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Otto Rudolf Salvisberg, Berlin
Landhaus Geyer in Zeuthen. — Ansicht gegen die Straße
ZU DEN BAUTEN VON OTTO RUDOLF SALVISBERG
Als vor zehn Jahren das erstemal Arbeiten des Architekten
Otto Rudolf Salvisberg in diesen Heften zur Veröffent-
lichung gelangten, war sein Name noch wenig bekannt. Heute
zählt Salvisberg zu den Meistern der deutschen Architektur.
Meisterschaft im wahren Sinn des Wortes, nicht als Routine
sondern Reife verstanden. Wer nach aktuellen Gewaltsam-
keiten eines Modernen oder nach programmatischen Mani-
festationen eines »neuen Stils" sucht, wird bei diesem Bau-
meister nicht auf seine Rechnung kommen.
In der Erscheinungen Flucht gibt ein — ich möchte sagen
— angeborenes Vertrautsein mit grundlegenden Gestaltungs-
prinzipien der Architektur seinem Schaffen unbeirrbare Festig-
keit. Dieses beharrende Element führt aber hier nicht etwa
zur Manier, dem Hilfsmittel der Unselbständigen, es wird
durch die starke schöpferische Energie des Künstlers, der
sicher und frei seine Ausdrucksmittel beherrscht, gesteigert
zu persönlichem Stil. Dabei ist stets bei Grundrißlegung und
Anlage des Bauwerks den sachlichen Voraussetzungen der
baulichen Aufgabe in vollstem Maße Rechnung getragen.
Zugleich aber ist auch klar erkannt, dass nur, wenn auch
die in den äußeren Bedingungen liegenden formalen Erfor-
dernisse architektonisch bewältigt werden, das Ganze sich
zum Kunstwerk rundet.
Für den Typus des ländlichen Herrensitzes ist im Haus
Geyer eine in allen Teilen befriedigende Form gefunden.
Die an sich ganz schlichte, ebenmäßige Fassade erhält nach
außen in den trotzig verstärkten Eckbildungen festen Ab-
schluß und in ihrer Fläche durch die Balkonanlage des
Obergeschosses über dem Haupteingang Betonung. Ein in
einfachen klaren Proportionen gesehener Raum ist die Halle
dieses Hauses, deren Wände durch fein empfundene Gliede-
rung der Holztäfelung belebt sind.
Als Wohnsitz wurde der große Baukomplex des Hauses
Bernheim um einen Hof mit Einfahrt gruppiert. War damit
ein auf allen Seiten von Gebäuden umschlossener Platz
geschaffen, so schien es geboten, diesem einen Blick- und
Richtungspunkt in einer als solche charakterisierten Haupt-
fassade zu geben. Salvisberg löst diese Aufgabe durch eine
mächtige Portalanlage. Die Konzentration dieser Hauptfront
auf das Portal geht so weit, daß die Fenster ganz gemäß
ihrer größeren oder kleineren Entfernung von diesem Mittel-
punkt geformt werden; selbst die horizontale Gliederung
MOD. BAUFORMEN 1925. II, 1.
Otto Rudolf Salvisberg, Berlin
Landhaus Geyer in Zeuthen. — Ansicht gegen die Straße
ZU DEN BAUTEN VON OTTO RUDOLF SALVISBERG
Als vor zehn Jahren das erstemal Arbeiten des Architekten
Otto Rudolf Salvisberg in diesen Heften zur Veröffent-
lichung gelangten, war sein Name noch wenig bekannt. Heute
zählt Salvisberg zu den Meistern der deutschen Architektur.
Meisterschaft im wahren Sinn des Wortes, nicht als Routine
sondern Reife verstanden. Wer nach aktuellen Gewaltsam-
keiten eines Modernen oder nach programmatischen Mani-
festationen eines »neuen Stils" sucht, wird bei diesem Bau-
meister nicht auf seine Rechnung kommen.
In der Erscheinungen Flucht gibt ein — ich möchte sagen
— angeborenes Vertrautsein mit grundlegenden Gestaltungs-
prinzipien der Architektur seinem Schaffen unbeirrbare Festig-
keit. Dieses beharrende Element führt aber hier nicht etwa
zur Manier, dem Hilfsmittel der Unselbständigen, es wird
durch die starke schöpferische Energie des Künstlers, der
sicher und frei seine Ausdrucksmittel beherrscht, gesteigert
zu persönlichem Stil. Dabei ist stets bei Grundrißlegung und
Anlage des Bauwerks den sachlichen Voraussetzungen der
baulichen Aufgabe in vollstem Maße Rechnung getragen.
Zugleich aber ist auch klar erkannt, dass nur, wenn auch
die in den äußeren Bedingungen liegenden formalen Erfor-
dernisse architektonisch bewältigt werden, das Ganze sich
zum Kunstwerk rundet.
Für den Typus des ländlichen Herrensitzes ist im Haus
Geyer eine in allen Teilen befriedigende Form gefunden.
Die an sich ganz schlichte, ebenmäßige Fassade erhält nach
außen in den trotzig verstärkten Eckbildungen festen Ab-
schluß und in ihrer Fläche durch die Balkonanlage des
Obergeschosses über dem Haupteingang Betonung. Ein in
einfachen klaren Proportionen gesehener Raum ist die Halle
dieses Hauses, deren Wände durch fein empfundene Gliede-
rung der Holztäfelung belebt sind.
Als Wohnsitz wurde der große Baukomplex des Hauses
Bernheim um einen Hof mit Einfahrt gruppiert. War damit
ein auf allen Seiten von Gebäuden umschlossener Platz
geschaffen, so schien es geboten, diesem einen Blick- und
Richtungspunkt in einer als solche charakterisierten Haupt-
fassade zu geben. Salvisberg löst diese Aufgabe durch eine
mächtige Portalanlage. Die Konzentration dieser Hauptfront
auf das Portal geht so weit, daß die Fenster ganz gemäß
ihrer größeren oder kleineren Entfernung von diesem Mittel-
punkt geformt werden; selbst die horizontale Gliederung
MOD. BAUFORMEN 1925. II, 1.