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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0131
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Kaiser wurde er nicht gekrönt. Als Erben des Reiches hinterließ er Otto I. (936—973),
welcher nächst Karl dem Großen keinem anderen Herrscher nachstand, mit seinen stets
siegreichen Waffen die Grenzen seines Reiches erweiterte und dadurch den Beinamen des
Großen verdiente, wie man ihn heute noch nennt. Er erhob im Jahre 921 nach des Herrn
Fleischwerdung Ebergis zum Abt von Lorsch (931—948 oder 950, gest. 18. Oktober).
Dieser war von Jugend an im Lorscher Kloster erzogen worden und nach seinem Ver-
wandten Lüthar (897 zum Abt von Lorsch gewählt, Reichsabt 914—931, gest. 3. Sept.)
auf den Bischofsstuhl von Minden berufen worden, den er, ebenso wie den Lorscher Abt-
stuhl, 17 Jahre lang innehatte und zu Ehren brachte. Viermal durfte er für Lorsch die
Erneuerung der königlichen Freiheitsprivilegien in Empfang nehmen.

URKUNDE 66 (Reg. 3569)
Erste königliche Urkunde Ottos I. über die
Unabhängigkeit des Lorscher Klosters

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Otto, durch Gottes obwaltende
Güte König. Wenn wir durch ein Geschenk unserer Freigebigkeit die gottgeweihten Stätten
durch unsere Hilfe erheben und schützen, so wird uns das, wie wir glauben, zu einem
glücklichen zeitlichen Leben verhelfen und uns die Belohnung der ewigen Seligkeit er-
ringen lassen. Kund und zu wissen sei daher allen unseren aufmerksamen Getreuen, daß
der ehrwürdige Bischof Eberisus, unser getreuer Taufpate, sich an die Mildtätigkeit un-
serer Majestät gewandt hat. Er bat, daß wir dem zu Ehren des heiligen Märtyrers Naza-
rius errichteten Kloster und den Knechten Gottes, die dort Gott und dem Hl. Nazarius
dienen, eine königliche Urkunde über die Freiheit und Unabhängigkeit zuteilen möchten,
kraft welcher die Diener des Klosters und Gottes die Besitzungen und Vollmachten,
welche sie für die Abtei als Gesamtheit nach Fug und Recht besitzen, durch unsere Bestä-
tigung zuverlässiger und in weiterem Umfang genießen könnten. Aus Liebe zu Gott und
allen Heiligen, um des Seelenheiles unseres Vaters und unseres eigenen willen, für unsere,
unserer Gattin und Kinder Sicherheit, gewähren wir diese Bitte gerne und haben be-
schlossen, daß sie erfüllt werde. Der vorgenannte ehrwürdige Bischof Eberisus, den die
Schar der Mönche des erwähnten Klosters mit unserer Zustimmung und auf den Rat
unserer Getreuen zu ihrem väterlichen Abt erwählt hat, möge ohne Behinderung durch
irgendeinen Menschen die Abtei innehaben und regieren, solange ihm durch Gottes Barm-
herzigkeit der Lebensweg vorgezeichnet ist. Nach seinem Hinscheiden habe die Bruder-
schaft nach den Ordensregeln, wie sie es erbittet, freie Fland, einen Abt aus ihrer Mitte
zu wählen. So möge denn die Gemeinschaft und deren Nachfolge die Güter, mit allem,
was sie jetzt besitzt oder künftig erwerben wird, in Ruhe und Frieden und ohne jede
Erschwernis, wie bisher, besitzen, als sie von unseren Vorfahren in vollkommen gesicher-
ter Ruhe beschützt wurde. Um diese Urkunde unseren Getreuen glaubwürdiger und für
die kommenden Zeitläufte beachtlicher zu machen, haben wir sie mit eigener Hand unter-
schrieben und mit dem Abdruck unseres Siegelringes fertigen lassen. Ich, der Kanzler
Poppo, habe an Stelle des Erzkaplans Friderich gegengezeichnet. Monogramm unseres
Herrn, des unbesiegten Königs Otto. Gegeben am 15. September im Jahre 940 nach des
Herrn Menschwerdung, in der 13. Indiktion, im 5. Jahre der Regierung des frommen
Königs Otto. Gegeben in Bullinga (Bütlingen, Kreis Malmedy), glückverheißend, weil in
Gottes Namen. Amen. Otto, von Gottes Gnaden König.
 
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