Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1930

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6493#0056
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abb. 7. Antonio Canal, Gesamtansicht des Prato, Padua. Zusammengesetzt aus Radierung 6 und 7.

licht durch die Gebäudereihe, der der Blick in die Bildtiefe nach dem Hintergrund folgt, zwischen den Pfeilern sichtbar,
während die Fernsicht links durch die Hügelketten verstellt ist. Parallel zu dieser Blickrichtung laufen weitere Raum-
diagonalen, die zwei Hügelkämme, und zwischen ihnen der Taleinschnitt. Dieser Richtungszug ist als Flächendiagonale
fortgesponnen durch das Repoussoir — die Fluchtlinie der Pfeilerplatten deckt sich mit der Hauptdiagonalen — und durch
die Silhouettierung der hellgehaltenen Erdwelle im Vordergrund: sie steigt von links im gleichen Winkel an. Ihr Abfall
nach rechts und die gegen den Himmel stehenden Umrisse der Berglehnen bilden den anderen Balken des Kreuzes. In
den Tonwerten bildet das Blatt mit den genannten anderen gleichfalls eine Gruppe. Die Ätzzeichnung der Großblätter und
auch der topographisch treuen Vedutinen geht entschlossen und kräftig in die Tiefe, die hier herausgehobenen Idealveduten
hingegen sind mit zarter Nadel gezeichnet, gleichsam nur leicht hingehaucht. Voss, a. a.O., charakterisiert diese als »vorweg-
genommenen Guardi«. In Blatt 24 (26) ist diese Arbeitsweise fast zu weit getrieben, es wirkt allzu skizzenhaft und
dadurch flüchtig1 oder unfertig. Die Abdrucke dieser Gruppe existieren — abgesehen von den minimalen Etatunterschieden
der Nrn. 19 (23) und 22 (24) — auch nur in jeweils einem unveränderten Plattenzustand.

VI. Die Radierungen Nr. 14 (18) und 17 (16) vor dem Titel.

Die graphische Sammlung König Friedrich Augusts II. (Sekundogenitur Dresden) besitzt die Nrn. 14— 20 (18, 15,
22, 16, 21, 23,27) im I. Zustand, das heißt vor dem Titel. Nach de Vesme sind diese Blätter sehr selten, sie sind ihm nur
aus der Ambrosiana in Mailand bekannt, außer 14 (18) und 17 (16), die auch dort nicht vorhanden sind und somit im
Katalog de Vesme fehlen. Diese zwei frühen Zustandsdrucke sind daher nachzutragen, wohl auch als Unica.

VII. Die kompositioneile Zusammengehörigkeit der Radierungen Nr. 6 und 7 (respektive 8 und 7).

Die zwei Veduten vom Prato della Valle in Padua fallen aus den beiden technisch wie kompositioneil einheitlichen
Gruppen heraus. Die in den zwei Blättern wiedergegebenen, ziemlich reizlosen Platzflächen sind, scheinbar unbegründet,
in Aufsicht gegeben; sie steigen bis zu einem allzu hohen Horizont, so daß sie jeweils die volle Hälfte der Bildtafel
beanspruchen. Ihre Belebung durch einige hundert Staffagefigürchen will auch nicht recht gelingen. Und die jähe Ver-
kürzung der Seitenfluchten, die auf die hintere Platzseite zulaufen, gefährdet eher die beabsichtigte Raumwirkung, als sie zu
verstärken. Besonders der wenig schmackhafte Ausschnitt in Blatt 7 (7) scheint ein Mißgriff und kann nicht befriedigen.

Legt man nun aber die Blätter dicht nebeneinander, 6 (8) links, 7 (7) rechts, so erlebt man die Überraschung, daß
sie zusammen ein geschlossenes Bild ergeben: Die Gesamtansicht des Prato, des historischen Schauplatzes der Pferde-
rennen und Jahrmärkte, in der Nachmittagsonne (Abb. 7).- Im Einklang mit allen Paduaner Dimensionierungen gehört
der Prato (heute Piazza Vittorio Emanuele II) zu den größten Plätzen der Welt. Seine längste Seite mißt rund 430 m, die
im Bild in frontaler Ausdehnung samt den flankierenden Seitenfluchten wiedergegeben ist. Die wenig dankbare Aufgabe,
den riesigen, etwas öden Platz in eine typische Ansicht zusammenzuraffen bei tunlichster Wahrung der topographischen
Gegebenheiten, war nur durch eine außergewöhnliche Proportionierung zu bewältigen (Höhe zu Breite wie 1 :2-9). Dieses

1 Besonders bei diesen Blättern scheint mir die Bezeichnung •««n tecnica di ctrla spigliatezza* von G. Ferrari, I diu Canaletto, Turin HU 4.
Seite 15, zutreffend.

- Die Gesamtansicht als Ölgemälde Nr. 107 im Museo Artistico Poldi-Pezzoli, Mailand, im Katalogvon 1911 als Bernardo Beiotto, hoch 0'39(«,
breit 0-88 m, d. h. die beiden zusammengesetzten Radierungen dehnen sich noch um ein Fünftel mehr in die Breite als das Gemälde.

— 52 —
 
Annotationen