfalten, die auf den
Radierungen die verschatteten Gewandpartien klar und bestimmt gliedern, nicht zum Ausdruck kommen, obwohl sie
nicht übergangen sind. In ganz unwichtigen äußerlichen Details stimmen die Zeichnungen oft vollkommen mit den
Radierungen überein.

Die »Bettler« gehören übrigens zu den meist kopierten Gestalten Callots. Nachzeichnungen nach ihnen sind mir
begegnet: im kgl. Kupferstichkabinett in Berlin, im Louvre, im Czartoryski-Museum in Krakau und im Warschauer
Kunstverein.

Nach Meaume hat Robert-Dumesnil 12 Originalzeichnungen zu den »Bettlern« besessen. 8 von diesen gelangten
in Salis und Thierys, die restlichen in Meaumes Besitz. Nach E. Bruwaert soll heute Abbe Renauld in Nancy, ein Enkel
Thierys, 12 Zeichnungen zu den »Bettlern« aufbewahren.

PETERSBURG, EREMITAGE.

1073 Zeichnungen.

I. 52 ZEICHNUNGEN, AUS DEM KABINETT COBENZL STAMMEND.

Sie sind auf dunkelviolettem Karton aufgezogen und tragen das Monogramm Pauls I.

1 Nicht so bei Nasse, der sie in seiner Caüot-Monographie auf T. 33 b als Zeichnung Callots reproduziert.

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