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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.6491#0013
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»Zeichnungen der Hochrenaissance«. Berlin 1925, und vier im Katalog
der Albertina I, »Die Zeichnungen der venezianischen Schule«) sind
diesbezüglich ganz verschieden. Weder der gesicherte Zusammenhang
mit einem erhaltenen Gemälde noch technische Eigentümlichkeiten ver-
anlaßten diese Zuschreibungen, sondern wie bei unserem Blatt die Ein-
fühlung in Lottos künstlerische Persönlichkeit und seinen Stil.

Eine Tintorettozeichnung in München.

Unter den vorerwähnten »Palma Giovine-Zeichnungen« in München
(Nr. 412 I und II), die schon verschiedene andere Funde ergaben, befindet
sich auch eine Zeichnung von Tintoretto (Abb. 4). Das Blatt zeigt die
Aktfigur eines stehenden Mannes mit erhobenem rechten Arm, in der
Hand einen Stein; er ist im Begriff", ihn auf jemanden zu schleudern,
dessen Platz links unten wir aus der Blickrichtung der nur andeutungsweise
gegebenen Augen entnehmen können. Weiche Kreidezüge in Wellen-
kontur bilden energische Umrisse, kurze Bogenlinien umgrenzen den
Körper und formen zugleich die Plastik der Muskelpartien; manieriert
scheinen die Striche um ihrer selbst willen zu schwingen und dienen doch
restlos der Darstellung der Gestalt, dem Herausarbeiten der plastischen
Erscheinung aus dem Papiergrund.

Das Blatt könnte eine vorbereitende Studie für die »Steinigung des
hlg. Stephanus« in S. Giorgio Maggiore in Venedig sein. Auf dem
Gemälde befindet sich rechts und links je eine stehende, bekleidete Figur, die auf den Heiligen Steine wirft; für die
Rechte von den beiden mag unser Blatt ein erster flüchtiger Gedanke gewesen sein, der fallen gelassen wurde, als die
beiden im Sinne der Komposition stärker seitlich gewendeten Gestalten entstanden.

Die Zeichnung ist die Rückseite von dem als Nr. 167 im I. Band eingeklebten Blatt und mißt 143 X \ \2mm.

L. Fröhlich-Bum.

. Tintorett

Zu Wenzel Hollars »Karl II. von England nach Abraham van Diepenbeck«.

In der Kupferstichsammlung der Veste Coburg befinden sich von Hollars Stich »Karl II. von England nach Abraham
van Diepenbeck« zwei verschiedene Zustände, die weder bei Parthey1 noch hei Sollmann.2 Wessely3 und Borovsky4
Erwähnung finden.

Der Stich, der ja bei Parthey unter der Nummer 1444 genau beschrieben wird, zeigt in seinem ersten Zustand
(Abb. 1) den König mit jugendlich weichem Angesicht und lang wallenden Locken. Auf der Oberlippe sproßt gerade der
erste Flaum. Auf dieses jugendliche Bildnis bezieht sich sicher auch die Angabe im Winklerschen Versteigerungskatalog
von 1802 und bei Kramm 6, daß der Kopf nicht von Hollar, sondern von Caukercken sei. Gegen Hollar spricht das Fehlen
seiner feinen Modellierung in Punktmanier, dagegen entspricht das Herausarbeiten in Linien (eine mehr französische Art)
ganz dem sonstigen Stil Caukerckens, und ein Zusammenarbeiten der beiden Stecher, die sich gleichzeitig in Antwerpen
aufhielten, ist sehr einleuchtend. Zu verneinen ist aber meines Erachtens die Behauptung des Towneleyschen Verstei-
gerungskatalogs von 1818. daß der Kopf von Pontius sei, denn mit der Eigenart dieses Rubensstechers läßt sich keine
Übereinstimmung linden. Wann ist nun dieses Blatt entstanden? Eugen Dostal0 datiert es auf das Jahr 1650, und das ganze
Aussehen des Königs läßt ja darauf schließen, daß wir einen etwa Zwanzigjährigen vor uns haben. Diese Datierung ergibt
sich auch aus dem Vergleich mit dem Hollarstich P. 1440 »Karl II. nach van Hoeck«. der die Zahl 1650 trägt und nach dem

1 Wenzel Hollar, Beschreibendes Verzeichnis seiner Kupferstiche, 1853 und Ergänzungen von 1858 und 1866.

'-' Die Hollarsammlung des Herzogl. Kupferstichkabinetts auf der Veste Coburg in Naumanns Archiv für die zeichnenden Künste XI, 1865.
:| Supplemente zu den Handbüchern der Kupferstichkunde. Repertorium f. Kunstwissenschaft IV. 1880.
1 W. Hollar, Ergänzungen z. H. Partheys beschreihendem Verzeichnis seiner Kupferstiche 1898.
ß De Levens en Werken 1857.

0 Vaclav Hollar, Frag 1024, Abb. Taf. 30. (Auch er scheint von einem weiteren Zustand nichts zu wissen.;
 
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