mit Fransen besetzten Kapuzen,1 das eng anliegende Kleid der Dalila, Trachten, die in der Mode des XIV. Jahrhunderts
Analogien haben, weisen auf die Benutzung einer älteren Vorlage.2
Meine Betrachtung führt somit zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Untersuchung über die Zeichnungen in
Bergamo und das Figurenalphabet des Meisters E. S. Auch das Holzschnittalphabet von 1464 ist keine originale
Schöpfung, wie bisher allgemein angenommen wurde. Auch dieses Werk stellt sich als freie Bearbeitung eines älteren
Vorbildes dar, eines Vorbildes, das uns in den Miniaturen treuer überliefert ist als in den Holzschnitten und das vielleicht
lange durch die Musterbücher der Miniaturmaler wanderte, bevor es durch xylographische Vervielfältigung zu allgemeinem
Ansehen gelangte; eines Vorbildes, dessen Entstehungszeit und künstlerische Heimat zu bestimmen ich zögere, solange
der Urtext nicht anders als getrübt und gewandelt durch die Übersetzung in das Formempfinden des späteren XV. Jahr-
hunderts der Beurteilung vorliegt. Betty Kurlh.
1 Ähnliche Kapuzen finden sich z. B. in der Handschrift des Wilhelm von Oranse von 1334 in der Landesbibliothek zu Kassel. Vergl. Alwin
Schultz, Deutsches Leben im XIV. und XV. Jahrhundert. Wien, 1892, II, Fig. 288/89, S. 366.
2 Wenn ich nach meiner Empfindung allein urteilen dürfte, würde ich das Urbild der allerdings wesentlich veränderten Miniaturinitialen mit
Hinblick auf den Faitenstil und die Haltung einzelner Figuren noch dem XIII. Jahrhundert zuweisen.
Vermischte Nachrichten
Louis Jacoby. Ölgemälde von Ludwig Michalek (1906).
Louis Jacoby zum neunzigsten Geburtstage.
Am 7. Juni des laufenden Jahres begeht Professor Louis
Jacoby in Grunewald bei Berlin, wo er den Abend eines an
Arbeit und Erfolgen reichen Lebens verbringt, seinen neun-
zigsten Geburtstag. In der Zahl derer, die sich mit ihren
56
Glückwünschen zu diesem seltenen Fest einstellen, darf
auch die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst nicht
fehlen, ist doch Jacoby, fast vor einem halben Jahrhundert,
an ihrer Wiege Pate gestanden und hat in ihrem Auftrage
das Werk geschaffen, das ihm und der Gesellschaft zu
gleich hohem Ruhm gereicht: den meisterhaften Stich nach
Raffaels Schule von Athen. Zu Havelberg in der Mark
Brandenburg geboren und zu Berlin in Mandels Werkstatt
ausgebildet, wurde Jacoby durch Eitelbergers Bemühung
im Jahre 1863 nach Wien an die Akademie der bildenden
Künste berufen, um die seit Stöbers Tod (1858) verwaiste
Professur für Kupferstich zu übernehmen. Bis zum Jahre
1882, wo er die Stellung eines künstlerischen Beirates der
kaiserlichen Reichsdruckerei zu Berlin übernahm, hat er in
Wien schaffend und lehrend segensvoll gewirkt. Als bei
Jacobys Abschied von Wien die »Graphischen Künste« eine
Würdigung des Meisters brachten, hat einer seiner Schüler,
Ludwig Michalek, die Züge des verehrten Lehrers im Bilde
festgehalten; das jetzt diesen Zeilen vorgesetzte Bildnis,
ein Werk derselben Hand, stammt schon aus den Jahren
der wohlverdienten beschaulichen Ruhe. D. R.
Valerian von Loga (gestorben am 24. Juni 1918) zum
Gedächtnis.
In Friedenszeiten entlockte dem Leser geschichtlicher
Aufzeichnungen die gelegentliche Nachricht eines Chro-
nisten über einen seiner Helden: »seine Spur verschwindet
in den Stürmen des Bauernkrieges« oder »die Wogen des
dreißigjährigen Krieges verschlingen seine weiteren Schick-
sale« wohl die nachdenkliche Frage: Wie ist es möglich,
daß ein Krieg, dem die ganze Welt mit gespannter Auf-
merksamkeit folgt, das Einzelgeschick auch beachtlicher
Menschen so völlig in seine undurchdringlichen Pulver-
wolken hüllt, daß nach deren Verschwinden nur namenlose
Schädel dem Besucher des Blachfeldes entgegenstieren?
