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Weber, Wilhelm; Königliche Museen zu Berlin / Ägyptische Abteilung
Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung: Text — Berlin, 2.1914

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Motive. Verwendung.

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daß es in den Landstädten keine Christen gab. Aber das ist gewiß beachtenswert, daß der
Alexandriner Clemens seinen Glaubensgenossen zurufen mußte, sie sollten sich der heidnischen
Symbole enthalten (s. S. 69, Anm. 147). Sie haben also die Bilder gekannt und kein Gegengewicht
geschaffen? Oder in dieser Weise opponiert gegen den Bilderdienst? Ob allzuviele die Lehre
ihres Führers befolgt haben?
Die heidnische Religion ist nicht so schnell erloschen, wie es den Christen vielleicht wünschens-
wert erschien. Bis in die Zeit der überhandnehmenden Erstarrung (S. 12) hinein begegnen uns,
wenn auch zuletzt spärlicher und roher an Arbeit, Bilder der alten Götter, wie man noch unter großer
Beteiligung im Land die alten Feste feierte. Epiphanius, der Christ, erzählt uns dies als Augen-
zeuge, und der Bildersturm von Alexandrien redet für jenes noch viel eindrucksvoller. Von da an
freilich verschwindet die Figurenbildnerei in Ton rasch und so gut wie ganz. Die Abkehr der Be-
völkerung von dem Tand ist begreiflich; waren die einstigen Schützer doch recht inhaltsleer ge-
worden, Bilder böser Geister, Teufelswerk, Erzeugnisse der heidnischen Hexenmeister, Erinne-
rungen an die Bekämpfer der neuen Religion5). Leere Schemen lebten in den Schöpfungen der
koptischen Zeit.
Verwendung.
Im allgemeinen läßt sich schon aus dem Inhalt der Figuren etwas über ihre Verwendung er-
schließen. Sieht man in so überragender Zahl Götterbilder unter ihnen, so wird man gerne glau-
ben, daß sie nicht nur Zierrat waren, sondern die Vermittler zwischen dem Gott und seinem Gläu-
bigen zu spielen hatten. Wir brauchen kaum zur Analogie der Heiligenbildchen in griechisch-
lateinischen Gegenden uns zu flüchten, um dies wahrscheinlich zu machen, oder gesehen zu
haben, in wie ungeheurer Zahl an Wallfahrtsstätten Bilder ihrer heiligen Inhaber in allen Größen
an das gläubige Volk verkauft werden, die als einziger Schmuck des Zimmers tiefen Einfluß auf
seinen Bewohner üben; wir sehen vor vielen dieser Götter die Lämpchen brennen (S. 109), erinnern
uns, daß sie in Häusern gefunden werden (S. 4), und stellen uns vor, wie 1, 2, 3 oder mehr in
einer Nische beisammen stehen1) und an den heiligen Festtagen das Lämpchen an oder vor ihnen
brennt (S. 111). Andere müssen an der Wand aufgehängt worden sein, wie die Ösen auf ihrer
Rückseite zeigen; auch dazu bedarf es keiner Analogien2). Wir sehen einzelne Typen, mit Öffnungen
an der Oberseite, die geschwärzt sind; es müssen hier Holzspäne eingesteckt worden sein, die einen
Augenblick (S. 109) brannten; daß auch sie in erster Linie im Haus benutzt zu denken sind, lehren
die Typen der dargestellten Götter, etwa Sarapis, Neith-Athena, an deren Festen man Lichter
brannte (S. 111). Es mag sein, daß andere als Blumenhalter gedient haben, eines oder das andere
mit Götterfiguren geschmückte als Sparkasse; andere sind Flaschen gewesen(S. 158, Anm. 7). Jeder
weiß, daß man damit nur das fortsetzte, was man in Ägypten schon seit alten Zeiten ununterbrochen
tat (ebd.). Hören wir doch sogar, daß in einen alexandrinischen Tempel ein Trinkhorn in Gestalt
des Götzen Bes gestiftet wurde (S. 158 u. s.). Wenn wir die Masse so zunächst als religiösen Hausrat

5) Symbol dafür ist die kleine von Erman publizierte Lampe (Berlin 9367, Äg. Zeitschr. 28, S. 63, wo eine Frau einem
Krodokil ein Kreuz entgegenstreckt).
9 Ich möchte doch hier an die interessante Ecke im Haus der Amorini dorati zu Pompei (unten S. 41, Anm. 55) er-
innern, wo die Kulttypen der ägyptischen Götter und ihre heiligen Geräte auf die Wand gemalt sind. Das entspricht dem
Platz des Hauskults sonst. Man denke auch an den Bericht des Rufin über die Sarapisbilder in den alexandrinischen
Häusern (unten S. 26).

2) Muß man da immer gleich an die oft so armseligen Gräber denken, an deren Wänden diese Geräte aufgehängt ge-
wesen sein sollen? Wieviele konnten sich ein richtiges Grabhaus leisten? In Abusir el-Mäläk und sonst lagen die Mumien
unter der Erde, waren keine Särge vorhanden; einmal zerbrochene Altaraufsätze als Sarg benutzt (Möller, s. Abb. 129).
 
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