können, und suchten diese möglichst zu vermindern, dagegen die Theile, welche
Widerstand zu leisten haben, zu verstärken. Demzufolge sind alle schweren und
weit ausgeladenen Gesimse, welche bei den Gebäuden der Griechen und Römer so
grosse Mauerstärken nöthig machten, bei den gothischen Gebäuden ganz vermieden.
Zu den Gewölben sind die leichtesten Steine, dagegen zu den Pfeilern die festesten
und schwersten gewählt. Hinsichtlich der Widerlager der Gewölbe so findet sich an
dem Dome zu Cölln ein Verfahren beobachtet, welches eben so zweckmässig als
einfach und bisher unbekannt geblieben scheint. *
Der untere Theil der Gewölbe wird durch horizontale Schichten der aus der
Mauer vortretenden Quadersteine gebildet, ähnlich der Konstruction an der Schatz-
kammer des Atreus. Die Spannung des Gewölbes und das Volumen desselben erhält
auf solche Weise eine Verminderung, dagegen wird das Widerlager in eben dem
Verhältnisse verstärkt. Ganz vorzüglich scheint aber dasjenige Verfahren unsere Auf-
merksamkeit zu verdienen, wodurch jene wesentlichen Theile verbunden sind und
jede Verschiebung oder Ausbiegung derselben verhindert ist, so dass sie unverändert
in der Lage bleiben müssen, die sie ihrer Bestimmung zufolge haben sollen.
Es ist eine bekannte Erfahrung, dass alle langen Mauern, Gewölbe, Balken etc.
sehr leicht Biegungen unterworfen sind; zur Verhinderung dieser so gefährlichen Aus-
biegungen erhielten in den im sogenannten antiken Style ausgeführten Gebäuden jene
Theile eine weit grössere Stärke. In den Gebäuden des Mittelalters, welche selbst
bei grossen Dimensionen äusserst geringe Massen von Material haben, werden dagegen
die Theile dadurch verstärkt, dass sie in kurzen Zwischenräumen netzförmig, unver-
schieblich , geknüpft oder abgeschlossen sind.
Auf diese Weise erhält jeder einzelne Theil eine weit grössere Festigkeit, als er es
an und für sich haben würde, ohne dass die Existenz des Ganzen durch das Verderben
des Einzelnen gefährdet wird.
Man vergleiche z. B. die Festigkeit oder Tragkraft von einer Anzahl parallel
gespannter Fäden mit der Tragkraft derselben Anzahl von Fäden, wenn sie in ein
Netz mit festen Knoten und kleinen Maschen geknüpft sind. Dieses netzförmige
Abschliessen der langen Linien durch Knoten in kurzen Zwischenräumen ist nun,
wie mir scheint, das karakteristische und vorzüglich nachahmungswerthe Prinzip der
Konstructionsweise des Mittelalters.
Als Beispiele darf man nur in dem vorliegenden Werke die Gewölbe, die Dach-
verbindung und die ganze Pyramide betrachten. Es ist ein und dasselbe Prinzip,
was allen zu Grunde liegt.
Die Pyramide ist durch die horizontalen Bänder und den Kranz von Eisen so
abgeschlossen, dass jeder Abschnitt ein unverschiebliches, abgestumpftes Pyramiden-
stück bildet, dessen Wände wieder durch Hauptrippen in acht unverschiebliche Felder
abgetheilt sind. Die Entfernung von einem Ring zum andern beträgt nur etwa 15 Fuss
und diese ist zu gering, als dass sich die Steinsparren einbiegen könnten.
* Auf diese Konstruction bin ich durch Herrn Bauinspector Ahlert zu Cölln aufmerksam gemacht worden, welcher die,
Restauration des Doms mit eben so viel Eifer als Sachkenntniss besorgt. Niemand als er dürfte mehr geeignet sein, tiber
die Konstructioncii des Doms in technischer Hinsicht seine Beobachtungen bekannt zu machen.
