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1. HISTORISCHER THEIL.

Indolenz hinweggeräumt2™). Man rechnete wohl auch ohnedies auf ihr allmähliches
Verschwinden, da die herlichen weissen Marmorstücke, bereits so passend zerbro-
chen oder leicht zu zerschlagen, ein unübertreffliches Material zum Kalkbrennen dar-
boten; waren gar Figuren darauf, so war die Vernichtung ein frommes Werk27').
Aehnlich ergieng es draussen den herabgestürzten Giebelfiguren: sie wanderten in
den Kalkofen oder wurden zerschlagen27*); im besten Falle Hess man sie liegen
und begrub sie unter elenden Häuschen, die nun von neuem den ganzen Boden der
Akropolis bedeckten (Taf. I, 4 Nebenz.) 27il), oder man vermauerte sie ganz und
gar als Werksteine in irgend einen Neubau280). Der einmal begonnene Ruin und
die Wuth gegen die Urheber desselben mögen die Türken bewogen haben ein so
ganz anderes Verfahren einzuschlagen, als sie es früher mehr als zwei Jahrhunderte
beobachtet hatten; ja selbst mnthwillige Zerstörungslnst ohne jeglichen weiteren
Zweck machte sich jetzt geltend2''1). Nur der unglaubliche Reichthum der Akro-
polis an Marmorschätzen und die Winzigkeit der türkischen Bauten macht es be-
greiflich dass nicht alles zu Grunde gieng. Aber man erschrickt doch, wenn man
nach sechzig Jahren wieder vor den Parthenon geführt wird und den damaligen
Zustand des Westgiebels mit dem von 1688 — von 1674 ganz zu schweigen —
vergleicht. Der junge Lord Charlemont machte im Jahre 1749 in Begleitung einiger
andrer Herren und des Zeichners Rieh. Dalton eine Orientreise, auf welcher auch
Athen besucht ward282). Hier war Dalton in ähnlicher Weise wie früher Carrey
thätig. Einige manierierte Frieszeichnungen und Metopen sind minder erheblich,
höchst interessant aber ist eine genaue Darstellung der Westseite (Hilfstaf. Fig. 1).
Fast alle Figuren im Giebel erscheinen viel stärker beschädigt als zu Carreys Zeit,
von zwölf Köpfen z. B. sind nur noch zwei übrig. Nicht die Hälfte der Figuren
steht noch an ihrem Platz, die anderen sind mit dem Geison darüber zusammen-
gebrochen ; theils liegen sie noeh oben, hingestreckt oder an andere angelehnt,
theils sind sie den Rossen Morosinis nachgestürzt. Da unten liegt die Athena, ihr
Rival ist zur Hälfte oben, zur anderen unten zu entdecken, andere Figuren sind
ganz verschwunden. Es ist kaum denkbar dass diese Verwüstung allmählich von

276j Sie sind bei Stuart sichtbar; Hobhouse Joumey I, 338 erwähnt noch 1810 the enonnous
masses of marble mins whieh are spread upc/n the arta of the Temple. vgl. S. 342.

zir) Kevett ant. of Ath. IV, 40 erwähnt den immense heup of the ruins in der Cella und be-
merkt weiter: The whole of these materials, to out great regtet, were promiscuously consumed in the
furnace, with their Ornaments of seulpiure and architecture, for the purpose of making Urne to patch
up the ruinous walls of the Acropolis. Vgl. Chandler Tran. II Kap. 10. Dodwell class. tour I, 324
olhers, und particularly the bas-reliefs, were bumt into Urne. Wahrscheinlich verloren die Propyläen
auf gleiche Weise ihren Giebel, welchen Verneda lliST nach der Belagerung noch sah, Stuart und
Le Roy aber nicht mehr vorfanden.

278) (Hamilton) Memor. S. 8 many of the statues over the entrance of the Temple of Minerva,
whieh had been thrown down by the explosion (?), had been pounded for mortar, beeause they offered
the whitest marble within reach; and the parts of the modern fortification, -and the miserable houses
where this mortar had been so applied, are easily traeed. Ein charakteristisches Beispiel ebda S. 15
(s. u. Audi. 310). Hobhouse Joumey I, 340 f.

2W) Memor. S. 14 (Absehn. III, Kinl. zu Taf. VIII). Hobhouse a. O. I, 340.

2») Chandler Trav. II Kap. 10. Memor. S. 10. Dodwell elass. tour I, 324. Ross arch. Aufs.
I, 92. Vgl. zu Üstfr. PI. V.

281) Chandler a. O. Memor. S. 8. S. dagegen Dodwell 1, 325. Schon Nointel gedachte de
l'injure et des affronls qui leur sont faits par les Tuns, qui, pour eviter une Idolatrie imagmaire,
croyent faire une oeuvre meritoire en Uur arrachant le nee ou quelque autre partie (Laborde Ath. I,
125).

SB) Abschn. II § 9.
 
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