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Modderman, Pieter J.; Clason, Anneke
Die neolithische Besiedlung bei Hienheim, Ldkr. Kelheim (Band 1): Die Ausgrabungen am Weinberg 1965 bis 1970 — Kallmünz/​Opf.: Verlag Michael Lassleben, 1977

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https://doi.org/10.11588/diglit.63701#0134
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etwas weniger Sorgfalt verziert worden, als wir es
aus dem Niederrhein- und Maas-Gebiet gewohnt
waren. Dazu kann der Umstand beigetragen haben,
daß der Ton, aus dem die Töpfe geknetet worden
sind, häufig etwas sandiger ist. Das Auftreten von
einigen gröberen Kiesel ementen in einem verzierten
Topf aus Hienheim ist normal, was ich aus Nieder-
ländisch-Limburg nicht kenne. Die Tonzusammenset-
zung, aus der verzierte und unverzierte linearband-
keramische Tonware hergestellt worden ist, weist
im allgemeinen eine große Ähnlichkeit auf. Daß die
lineare Verzierungsweise in Bayern dadurch, daß
eigene Akzente gesetzt werden, von demjenigen ab-
weicht, was anderswo in dieser Zeit hergestellt wird,
ist nichts Neues für all diejenigen, die sich mit die-
sem Material beschäftigt haben. Dem steht gegen-
über, daß Verzierungen, die in anderen Gebieten
ziemlich regelmäßig vor kommen, auch in Hienheim
sehr wohl vertreten sind. So ist Verzierung mit
einem mehrzinkigen Spatel in Hienheim mehrere
Male festgestellt worden (Taf. 18, 19, 23, 28, 31,
34), und zwar stets in einem Milieu, das ohne wei-
teres als linearbandkeramisch bezeichnet werden
kann. Die Verwendung des mehrzinkigen Spatels
ist in Böhmen nicht belegt (Vencl 1961, S. 138), ist
aber vor allem verbreitet gewesen im Rhein-Main-
Gebiet und im Niederrhein-Maas-Gebiet (Meier
Arendt 1966, Taf. 16). Hienheim scheint die öst-
lichste Position einzunehmen. Der Tremolierstich,
von dem nur ein Beispiel (Taf. 50) in der linear-
bandkeramischen Grube 343 gefunden worden ist,
kommt sowohl in Deutschland bei der späten Linear-
bandkeramik und Hinkelstein-Gruppe, als in Böh-
men bei der Stichbandkeramik vor (Meier Arendt
1966, Taf. 19 — mit der Determinierung der Scher-
be aus Jeneffe, Belgien, bin ich nicht einverstanden).
Bemerkenswert ist, daß die mittelneolithische ver-
zierte Tonware im Durchschnitt qualitativ besser
ist als die linearbandkeramische. Sie läßt sich in die-
ser Hinsicht auch besser von den nicht-verzierten
mittelneolithischen Töpfen unterscheiden, die manch-
mal sehr stark mit feinem Kies gemagert sind.

Auf einer großen Anzahl von Tafeln wird versucht,
einen Eindruck von der verzierten bandkeramischen
Tonware zu vermitteln, ohne daß dabei Vollständig-
keit angestrebt würde oder auch nur im entfernte-
sten bestimmte Zahlen als Verhältniszahlen sugge-
riert werden sollen. Unsere Auswahl ist vor allem
durch den Kontext mit Gebäuden bestimmt oder
durch den mutmaßlich repräsentativen Charakter
eines Fundkomplexes, wodurch von manchen reichen
Fundkomplexen nichts abgebildet ist.
An Sonderformen hat Hienheim u. a. das Tiergefäß
erbracht, über das bereits ausführlich publiziert wor-
den ist (Modderman 1969, idem 1971). Weiterhin
sei noch auf eine Scherbe hingewiesen, die von
einem Schälchen zu stammen scheint, das mit drei
oder mehr Füßen versehen war (Taf. 54), auf eine
Tülle (Taf. 29) und auf ein Keramikfragment, das
nur als Teil eines Standrings interpretiert werden
kann; alle stammen aus einem linearbandkerami-
schen Milieu. Ein besonderes mittelneolithisches'
Stück ist das Keramikfragment mit einem flachen
Boden (Taf. 48). Es wurde in dem Grubenkomplex
F, G-7 auf gefunden, aus dem auch die auf Taf. 68
abgebildeten Scherben zum Vorschein kamen. Schließ-
lich sei noch auf das Auftreten von tönernen Arm-
ringen (Taf. 47; 61) hingewiesen.
In vorliegender Arbeit ist ziemlich viel Aufmerk-
samkeit auf die Formen der Tonware verwendet
worden (S. 56). Unterschiede zwischen dem linear-
bandkeramischen und dem mittelneolithischen Re-
pertoire sind dabei deutlich nachweisbar. Während
in der ersten Periode geschlossene Formen überwie-
gen, sind es in der jüngeren gerade die offenen
Formen, die bevorzugt werden.
Es wird ein erster Ansatz vorgelegt zu einer techno-
logischen und morphologischen Definition des Silex-
materials aus der Linearbandkeramik und dem
Mittelneolithikum (S.59). Neben wichtigen Über-
einstimmungen zwischen beiden Industrien sehen wir
sehr große und sehr wesentliche Unterschiede
(S. 69).

MÜNCHSHÖFENER UND ALTHEIMER FUNDE

Eine geringe Anzahl von Scherben, die zu der
Münchshöfener und der Altheimer Gruppe gezählt
werden müssen, veranlaßt dazu, die Frage zu er-
örtern, inwieweit die Besiedlung in Hienheim nach
dem Mittelneolithikum fortgesetzt worden sein
kann. Dabei sei vorausgeschickt, daß die wenigen

Funde keine Beweiskraft haben, aber daß sie ande-
rerseits die Möglichkeit einer gewissen Kontinuität
nicht ausschließen.
Bei diesen Erwägungen können zwei C-14-Datierun-
gen aus anderen Fundstellen in Bayern behilflich
sein. Die eine bezieht sich auf den reichen verkohl-

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