Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

DOI Heft:
15. Heft
DOI Artikel:
Rittland, Klaus: Die Ehen des Herrn von Brenkhusen, [10]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0434
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
iS



des jlerrn üon ßivn
Von Klaus Rittland (Elisabeth Heinroth).

üSßn


Bebhaft drang Fanny in ihren Mann, dessen Abneigung gegen
ihren Plan, von Müller-Geffken modelliert zu werden, sie bereits
fühlte und zu besiegen trachtete.
„Er meint, mein Schönheitstyp eignete sich so gut zur plastischen
Gestaltung.“
Curt mußte lächeln, wie sie das sagte. So nett eingelernt.
„Ja, mein Kind,“ erwiderte er langsam, „aber dieser Wunsch wird
doch unerfüllt bleiben müssen. Um eine Porträtbüste zu besitzen, dazu
gehört mehr als deine Schönheit und der gute Wille des Künstlers, dazu
gehört Geld, viel mehr Geld, als wir für einen solchen Zweck verwenden
können.“
Sie zuckte leicht die Achseln. „O, das ist nicht schlimm. Er könnte
die Büste ja in Bronze ausführen. Das ist billiger als Marmor. Er
würde uns schon einen niedrigen Preis stellen. — Übrigens — vorläufig
brauchten wir uns überhaupt noch nicht zu entscheiden, ob wir die
Büste haben wollen. Wenn das Modell fertig ist, und du es sehr gut
findest — na ja, dann vielleicht. Aber vorläufig möchte er das Werk
nur für sich allein schaffen. Er interessiert sich so für meine Schädel-
bildung. Die wär’ so wunderbar schön, sagt’ er. — Nur so als Studie,
weißt du.“
Mit brennenden Augen, sehnlich drängend, sah sie zu ihm hinüber.
Er fühlte, daß der Plan seit lange, schon den Mittelpunkt ihres
Denkens, das Ziel ihrer Wünsche gebildet haben mochte. Der schlaue
Künstler hatte es verstanden, alle Mächte der Eitelkeit in ihr zu ent?
fesseln.
Aber sie hatte wohl auch geahnt, daß sie auf Widerstand stoßen
würde, und darum bis heute geschwiegen.

Copyright 1913 by Rieh: Bong.
„Nein, liebe Fanny, diese Idee gib nur auf,“ entgegnete er freund-
lich, aber bestimmt, „als Studienvorwurf für einen jungen Künstler —
meine Frau? Nein, dafür gibt es Modelle. Es würde dir auch viel zu
viel Zeit wegnehmen. Ich meine wirklich, du solltest etwas mehr auf die
Kleine achten. Die Martha ist. leichtsinnig.“
Fanny ließ diesen leisen Vorwurf ganz unbeachtet. „Als ob’s eine
Schande wäre, der Kunst zu dienen. Und das will ein Mann sein, der
nichts Lieberes kennt, als Bilder und Statuen und alte Gebäude an-
schauen und sich da reinverhimmeln. ,Ein stiller Schönheitsschwärmer’,
hat die Schönwald neulich gesagt. Na ja, sehr still. Wenn’s gilt, etwas
zu tun, dann ist’s aus mit der Kunstliebe. Wie mir schon die ge^
schwollenen Ausdrücke von der Schönwald zuwider sind —“
„Fanny!“ Er schüttelte spöttisch lächelnd den Kopf. Ein Kind ohne
Selbstzüglung. Sie wurde ungezogen, da sie ihren Zweck nicht erreichte!
Eine kurze Weile brütete sie finster auf ihre Stickerei nieder. Dann
kam ihr aber die Besinnung, daß durch Maulen nichts zu erlangen war.
Sie wurde wieder liebenswürdig,. „Schließlich setz’ ich es doch durch,“
dachte sie, „er ist ja eigentlich ein gutmütiger Kerl. Wenn man nur
immer wieder davon anfängt und recht nett und lieb dabei ist.“
In einer Ehe, wie in jedem engeren Verhältnis zwischen zwei
Menschen, bleibt bei Streitigkeiten nicht der geistig Höherstehende
Sieger, nicht der die größere faktische Macht in Händen hält, noch der
persönlich Wertvollere, der Gebende — nein, einzig und allein der Teil,
dem Mutter Natur den zähesten Willen verliehen hat, den rücksichts-
losen, tief einbohrenden Willen.
Acht Tage später hatte Fanny die erste Sitzung im Atelier dös Herrn
Müller-Geffky und fand ihr kindliches Vergnügen an dem grauen Ton-


Leonhard Sandrock: An der Werft in Emden.
 
Annotationen