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Mitscher, Georg
Zur Baugeschichte des Strassburger Münsters — Straßburg: Verlag von R. Schultz und Comp., 1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.70658#0015
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nur möglich im Mittelschiff selbst und wenn der Kopf stark zurück-
gelegt wird, eine Stellung, die selbst für den begeistertsten Kunst-
freund unbequem ist und jede eingehende Betrachtung hindert.
Schon seit einiger Zeit wird auch von vielen anerkannt, daß der
Kölner Dom gewinnen würde, wenn es möglich wäre, aus seinen
fünf Schiffen drei zu machen, und dies würde nicht nur dem In-
neren, sondern auch deni Aeußeren zu gute kommen.
In Kirchen gotischen Stils, bei denen es eine eigentliche Wand gar
nicht giebt, können die Gewölbe nur durch äußere Strebepfeiler gegen
den Seitenschub gesichert werden. Diese Pfeiler können nirgend
anders angebracht werden als an den Außenwänden der Seitenschiffe
und giebt es deren zwei aus jeder Seite, so müssen die Strebebögen
durch auf die Jnnenpfeiler, welche die Seitenschiffe trennen, gesetzte
Zwischenpseiler hinübergeleitet werden. Sind die Gewölbe des Mit-
telschiffes sehr hoch, wie in Köln, so müssen doppelte Strebebögen
geschlagen werden und so entsteht jenes Gewirre von Pfeilern, Bö-
gen nnd Fialen, welche der Außenansicht des Kölner Domes etwas
entschieden unruhiges verleihen. Das Langhaus des Straßburger
Münsters hat nur drei Schiffe nnd daher bietet die Außenseite des-
selben einen viel ruhigeren und also wohl schöneren Anblick.
Noch eines Vorzuges sei hier erwähnt, der das Straßburger
Münster auszeichnet. Das ist der herrliche rote Sandstein der Voge-
sen, der zum Bau verwendet ist und welcher dem Münster jene
dunkle, satte Färbung verleiht, die mit der Pracht der bunten Fen-
ster so gut übereinstimmt. Diesen Vorzug teilt es mit den Domen
zu Worms, Freiburg, Mainz und Basel; an Reichtum der Formen
kommt ihm in Deutschland nur eine Kirche gleich: der Dom von
Trier.
Merkwürdig ist, wie sich beide Kirchen ergänzen. Das Straßburger
Münster zeigt alle Stile vom entwickelten romanischen bis zum völlig
ausblühenden gotischen. Am Trierer Dom sind nur die jüngsten Teile
in dem romanischen Stile vom Ende des zwölften Jahrhunderts
errichtet und heute noch kann man sein Inneres durch eine Tür
betreten, welche die Römer unter den Kaisern Valentinian und
 
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