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I. HISTORISCHER THEI1,.

höchst resultatreiche Untersuchungen über Anlage und Zweck des Parthenon vertieft,
dem Tempel ein ganz eingehendes Studium widmete und seine Ansichten und Ver-
muthungen meistens durch den neu aufgedeckten Sachverhalt glänzend bestätigt
fand393). Da die oben gegebene Schilderung des Gebäudes zum grossen Theil auf
diesen Forschungen beruht, so wird es hier genügen, auf die genauere Untersuchung
der Gitter in den Vorhallen und der grossen Doppelthüren, auf den Nachweis der
beiden Verbindnngsthüren zwischen Hekatompedos und Opisthodom und der Schran-
kenspuren in jenem. auf den theilweisen Abbruch der Apsisreste und die Fort-
schaffung mancher Schutthaufen, endlich auf den Fund eines Friesstückes (Süd-
fries XIV) hinzuweisen. Böttichers Untersuchungen über den Stereobat und die Cur-
ven sind dagegen später von dem in Athen thätigen Architekten Ziller berichtigt
worden394).

76 Ein Uebelstand machte sich übrigens schon seit 1835 geltend. Da man sämmt-

liche modernen Bauten der Akropolis, soweit sie uicht bereits während der Be-
lagerung zerstört worden waren, abbrach, fehlte es sehr an einem geeigneten Obdach
für die aufgefundenen Skulpturen. Und doch bedurfte es dessen, zum Schutz nicht
bloss gegen die Witterung, sondern auch gegen die Zerstörungslnst oder Habgier
rücksichtsloser Fremden, die mehr als einmal den Reliefs rohe Beschädigungen zu-
fügten ; es mag wohl eine Art Rache gegen Lord Elgin sein dass, wie in Italien
die Inglesi, so auch in Athen fast immer die Engländer dieser Unthaten beschuldigt
werden395). Man barg also die Stücke theils in der geräumigen Cisterne westlich
unterhalb des Parthenon (Taf. I, 4), theils in der Moschee, sobald diese (März 1835)
vom bairischen Militär geräumt worden war39H), theils wurden sie an die Nordwand
des Opisthodom gelehnt. Aber die Moschee stürzte 1842 theilweise ein, und der
Rest muste abgebrochen werden397). Von den obdachlos gewordenen Bildwerken
vurden die kleineren nach der bei Pittäkis beliebten 'Rettungsart' in den kellerartigen
Cisternen der Burg, sehr häufig tief unter haufenweis aufgeschichteten Bruchstücken
versteckt und sicherer Beschädigung preisgegeben 3!ls). Später ist auch die Cisterne beim
Parthenon beseitigt worden399; : es war ein Wunder wenn es nunmehr gelang
ihres ehemaligen Inhaltes in seinen neuen Verstecken ansichtig zu werden. Andres
lag, allen Unbilden des Wetters ausgesetzt, umher, die Hauptmasse im Opisthodom,
Metopenreste an der Nordseite unter Trümmern, fast unfindbar, Friesstückchen vor
dem Eingange zur Burg oder in dem Häuschen östlich vom Erechtheion. So sah
es 1860 auf der Akropolis aus — durfte man sich über Lord Elgin beklagen, so
lange zum notdürftigsten Schutze des kostbarsten Erbtheils der alten Hellenen von
ihren Nachkommen keinerlei Anstalt getroffen war? so lange die von der englischen
Regierung geschenkten Abgüsse sämmtlicher elginscher Bildwerke fern von den

Athen im Frühjahr 1862.

393) Bericht über die Untersuchungen auf der Akropolis von
Bert. 1863.

SM) Erbka.ms Zeitschr. f. Bauwesen 1865, 35 ff.

395) Koss Erinn. S. 83. De Saiilcy rev. arch. II, 274 u. ö.

396) So i. B. 1842 s. Welcker alte Denkm. I, 117 ff.

397) Welcker Tagebuch I, 91. Kl. Sehr. IV, 252.

398) Besonders in der Cisterne Taf. I, 4 bei 24. Vgl. Grenzboten 1862, I, -161 ff.

399) Newton fand sie 1852 noch vor (Transaction* V, 2), ich 1860 nicht mehr.
 
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