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Modderman, Pieter J.; Clason, Anneke
Die neolithische Besiedlung bei Hienheim, Ldkr. Kelheim (Band 1): Die Ausgrabungen am Weinberg 1965 bis 1970 — Kallmünz/​Opf.: Verlag Michael Lassleben, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.63701#0054
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mern (530 und 534) beziehen sich auf Material, das
während der Arbeit mit dem Bagger und dem dar-
auffolgenden Planieren der Ausgrabungsfläche ge-
sammelt worden ist. Dies bedeutet, daß sie oben
in der Grubenfüllung gefunden worden und dort
also relativ spät hineingelangt sind. Fundnummer
534 vertritt eine Konzentration von Scherben, aber
530 ist aus dem am meisten südlich liegenden Teil
der Grube zusammengetragen worden. Das betref-
fende Gefäß (Taf. 40) ist aus rein verzierungstypo-
logischen Gründen ein Erzeugnis, das man gerne in
den Übergang von Linearbandkeramik und Stich-
bandkeramik einordnen möchte. Es erscheint nicht
ausgeschlossen, daß die Scherben von Taf. 40 : 606,
die aus derselben Umgebung wie die vorigen stam-
men, typologisch gleich ,alt‘ sind.
Weder der Grubenkomplex als Gesamtgebilde, noch
bestimmte Teile davon sind mit einiger Wahrschein-
lichkeit mit einem Hausgrundriß zu verbinden. Es
gibt Argumente für die Annahme, daß manche Gru-
ben früher gefüllt worden sind als andere. Man
geht dabei von rein typologisch archäologischen Er-
wägungen aus, deren Gültigkeit mit Hilfe des Ma-
terials aus Hienheim überprüft wird. So macht die
tiefe Grube, in der sich die Fundnummern 586 und
593 befanden, den Eindruck, sie sei relativ früh
entstanden. Die Grube, aus der die Fundnummern
600 bis 603 stammen, ist ein wenig unklar, braucht
aber nicht zur Spät-Linearbandkeramik zu gehören:
das gleiche gilt für die nördlich anschließende Gru-
be 597. Die ziemlich große Grube in SO mit den
Fundnummern 613 bis 618 erweckt den Eindruck,
sie sei ziemlich spät in der Linearbandkeramik ge-
füllt worden. Dank den nach 1970 gemachten Er-
fahrungen scheint die Annahme berechtigt, daß die-
se Gruben, ebenso wie die verzierten Scherben in
608, in die gleiche Zeit wie Haus 1 zu datieren sind.
Schließlich sei noch bemerkt, daß im S-Teil einige
Scherben gefunden worden sind, die vermutlich von
Altheimer Keramik stammen (Fundnummern 530
und 604).
2. Grubenkomplex F-4, G-4 und H-4 (Taf. 42—48)
Der 121 m2 große Grubenkomplex zerfällt in zwei
Teile: einen SO-Teil, der zur Zeit der Linearband-
keramik gefüllt wurde, und einen NW-Teil, der
mit Ausnahme von zwei Gruben (820 und 823) aus
der Chamer Periode vor allem Stichbandkeramik
und Rössener Tonware erbracht hat. Die beiden
Teile werden einzeln besprochen. Die Profile wur-
den so gewählt, daß sie optimal Informationen ge-
ben könnten über den Zusammenhang der Gruben

untereinander, nachdem diese letzteren durch Boh-
rungen innerhalb des Komplexes einigermaßen lo-
kalisiert worden waren (Taf. 42 und 43).
Im SO-Teil (Taf. 43) ist an erster Stelle eine läng-
liche Grube 701 zu unterscheiden, die zu Gebäu-
de 14 gezählt werden muß. Der Grubeninhalt wur-
de beim genannten Gebäude beschrieben. Im äußer-
sten S des Komplexes befindet sich Grube 758
(Taf. 46); die verzierten Scherben daraus stimmen
stark mit denen aus Grube 701 (Taf. 24, 25) über-
ein, abgesehen von einigen stichbandkeramischen
Scherben, die aus der obersten Schicht der Füllung
stammen. Von einer Schale, geknetet aus mit rela-
tiv viel grobem Sand und feinem Kies gemagertem
Ton, von der drei Scherben in 701 gefunden wor-
den waren, trafen wir eine vierte in 758 an (Taf.
24 : 10 bzw. 46 : 6).
Am SO-Rand von Grube 758 wurden drei Ver-
färbungen beobachtet, deren Kerne 1 m ausein-
ander liegen. Die beiden am meisten westlich lie-
genden erinnerten stark an Pfostenlöcher, zu denen
aus Stämmen gespaltene Bohlen benutzt worden
waren. Vielleicht hat diese Konstruktion eine ähn-
liche Funktion gehabt wie die einzeln beschriebenen
Reihen von drei Pfosten in den Quadraten E-6, 7
(S.45).
Neben den Gruben 701 und 758 sind noch zwei
weitere zu unterscheiden, nämlich die Nummern
325, die größte und tiefste von allen, und 821. Un-
ter der zuletzt genannten Fundnummer sind die-
jenigen Gegenstände registriert worden, die tiefer
als 30 cm unter der ersten gezeichneten Fläche ge-
funden wurden. Von den Fundnummern 762 und
763 gehört die Mehrzahl sicherlich zu 821, was in
geringerem Maße für die Nummern 765 und 767
gilt.
Zwischen den Funden aus den vier erwähnten Gru-
ben und den direkt damit in Verbindung zu brin-
genden Fundnummern bestehen allerhand Kontakte
in dem Sinne, daß Scherben, die zusammenpassen
oder von demselben Gefäß stammen, unter verschie-
denen Fundnummern registriert sind. Solche Kon-
takte gibt es u. a. zwischen 325 einerseits und 758,
760, 763, 764, 765 und 767 andererseits. Die
Schlußfolgerung liegt auf der Hand: der gesamte
SO-Teil des Grubenkomplexes in F-4 und H-4 ist
in einer Generation entstanden. Die Möglichkeit, daß
ein Teil der Funde aus 325 jünger ist als diese
Generation, ist jedoch nicht auszuschließen. Es gibt
dafür zwei Argumente. Erstens befinden sich unter
den Scherben von 325 einige, die u. a. mit einem
zweizinkigen Gerät verziert worden sind; sie stam-

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