Widerstand zu leisten haben, zu verstärken. Demzufolge sind alle schweren und
weit ausgeladenen Gesimse, welche bei den Gebäuden der Griechen und Römer so
grosse Mauerstärken nöthig machten, bei den gothischen Gebäuden ganz vermieden.
Zu den Gewölben sind die leichtesten Steine, dagegen zu den Pfeilern die festesten
und schwersten gewählt. Hinsichtlich der Widerlager der Gewölbe so findet sich an
dem Dome zu Cölln ein Verfahren beobachtet, welches eben so zweckmässig als
einfach und bisher unbekannt geblieben scheint. *
Der untere Theil der Gewölbe wird durch horizontale Schichten der aus der
Mauer vortretenden Quadersteine gebildet, ähnlich der Konstruction an der Schatz-
kammer des Atreus. Die Spannung des Gewölbes und das Volumen desselben erhält
auf solche Weise eine Verminderung, dagegen wird das Widerlager in eben dem
Verhältnisse verstärkt. Ganz vorzüglich scheint aber dasjenige Verfahren unsere Auf-
merksamkeit zu verdienen, wodurch jene wesentlichen Theile verbunden sind und
jede Verschiebung oder Ausbiegung derselben verhindert ist, so dass sie unverändert
in der Lage bleiben müssen, die sie ihrer Bestimmung zufolge haben sollen.
Es ist eine bekannte Erfahrung, dass alle langen Mauern, Gewölbe, Balken etc.
sehr leicht Biegungen unterworfen sind; zur Verhinderung dieser so gefährlichen Aus-
biegungen erhielten in den im sogenannten antiken Style ausgeführten Gebäuden jene
Theile eine weit grössere Stärke. In den Gebäuden des Mittelalters, welche selbst
bei grossen Dimensionen äusserst geringe Massen von Material haben, werden dagegen
die Theile dadurch verstärkt, dass sie in kurzen Zwischenräumen netzförmig, unver-
schieblich , geknüpft oder abgeschlossen sind.
Auf diese Weise erhält jeder einzelne Theil eine weit grössere Festigkeit, als er es
an und für sich haben würde, ohne dass die Existenz des Ganzen durch das Verderben
des Einzelnen gefährdet wird.
Man vergleiche z. B. die Festigkeit oder Tragkraft von einer Anzahl parallel
gespannter Fäden mit der Tragkraft derselben Anzahl von Fäden, wenn sie in ein
Netz mit festen Knoten und kleinen Maschen geknüpft sind. Dieses netzförmige
Abschliessen der langen Linien durch Knoten in kurzen Zwischenräumen ist nun,
wie mir scheint, das karakteristische und vorzüglich nachahmungswerthe Prinzip der
Konstructionsweise des Mittelalters.
Als Beispiele darf man nur in dem vorliegenden Werke die Gewölbe, die Dach-
verbindung und die ganze Pyramide betrachten. Es ist ein und dasselbe Prinzip,
was allen zu Grunde liegt.
Die Pyramide ist durch die horizontalen Bänder und den Kranz von Eisen so
abgeschlossen, dass jeder Abschnitt ein unverschiebliches, abgestumpftes Pyramiden-
stück bildet, dessen Wände wieder durch Hauptrippen in acht unverschiebliche Felder
abgetheilt sind. Die Entfernung von einem Ring zum andern beträgt nur etwa 15 Fuss
und diese ist zu gering, als dass sich die Steinsparren einbiegen könnten.
* Auf diese Konstruction bin ich durch Herrn Bauinspector Ahlert zu Cölln aufmerksam gemacht worden, welcher die,
Restauration des Doms mit eben so viel Eifer als Sachkenntniss besorgt. Niemand als er dürfte mehr geeignet sein, tiber
die Konstructioncii des Doms in technischer Hinsicht seine Beobachtungen bekannt zu machen.