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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.6493#0033
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scheint mir nun, ganz abgesehen von seiner allgemeinen Geltung als Künstler und als Mensch, hauptsächlich darin zu
liegen, daß er über drei Eigenschaften verfügte, die für einen Lehrer von der größten Wichtigkeit sind, weil er sie an seine
Schüler weitergeben kann, weil diese daraus unmittelbaren Nutzen ziehen können. Es sind dies: Zuerst seine un-
erschütterliche Überzeugung, daß die Natur die Grundlage aller Kunst ist. Gewiß, sie ist nicht die einzige — die Phantasie
steht ihr mindestens ebenbürtig gegenüber —, aber sicher ist die Natur die zuverlässigste und gesündeste Grundlage der
Kunst. Und diese Überzeugung ist lehrbar. Dann seine einwandfreie, mustergültige Beherrschung des Handwerks. Auch
technisches Können läßt sich lehren. Schließlich seine Verwurzeltheit in der Altwiener Tradition und seine Hochachtung
vor ihr. Auf gute alte Meister kann ein Lehrer ebenso mit Erfolg hinweisen wie auf die Natur. Diesen drei übertragbaren
Eigenschaften gesellt sich bei Schmutzer eine vierte, die nicht zu übermitteln ist, aber ungemein vorbildlich wirkt: seine
Volkstümlichkeit. Gewiß ist das Bildnis einer der beliebtesten und bekanntesten Zweige der bildenden Kunst, und gewiß
ist die vervielfältigende Kunst der Radierung besonders dazu geeignet, es in weiteste Kreise hinauszutragen. Schmutzers
Volkstümlichkeit hat aber noch andere Quellen: seine Treffsicherheit, seinen Geschmack, seine ebenso schwungvolle
wie gediegene und sauber ausführende Technik und nicht zuletzt sein gewinnendes Wienertum, worin eine innerlich
gefestigte Persönlichkeit durch heitere und liebenswürdige Ungezwungenheit angenehm umspielt und gehoben wurde.
Volkstümlichkeit aber ist gerade in unserer Zeit, da Volk und Kunst so weit auseinandergeraten sind, für einen Künstler,
der über den Verdacht, um den Beifall des Publikums mit unerlaubten, niederen Mitteln zu buhlen, so erhaben ist wie
Schmutzer, eine keineswegs geringzuschätzende Sache. Wenn die Kunst nur für eine Handvoll Snobs da sein soll, wird
sie gar bald gänzlich abdorren. Es ist kein Wort darüber zu verlieren, daß es außerordentlich hochstehende und erfolg-
reiche akademische Lehrer geben kann, die diese vier Eigenschaften nicht im selben Ausmaß wie Schmutzer, die eine
oder andere davon vielleicht überhaupt nicht besitzen, aber mich dünkt, ein Lehrkörper ist glücklich zu preisen, wenn
ihm ein Ferdinand Schmutzer angehört, den als gute Geister gesunder Naturalismus, hohe handwerksmäßige Tüchtigkeit,
heimatliche Tradition und edle Volkstümlichkeit begleiten, und die studierende Jugend ist es, wenn sie einen Mann wie
ihn zum Lehrer hat, dem sie sich beruhigt anvertrauen kann. Führt er sie auch nicht in Kirchen der Kunst, so führt er
sie in gesunde, luftige Wohnhäuser, und vor Irrwegen ist sie unter ihm ebenso sicher wie vor gewagten Experimenten.

Der Künstler Schmutzer wird in seinen Werken weiterleben. Den lieben, kernigen, schlichten, treuen, sonnigen
Menschen aber haben wir unwiederbringlich verloren. Er ist, wie unser beschränkter Sinn vermeint, vor der Zeit den
dunklen Weg gegangen, der auf uns alle wartet. Angesichts der schweigenden Majestät des Todes aber wissen wir nichts
Tieferes zu denken und nichts Schöneres zu sagen als die Verse Goethes:

»Des Todes rührendes Bild steht

Nicht als Schrecken dem Weisen und nicht als Ende dem Frommen.

Jenen drängt es ins Leben zurück und lehret ihn handeln.

Diesem stärkt es zu künftigem Heil im Trübsal die Hoffnung.

Beiden wird zum Leben der Tod.«

II. Verzeichnis von Ferdinand Schmutzers Radierungen aus den Jahren 1921 bis 1928.

Vorbemerkung.

Im folgenden erfüllt der Unterzeichnete eine Ehrenpflicht gegen den zu früh dahingegangenen Freund und löst das
in den »Graphischen Künsten«, LH. Jg. (1929), S. 75/76, gegebene Versprechen ein: er führt die Liste von Ferdinand Schmutzers
Radierungen zu Ende und ergänzt das von ihm 1921 verfaßte Verzeichnis1 auf die Jahre 1921 bis 1928.

Zu dem 1922 erschienenen Buch ist nicht viel nachzutragen:

1. Zu Nr. 140: Mathilde Sieghart. Ein übersehener I.
Zustand, der nur den Kopf zeigt und bei dem die Platte
noch 400 : 300 mm groß ist.

2. Zu Nr. 215: Max Mayr, der Verfasser des »Wienerischen«
(Wien 1924) und der »Wiener Redensarten« (Wien 1929).
Die 1918 begonnene Platte wurde erst 1923 vollendet.
Auf dem endgültigen Zustand sind zu Radiernadel und
Polierstahl des I. noch Feile, Roulette und kalte Nadel
hinzugekommen. Der Dargestellte ist in halber Figur zu
sehen. Er sitzt in einem Lehnstuhl nach rechts, hat das
linke Bein über das rechte geschlagen und hält mit beiden

Händen ein Heft. Er hat ziemlich langes, weißes Haar, das

von links nach rechts gekämmt ist, und einen Spitzbart.

Im Buch als zu unbedeutend nicht verzeichnet: Kranker

im Bett. 136 : 96. Skizzenhafte Atzung.

Ebenso: Exlibris Else Pollack v. Parnegg. 74 : 62,

124:81. Atzung. Signiert: »F. Schmuteer*. In einem

aufrechten Oval Flügelhelm mit siebenzackiger Krone.

Darunter Schild mit Schwan (Braunau). Links und rechts

vom Helm die Buchstaben E und P. In dem Schriftband

um das Oval die Worte: »Arbeit und Ehre«.

I. Ohne Bildfeld und Signatur. II. Mit dieser und jenem.

Von den von Hans Ankwicz-Kleehoven in seinem Aufsatz »Prof. Ferdinand Schmutzers Exlibris-Radierungen« im
»Österreichischen Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgraphik 1927, 1928« auf S. 17 erwähnten Exlibrisblättchen für

i Das radierte Werk von Ferdinand Schmutzer, 1886 — 1921. Ein Verzeichnis von Arpad Weixlgärtner. Mit einer Originalradierung und
184 Abbildungen. Wien 1 S>22.

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