Und heute?! — In höherem Maß als je ist dieser Weltkrieg
ein »buitre carnivoro«, aber er droht, auch Denken,
Analogien haben, weisen auf die Benutzung einer älteren Vorlage.2
Meine Betrachtung führt somit zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Untersuchung über die Zeichnungen in
Bergamo und das Figurenalphabet des Meisters E. S. Auch das Holzschnittalphabet von 1464 ist keine originale
Schöpfung, wie bisher allgemein angenommen wurde. Auch dieses Werk stellt sich als freie Bearbeitung eines älteren
Vorbildes dar, eines Vorbildes, das uns in den Miniaturen treuer überliefert ist als in den Holzschnitten und das vielleicht
lange durch die Musterbücher der Miniaturmaler wanderte, bevor es durch xylographische Vervielfältigung zu allgemeinem
Ansehen gelangte; eines Vorbildes, dessen Entstehungszeit und künstlerische Heimat zu bestimmen ich zögere, solange
der Urtext nicht anders als getrübt und gewandelt durch die Übersetzung in das Formempfinden des späteren XV. Jahr-
hunderts der Beurteilung vorliegt. Betty Kurlh.
1 Ähnliche Kapuzen finden sich z. B. in der Handschrift des Wilhelm von Oranse von 1334 in der Landesbibliothek zu Kassel. Vergl. Alwin
Schultz, Deutsches Leben im XIV. und XV. Jahrhundert. Wien, 1892, II, Fig. 288/89, S. 366.
2 Wenn ich nach meiner Empfindung allein urteilen dürfte, würde ich das Urbild der allerdings wesentlich veränderten Miniaturinitialen mit
Hinblick auf den Faitenstil und die Haltung einzelner Figuren noch dem XIII. Jahrhundert zuweisen.
Vermischte Nachrichten
Louis Jacoby. Ölgemälde von Ludwig Michalek (1906).
Louis Jacoby zum neunzigsten Geburtstage.
Am 7. Juni des laufenden Jahres begeht Professor Louis
Jacoby in Grunewald bei Berlin, wo er den Abend eines an
Arbeit und Erfolgen reichen Lebens verbringt, seinen neun-
zigsten Geburtstag. In der Zahl derer, die sich mit ihren
56
Glückwünschen zu diesem seltenen Fest einstellen, darf
auch die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst nicht
fehlen, ist doch Jacoby, fast vor einem halben Jahrhundert,
an ihrer Wiege Pate gestanden und hat in ihrem Auftrage
das Werk geschaffen, das ihm und der Gesellschaft zu
gleich hohem Ruhm gereicht: den meisterhaften Stich nach
Raffaels Schule von Athen. Zu Havelberg in der Mark
Brandenburg geboren und zu Berlin in Mandels Werkstatt
ausgebildet, wurde Jacoby durch Eitelbergers Bemühung
im Jahre 1863 nach Wien an die Akademie der bildenden
Künste berufen, um die seit Stöbers Tod (1858) verwaiste
Professur für Kupferstich zu übernehmen. Bis zum Jahre
1882, wo er die Stellung eines künstlerischen Beirates der
kaiserlichen Reichsdruckerei zu Berlin übernahm, hat er in
Wien schaffend und lehrend segensvoll gewirkt. Als bei
Jacobys Abschied von Wien die »Graphischen Künste« eine
Würdigung des Meisters brachten, hat einer seiner Schüler,
Ludwig Michalek, die Züge des verehrten Lehrers im Bilde
festgehalten; das jetzt diesen Zeilen vorgesetzte Bildnis,
ein Werk derselben Hand, stammt schon aus den Jahren
der wohlverdienten beschaulichen Ruhe. D. R.
Valerian von Loga (gestorben am 24. Juni 1918) zum
Gedächtnis.
In Friedenszeiten entlockte dem Leser geschichtlicher
Aufzeichnungen die gelegentliche Nachricht eines Chro-
nisten über einen seiner Helden: »seine Spur verschwindet
in den Stürmen des Bauernkrieges« oder »die Wogen des
dreißigjährigen Krieges verschlingen seine weiteren Schick-
sale« wohl die nachdenkliche Frage: Wie ist es möglich,
daß ein Krieg, dem die ganze Welt mit gespannter Auf-
merksamkeit folgt, das Einzelgeschick auch beachtlicher
Menschen so völlig in seine undurchdringlichen Pulver-
wolken hüllt, daß nach deren Verschwinden nur namenlose
Schädel dem Besucher des Blachfeldes entgegenstieren?
Und heute?! — In höherem Maß als je ist dieser Weltkrieg
ein »buitre carnivoro«, aber er droht, auch Denken,