TAF. III—V. METOPEN, ALLG. BEMERKUNGEN. SÜDMETOPEN, EINLEITUNG. 127
TAFEL III. METOPEN, SÜDSEITE I—XXVHI.
Die Südseite ist die einzige, deren Metopen sich vermittelst der carreyschen 1
Zeichnungen vollständig übersehen lassen. Danach zerfallen sie in drei Abtheilungen.
Die westliche umfasst in zwölf Metopen Kentaurenscenen, meistens Kämpfe verschie-
denen Ausganges zwischen einem Kentauren und einem Lapithen — oder vielmehr,
wie Visconti (mem. S. 93) treffend bemerkt, einem Athener, der an die Stelle des
mythischen Lapithen getreten ist —; nur zwei (X. XII) zeigen Kentauren als Frauen-,
räuber. Diese Metopen ziehen sich an der Aussenseite des Tempels neben dem west-
lichen Pteroma, dem Tamieion und dem Opisthodomos hin. Bei der siebenten Säule,
grade da wo im Innern die grosse Scheidewand den Opisthodom vom Neos trennt,
beginnt eine Reihe anderweitiger, sehr verschiedenartiger Vorstellungen, die sich einer
sicheren Erklärung und damit auch dem Nachweis eines Zusammenhanges entziehen
(neun Metopen, XIII—XXI;. In der Mitte des elften Intercolumnium, einer Stelle
welcher im Innern des Gebäudes keine besondere Theilung entspricht, heben wieder
die Kentaurenscenen an, elf an der Zahl (XXII—XXXII). darunter drei, welche
Frauen statt der gewöhnlichen Lapithen aufweisen (XXII. XXV. XXIX). Jedoch ge-
hört vielleicht XXI, wenn die von mir unten vorgeschlagene Erklärung richtig ist,
ihrem Inhalt nach zu den Kentaurenmetopen, wo dann die acht ruhigeren, viel-
leicht (s. zu XVTII) paarweise angeordneten Metopen der Mitte von je zwölf zu-
sammengehörenden Platten eingefasst wären. Da in der Mitte der Nordseite Ken-
taurenmetopen in Scenen ans der Einnahme Troias eingeschoben sind, so könnte
man in den mittelsten Südmetopen troische Gegenstände inmitten der Kentauren ver-
muthen. Indessen möchte es schwer sein derartige Scenen in Met. XIII—XX glaub-
lich nachzuweisen.
Die südlichen Metopen sind ferner die einzigen, welche vermöge ihrer leidlichen 2
Erhaltung und ihrer leichteren Zugänglichkeit — nur I befindet sich noch am Platze,
ist aber auch in Abgüssen verbreitet — ein Urtheil über den Stil erlauben. Eine
genaue Prüfung der Originale hat mir meistens die treffenden Urtheile des Heraus-
gebers der Ancimt Marlies Bd. VII bestätigt (vgl. auch Beule Tacrop. II, 129 ff.) ;
leider ist es aber in der Lithographie nicht durchweg gelungen diese Stilverschieden-
heiten wiederzugeben, und ich muss auf Abgüsse oder die Kupfer jenes Praehtwerkes
verweisen.
Wir finden zunächst eine Reihe von etwas herberem, leise archaischem Charakter 3
(IV. VIII. XXVI. XXX. XXXI), wenn auch in sehr verschiedenen Abstufungen. Am
meisten tritt er in XXXI hervor; die Stellungen sind ungeschickt, kraftlos und zum Theil
unschön, die Muskeln mit der Härte archaischer Werke angegeben, das Kentaurenantlitz
hat etwas fratzenhaftes, das des Lapithen mit seinen fast etwas herausgequollenen Augen
gleicht einer Maske; Haar und Pubes sind wie glatte Wülste geformt (wie an den Metopen
von Olympia und an der Kerkyonsmetope des sog. Theseion Ant. of Ath. III, 13, 12.
Anc. marbl. IX, 21). Dieser Metope am nächsten steht XXVI, obgleich etwas mehr Zug
m den eher gewaltsamen als gewaltigem Bewegungen ist; von den Einzelheiten der Form-
gebung gilt das gleiche wie bei der vorigen; auch ist die Leere zwischen den Beinen der
Figuren sehr fühlbar. Bedeutend weniger macht sich die Herbigkeit in VIII geltend, am
meisten noch in der Körperbildung des Kentauren. Wahre Muster eines vollendeten und
schönen Archaismus sind IV und XXX, welche auch die edle Bildung der Kentaurenköpfe
mit einander gemein haben. In XXX sind die Haare beider Figuren sowie der Pferde-
schwanz wiederum glatte Wülste, in IV dagegen freier behandelt; auch die Härte tler
TAFEL III. METOPEN, SÜDSEITE I—XXVHI.
