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Kalning, Pamela; Miller, Matthias; Zimmermann, Karin; Universitätsbibliothek Heidelberg [Hrsg.]
Die Codices Palatini germanici in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Cod. Pal. germ. 496 - 670): bearb. von Pamela Kalning, Matthias Miller und Karin Zimmermann ... — Wiesbaden, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.31953#0014
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Einleitung

Cod. Pal. germ. 644 entstand zwischen 1450 und 1470 in Süddeutschland. Das Manu-
skript enthält bereits mehrere Gruppen von Rezepten, die als Tasciculus Medicinae’ un-
ter dem Namen des Johannes Ketham 11 * * bekannt geworden sind und 1491 in Venedig erst-
mals gedruckt wurden. Die Handschrift fällt unter anderem wegen ihrer Illustrationen
auf, so werden Passagen aus der Harnschau des Bartholomäus mit 28 Halbfiguren, die
Arzte bei der Uroskopie zeigen, bebildert. Außerdem sind ihr mehrere Federzeichungen
mit Darstellungen des menschlichen Körpers beigefügt (Aderlassmann, Wundenmann),
die anschaulich medizinische Grundvorstellungen des 15. Jahrhunderts widerspiegeln.
Cod. Pal. germ. 644 war wohl eine Art Vademecum, ein Buch, das ein Arzt auf Reisen bei
sich getragen haben könnte. Es kommt mit dem außergewöhnlich kleinen Format von
10,2 cm auf 7,5 cm aus. Eine weitere Besonderheit dieser Rezeptsammlung liegt im
sprachlichen Bereich: Neben lateinischen und deutschen Abschnitten sind auch einige
Rezepte in tschechischer Sprache in den Text eingestreut.

Sieben der frühen medizinischen Handschriften lassen aufgrund der Capsanummer einen
gemeinsamen Überlieferungszusammenhang vermuten 12, sie waren wohl alle Teil der sog.
jüngeren Schlossbibliothek. 13 Drei dieser Handschriften enthalten Besitzeinträge aus dem
späten 16. Jahrhundert (1580) von Matthäus Maywald (Cod. Pal. germ. 558 und 620), und
von Eberhard Maywald (Cod. Pal. germ. 545), der sich selbst als Heidelbergensis bezeich-
net; sie sind wohl erst nach 1580 in die Schlossbibliothek gelangt.

Die bereits bei Ortrun Riha 14 in Teilen ausgewertete Handschrift Cod. Pal. germ. 526, im
bairisch-österreichischen Raum zwischen 1487 und 1493 entstanden, versammelt eine
Vielzahl verschiedenartiger medizinischer Kurztexte in lateinischer und deutscher Spra-
che. Teilweise handelt es sich um Exzerpte, manches ist nur stichwortartig aufgenommen,
anderes mehrfach wiederholt. Einiges ist trivial, wie etwa die allein stehende Aussage
>Macer< ist der hochst pauch arczt gewesen der sagt von kreuter vnd wurczen (Bl. 38 v),
anderes weist darauf hin, dass der Verfasser sich seines Standes noch vergewissern muss,
so, wenn er in einer Randnotiz die Körperteile in einer organologischen Staatsmetapher
auch auf seine eigene herausragende Stellung in der Ständegesellschaft anwendet (Bl. 7 V).
Besonderer Wert wird auf Harndiagnostik und Physiologie, auf Ätiologie und Diagnostik
gelegt, es finden sich aber auch mehrere längere Abschnitte mit Einzelrezepten. Zahlrei-
che Indizien weisen darauf hin, dass hier ein junger Student seine Aufschriebe machte,
dessen Identität wie auch der Übergang in die Sammlung leider noch ungeklärt sind.

11 Siehe auch Cod. Pal. germ. 558.

12 Cod. Pal. germ. 558 und 574 sind mit C. 153 bezeichnet, in Cod. Pal. germ. 575 ist die Capsanummer
C. 154 notiert, C. 155 findet sich in Cod. Pal. germ. 577 und 620, auf einer Cod. Pal. germ. 526
zuzuordnenden Lage, die wohl in Rom versehentlich separiert wurde und heute in der Handschrift
Cod. Pal. germ. 845 als Bll. 101-108 inseriert ist, sowie in Cod. Pal. germ. 666/III.

13 Zu den Capsanummern siehe Kat. Heidelberg, UB 6, S. XIV-XVI.

14 Riha, Wissensorganisation.

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