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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0276
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272

Hans-Werner Schmidt


in Florenz eingetroffen war, an die Arbeit
gehen, welche nach dem zuverlässigen Ri-
cordo 222 die Zeit vom 4. Mai bis Ende
September 1554 ausfüllte8. Bewährter Helfer
war Cristofano Gherardi.
Bei zwei Gelegenheiten beschreibt Vasari
eingehend die Dekorationen der Fassade.
Da ohne schriftliche Hilfe sein kompliziertes
Gedankengebäude nur schwer verständlich
war und das Netz der Horizontal- und Ver-
tikalbeziehungen entwirrt werden mußte,
gab Vasari zuerst in dem Briefe, der die Ge-
samtskizze begleitete9, seinem Auftraggeber
eine Anleitung zum Genuß seines Kunst-
werkes. Ein zweites Mal bespricht er in der
Vita Gherardis10 das vollendete Werk aus-
führlich.
Es erübrigt sich, hier ausführlich auf die Fas-
sade und ihre Beschreibungen einzugehen.
Beide Beschreibungen stimmen in der
Hauptsache überein; die Abweichungen der
Vita vom Briefe sind geringfügig und be-
treffen die Benennung der Allegorien über
den Fenstern des Mittelgeschosses - wohl
Liegefiguren, welche die Ovale mit den

197. Florenz, Uffizien, Federzeichnung Darstellungen der Lebensstufen halten. Ab-
weichend ist auch die Benennung der Pla-
netengottheiten, die Vasari seitlich der
Fenster des Obergeschosses als Ganzfiguren vorgesehen hatte. Im Briefe werden sie der Reihe nach auf-
gezählt: Sole, Mercurio, Venere, Marte, Giove, Luna, Saturno - während die Vita die Reihenfolge ändert
in Luna, Mercurio, Sole, Venere, Marte, Giove, Saturno. Eine Charakterisierung dieser Planetenfiguren
gibt er im Brief nicht - „per non ui fare una leggenda“ -, auch geht er nicht ein auf die Zone über die-
sen Fenstern des zweiten Geschosses, wo in Tondi die Segni der Planeten dargestellt werden sollten.
Die dem Almeni eingereichte Zeichnung bezog sich gewiß nur auf das dekorative Gerüst der Fassade und
ging auf Einzelheiten nicht ein. Die Benennung der Allegorien stand ebenso wenig fest wie die orna-
mentalen Details. Mußte doch sogar Vasaris Helfer Gherardi noch während der Arbeit um Vorlagen
bitten für die Hauptfelder mit den Darstellungen aus dem Menschenleben. Es war also in den Monaten
zwischen Vasaris Programm und dem Beginn der Arbeit im Mai 1554 reichlich Zeit für Änderung der
Dispositionen. Dazu kommt, daß im Oktober 1553, als Vasari seinen Plan konzipierte, von einer Mit-
arbeit Gherardis keine Rede sein konnte, denn dieser durfte aus politischen Gründen Florenz nicht
betreten. Erst mit seiner Begnadigung zu Anfang 1554 war seine Tätigkeit in Florenz möglich geworden.
Wenn auch Vasaris Fassadenplan im ganzen keine Änderung erfahren hat, so könnten doch durch
Gherardi, den Spezialisten, die ornamentalen Teile der Fassade ein anderes Aussehen erhalten haben.
Gherardi, der um drei Jahre ältere Mitarbeiter Vasaris, erscheint vorzugsweise im Gefolge seines Meisters,
dessen persönlicher Sympathie er mehr als eigenen künstlerischen Leistungen seinen Nachruhm verdankt.
Bei den gemeinsamen Unternehmungen in Bologna, Florenz, Venedig, Cortona., in den beiden Vitelli-
palästen in Cittä di Castello oblagen Gherardi die ornamentalen Aufgaben: Putten, Festons, Grotesken.
Vasari wußte die Geschicklichkeit seines Mitarbeiters auf diesen Gebieten wohl zu schätzen, und in

der Tat scheinen Gherardis Kräfte bei der gemeinsamen Arbeit zu wachsen: im Oratorium der Compagnia

8 A. del Vita, Le Ricordanze di Giorgio Vasari, Arezzo 1929, p. 73.
9 K. Fbey, a. a. O., Brief CG. 10 Vasari, ed. Milanesi VI, p. 231 ff.
 
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