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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0675
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MODERNE KUNST.





Pentagramm und allerlei anderer Zierat. Bis in unsere
Tage hat sich diese Sitte aus mittelalterlicher Zeit
erhalten, und zuweilen finden wir noch heute in
alten deutschen Städten eines jener typischen Wirts-
hauszeichen, das dem Wanderer die Stätte anzeigt,
wo er gastliche Aufnahme und Labung findet. W.
* *
*
La Joela. Gegenwärtig steht der Tanzakt auf
der Bühne des Variete im Vordergrund. Fast jedes
Programm weist mehrere derartige Akte auf, welche
zum größten Teil ein exotisches, seltener ein histo-
risches Gewand haben. Zu den ersteren gehören
La Joelas Darbietungen, die Tänze einer jungen
temperamentvollen Portugiesin, welche in fast allen
großen Städten Deutschlands und auch des Auslands
gastierte. Die junge Künstlerin, die übrigens wieder-
holt ersten Meistern als Modell diente und welche ein
hochoriginelles Gemälde von der Meisterhand Julius
Klingers — sie selbst, parodistisch darstellend — als
Vorwurf für ihre Affichen und Plakate benutzt, tritt
im Genre der Salometänzerinnen auf. Eine Spezial-
schöpfung La Joelas sind die Dolch- und Schwerter-
tänze, bei denen sie ihrem südlichen Temperament voll
und ganz die Zügel schießen lassen kann. Sie tritt
auf diesem Gebiete in den Wettstreit mit den ersten
Künstle- „ . . . ,
Portugiesische
rinnen
dieser Tanzgattung. La Joela ist
passionierte Tänzerin, sie lebt in ihren
Schöpfungen und hat sich der Kunst
nicht aus finanziellen Gründen,
sondern aus Passion allein zuge-
wendet. Auch die spanischen und
portugiesischen Volkstänze und Na-
tionaltänze werden von ihr getanzt;
sie gehören zu ihrem Repertoir genau
so wie Schleier- und Schlangen-
tänze. Als Künstlerin ersten Ranges,
ist die Tänzerin auf ihren Reisen
stets von ihrem Bruder begleitet,
welcher die Geschäfte des Sekretärs
und Impresarios versieht. In den
weitesten Kreisen wurde die schöne
Portugiesin durch ihre Zigeuner-
phantasien nach klassischer Musik
bekannt. Senorita La Joela ent-
stammt einer der ersten Familien
Lissabons, wo ihr Vater die Stelle
eines höheren Justizbeamten beklei-
dete. Bei einem Gastspiel im Deut-
schen Theater in München erregte
sie das Interesse des Malers Friedrich
August von Kaulbach, der sie auf
die Leinwand bannte, sowie des be-
kannten Malers Recznizeck, der
leider zu früh verstarb, ehe er sein
Gemälde „La Joela im Tanze“ voll-
endete. Künstlerische, Dekorationen und ein glänzendes Repertoir gaben stets
den Darbietungen der Tänzerin einen eigenen
Reiz, dessen Zauber sich bisher kein Zuschauer
entziehen konnte. V. H.
* * *
Reithandschuhe Friedrich des Großen.
Luxus in der Kleidung hat Friedrich nur in den
ersten Jahren seiner Regierung getrieben, später
war er erheblich einfacher geworden. Für die
Einfachheit der Kleidung zeugt auch das Paar
Reithandschuhe, das er getragen hat. Sehr
schlicht und ohne irgendwelchen Schmuck, ge-
nügten sie lediglich dem praktischen Bedürfnis.
Es fällt auf, daß Daumen und Zeigefinger der
Handschuhe zur Hälfte abgeschnitten sind.
Schöner sind sie durch die Kürzung nicht ge-
worden, wohl aber für den König bequemer,
konnte er doch beim Reiten Zügel und Krück-
stock oder Degen besser fassen. Nach ihrer
Fasson und ihrem Umfange zu urteilen, hat
Friedrich sehr kleine Hände gehabt. Das lassen
auch seine im Hohenzollern-Museum aufbewahrten

Tänzerin La Joela.

