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Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

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Geisberg, Max: Der verlorene Sohn aus dem Verlage Jobst de Negkers im Kupferstichkabinett zu Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0041
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DER VERLORENE SOHN

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Und dann die Unterschrift, die für uns wichtiger ist als das ganze Gedicht:
(Sebrucft ju 2lugfpurg öurcfy / Jobft
be ZTegfer / ^orntfcfyneYÖer.
Zunächst lernen wir dadurch den Formschneider des Holzschnittes
kennen, über den zuletzt Dodgson a. a. O. S. 204 alles heute über ihn
Bekannte zusammengestellt hat. Jost de Negker war danach ein ge-
borener Antwerpener, der 1508 nach Augsburg übersiedelte und dort
noch 1544 arbeitete. Sein bekanntes Monogramm oder seinen von
einem besonderen Holzstock gedruckten Namen finden wir auf einer
ganzen Reihe von Schnitten nach Vorzeichnungen Burgkmairs, der
beiden Breu, Lukas van Leydens, Schäufeleins, Weiditz’, Cornelis
Engelbrechtens, auf mehreren Kopien nach Dürer, Cranach, Beham,
Holbein, und auf einigen Blättern der Holzschnittveröffentlichungen
des Kaisers Max, bei denen er in ausgedehntem Maße als Form-
schneider herangezogen zu sein scheint. Alle diese Schnitte sind bei
Dodgson einzeln angeführt, so daß ich mich auf diesen Hinweis hier
beschränken darf. Stets ist de Negker in den Fällen, die wir zu be-
urteilen vermögen, als Formschneider bzw. Kopist tätig, und es ist
daher auch von vornherein anzunehmen, daß er auch bei der Dresdner
Darstellung des verlorenen Sohnes nicht als erfindender Künstler,
sondern nur als ausführender Techniker, als Formschneider, wie er
sich ausdrücklich bezeichnet, in Betracht kommt. Leider ergibt sich
für den „Verlorenen Sohn“ aus seiner Adresse nicht einmal eine
brauchbare Zeitbestimmung, denn die Jahreszahlen auf seinen Arbeiten,
1508, 1510 bis 1512, 1519 bis 1522, 1526, 1538 und 1544 lassen
einen allzu weiten Spielraum und sagen uns über die Entstehungszeit
des Schnittes nicht viel mehr, als wir schon aus dem allgemeinen
Charakter der Darstellung erraten können.
Da sich de Negker auch als Drucker bezeichnet, möchte man
zunächst annehmen, er sei der Besitzer einer eigenen Buchdruck-
presse gewesen. Das trifft aber nicht zu. Die Typen sind vielmehr
jene Melchior Rammingers, in dessen Alten Testament Deutsch vom
14. November 1523 sie meines Wissens zuerst vorkommen. Ram-
minger1) begann 1520 zu drucken2), wenn auch seine ersten datier-
ten Drucke erst in das Jahr 1521 fallen; sein letzter ist 1539 be-
zeichnet, er starb 1543 oder 1544. Man möchte vielleicht vermuten,
de Negker habe erst nach Rammingers Tode dessen Druckzeug er-
worben, aber wenn man erwägt, daß Dürers Buchausgaben seiner
Holzschnittfolgen von 1511 das Impressum Nurnberge per Albertum
Durer pictorem aufweisen und dennoch mit Holzels Typen gedruckt3)
1) Alfred Götze, Die hochdeutschen Drucker der Reformationszeit, Straß-
burg 1905, S. 7.
2) R. Proctor, An Index to the early printed books in the British Museum,
Part II, S. 91 Nr. XXXV.
3) Proctor, Nr. 11000—11003.

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