Die Südseite ist die einzige, deren Metopen sich vermittelst der carreyschen 1
Zeichnungen vollständig übersehen lassen. Danach zerfallen sie in drei Abtheilungen.
Die westliche umfasst in zwölf Metopen Kentaurenscenen, meistens Kämpfe verschie-
denen Ausganges zwischen einem Kentauren und einem Lapithen — oder vielmehr,
wie Visconti (mem. S. 93) treffend bemerkt, einem Athener, der an die Stelle des
mythischen Lapithen getreten ist —; nur zwei (X. XII) zeigen Kentauren als Frauen-,
räuber. Diese Metopen ziehen sich an der Aussenseite des Tempels neben dem west-
lichen Pteroma, dem Tamieion und dem Opisthodomos hin. Bei der siebenten Säule,
grade da wo im Innern die grosse Scheidewand den Opisthodom vom Neos trennt,
beginnt eine Reihe anderweitiger, sehr verschiedenartiger Vorstellungen, die sich einer
sicheren Erklärung und damit auch dem Nachweis eines Zusammenhanges entziehen
(neun Metopen, XIII—XXI;. In der Mitte des elften Intercolumnium, einer Stelle
welcher im Innern des Gebäudes keine besondere Theilung entspricht, heben wieder
die Kentaurenscenen an, elf an der Zahl (XXII—XXXII). darunter drei, welche
Frauen statt der gewöhnlichen Lapithen aufweisen (XXII. XXV. XXIX). Jedoch ge-
hört vielleicht XXI, wenn die von mir unten vorgeschlagene Erklärung richtig ist,
ihrem Inhalt nach zu den Kentaurenmetopen, wo dann die acht ruhigeren, viel-
leicht (s. zu XVTII) paarweise angeordneten Metopen der Mitte von je zwölf zu-
sammengehörenden Platten eingefasst wären. Da in der Mitte der Nordseite Ken-
taurenmetopen in Scenen ans der Einnahme Troias eingeschoben sind, so könnte
man in den mittelsten Südmetopen troische Gegenstände inmitten der Kentauren ver-
muthen. Indessen möchte es schwer sein derartige Scenen in Met. XIII—XX glaub-
lich nachzuweisen.
Die südlichen Metopen sind ferner die einzigen, welche vermöge ihrer leidlichen 2
Erhaltung und ihrer leichteren Zugänglichkeit — nur I befindet sich noch am Platze,
ist aber auch in Abgüssen verbreitet — ein Urtheil über den Stil erlauben. Eine
genaue Prüfung der Originale hat mir meistens die treffenden Urtheile des Heraus-
gebers der Ancimt Marlies Bd. VII bestätigt (vgl. auch Beule Tacrop. II, 129 ff.) ;
leider ist es aber in der Lithographie nicht durchweg gelungen diese Stilverschieden-
heiten wiederzugeben, und ich muss auf Abgüsse oder die Kupfer jenes Praehtwerkes
verweisen.
Wir finden zunächst eine Reihe von etwas herberem, leise archaischem Charakter 3
(IV. VIII. XXVI. XXX. XXXI), wenn auch in sehr verschiedenen Abstufungen. Am
meisten tritt er in XXXI hervor; die Stellungen sind ungeschickt, kraftlos und zum Theil
unschön, die Muskeln mit der Härte archaischer Werke angegeben, das Kentaurenantlitz
hat etwas fratzenhaftes, das des Lapithen mit seinen fast etwas herausgequollenen Augen
gleicht einer Maske; Haar und Pubes sind wie glatte Wülste geformt (wie an den Metopen
von Olympia und an der Kerkyonsmetope des sog. Theseion Ant. of Ath. III, 13, 12.
Anc. marbl. IX, 21). Dieser Metope am nächsten steht XXVI, obgleich etwas mehr Zug
m den eher gewaltsamen als gewaltigem Bewegungen ist; von den Einzelheiten der Form-
gebung gilt das gleiche wie bei der vorigen; auch ist die Leere zwischen den Beinen der
Figuren sehr fühlbar. Bedeutend weniger macht sich die Herbigkeit in VIII geltend, am
meisten noch in der Körperbildung des Kentauren. Wahre Muster eines vollendeten und
schönen Archaismus sind IV und XXX, welche auch die edle Bildung der Kentaurenköpfe
mit einander gemein haben. In XXX sind die Haare beider Figuren sowie der Pferde-
schwanz wiederum glatte Wülste, in IV dagegen freier behandelt; auch die Härte tler