Wachshände erkennen, die ebenso wie seine Toten-
maske wenige Stunden nach seinem Ableben vom Bild-
hauer Eckstein abgeformt wurden. Am Finger der einen
Hand trug der große König gewöhnlich jenen Reif mit
dem grünen Diamanten, den er samt 200 000 Taler,
50 Anthol Tokaier, einem Lustre von Bergkristall,
zwei Handpferden mit ihren Schabracken und einem
Zug preußischer Pferde schon in dem am 8. Januar
1769 geschriebenen Testament seinem Bruder Heinrich
vermacht hatte. Das Lieblingsreitpferd Friedrichs war
bekanntlich später der im Jahre 1777 in England an-
gekaufte Conde. Das Pferd erhielt diesen Namen erst
in Berlin, nachdem es der König zur Probe geritten
und für brauchbar befunden hatte. Conde starb 1804,
im Alter von 27 Jahren, in der Tierarzneischule. Aus-
gestopft, steht er schon seit einigen Jahrzehnten im
Hohenzollern-Museum. Aus dem Nachlasse Friedrichs
gelangte übrigens eine Anzahl Kleidungsstücke in den
Handel. Sie wurden als Andenken an den König stark
begehrt. Die Berliner Gebrüder Pages, die einige,
darunter auch ein Paar Handschuhe, an sich gebracht
und mit ihnen eine Wachsfigur des Königs bekleidet
hatten, um sie für Geld sehen zu lassen, fanden es
für gut, sich die Echtheit dieser Stücke vom fran-
zösischen Kolonie-Gericht zu Berlin durch aufgedrückte
Siegel und Atteste bescheinigen zu lassen. s.

Altes Wirtshausschild.
Phot. Berliner Illustrat.-Ges.

Ein Zweig von Thearosen in Holz-
schnitzerei. Künsteleien sind zu allen Zeiten
getrieben worden — sie haben immer ihre
Liebhaber gefunden. In den Tagen der Re-
naissance und des Barock fand man Gefallen
an figürlichen Schnitzereien in Kirsch- und
Pfirsichkernen. Erst unter der Lupe konnte
so eine, geschnitzte Kreuzigung oder ganze
Passion erkannt werden. Im Grünen Gewölbe
zu Dresden werden noch Arbeiten dieser Art
bewahrt — einige werden der Bildhauerin Pro-
perzia de Rossi aus Bologna zugeschrieben.
Auch Deutsche, wie der Nürnberger Peter
Flötner, haben sich mit ähnlichen Miniatur-
schnitzereien befaßt. Natürlich erregen sie
nicht jenes angenehme Empfinden, das von
einem Kunstwerk ausgelöst wird. Man staunt
über die aufgewandte Mühe, Geduld und Ge-
schicklichkeit, rechnet aber das Ergebnis zu
den Kuriositäten. Ebenfalls gehören hierher
gewisse größere moderne Schnitzereien, bei
denen versucht ist, die zartesten Gebilde der
Natur, Blumen und Blätter, in heterogenem
Material, nämlich in Holz, zu kopieren. Mühe
und Geschick des Schnitzers seien gleichfalls
anerkannt, aber selbst in diesem Falle bleibt
das Verlangen nach künstlerischer Wirkung
unbefriedigt. Zu solchen Reflexionen gibt
auch der in Holz geschnitzte Zweig von Thea-
rosen des italienischen Kunstschnitzers Turci
Veranlassung. Zwar sind die vollen Rosen,
die halb oder

Thearosenzweig in Holzschnitzerei.

ganz geschlossenen Knospen, die scharfgezähnten
Blätter mit ihren Nerven und Adern, die Stacheln
am Zweige und sogar eine herangeschwebte Li-
belle nach Möglichkeit getreu wiedergegeben, aber
gerade dieser weit getriebene Naturalismus regt
den Gedanken erst recht an, daß es sich doch
immer nur um Blüten, Knospen und Blätter von
PIolz handelt. Die Italiener, die im Schnitzen
virtuos sind, setzen sich leicht über solche Be-
denken hinweg, sind doch auch unter ihren
modernen Marmorarbeiten solche Beispiele eines
krassen Naturalismus nicht selten. b.

Franz Schmidt. In neuer Zeit ist ein
Homo novus in der Musikerwelt aufgetaucht,
dessen Namen man nach allem, was man über ihn
gehört hat, zweifellos Beachtung schenken muß.
Erst vor kurzem ist seine Oper „Notre Dame“ mit
großem Erfolge in der Wiener ITofoper aufgeführt

Reithandschuhe Friedrichs des Großen.
 
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