Der Meister des Blaubeurer Hochaltars und seine
Madonnen
Von Wilhelm Vöge
Das Kaiser-Friedrich-Museum
aus Lindenholz1), die angeblich aus
Sie hing früher in der Höhe zwischen
den Fenstern; im Neubau verhüllt sie
der Dämmer zwischen den Türen; so
wurde sie wenig beachtet, obschon
zwei edle Namen an ihr haften. Gregor
Erhardt, der Augsburger, soll sie ge-
schnitzt, der ältere Holbein sie bemalt
haben. Allerdings, das sind wahr-
scheinlich Fechtnamen, ihr in den
Kunsthandel mitgegeben.
Sie gehörte offenbar, als Mittel-
stück, zu einem großartigen Altar,
zum Hochaltar einer Karmeliterkirche.
Sechs Mönche in weißen Kutten, zum
Teil mit schwarzen Kapuzen, bergen
sich knieend unter ihrem Mantel. Doch
während die zarte Madonna von Ra-
vensburg 2), mit rührendem Augenauf-
schlag, mit einem Blick, der alles be-
greift und alles entschuldigt, den
Mantel über ihre Schutzbefohlenen
breitet, ist die Augsburger Madonna
in Gedanken ganz bei ihrem Kinde,
das sie auf den Händen trägt; sie
sinnt in die Gemeinde, über die Mönche
hinweg. Und auch das Kind blickt,
mit ausruhendem Blick, auf die An-
dächtigen: wie als erspähte es rechts
(Berlin) bewahrt eine überlebensgroße Madonna
Kaisheim ist und in Augsburg erworben wurde.
Abb. 1. Detail: Schutzmantel-Madonna □
□ Berlin, Kaiser Friedrich-Museum
g Höhe 2,16 m; aus einem Stamm; im Antlitz der Madonna wie am Leibe des Kindes
sind einzelne Holzstreifen, zur Ausfüllung von Rissen, eingesetzt; sie sind mit Stoff überlegt; der
Leinenüberzug scheint hier, wie meiner Beobachtung nach, sehr häufig, nur an solchen Stellen
verwendet zu sein, wo das Holz Schäden zeigte.
-) Im Kaiser-Friedrich-Museum; die Vermutung, daß dieses von J. Veth gepriesene Werk
eine Arbeit Friedrich Schramms von Ravensburg sei, ist nicht ganz von der Hand zu weisen,
vgl. K. A. Busl in Kepplers Archiv f. christl. Kunst, VII, Stuttgart 1889, S. 62.
Madonnen
Von Wilhelm Vöge
Das Kaiser-Friedrich-Museum
aus Lindenholz1), die angeblich aus
Sie hing früher in der Höhe zwischen
den Fenstern; im Neubau verhüllt sie
der Dämmer zwischen den Türen; so
wurde sie wenig beachtet, obschon
zwei edle Namen an ihr haften. Gregor
Erhardt, der Augsburger, soll sie ge-
schnitzt, der ältere Holbein sie bemalt
haben. Allerdings, das sind wahr-
scheinlich Fechtnamen, ihr in den
Kunsthandel mitgegeben.
Sie gehörte offenbar, als Mittel-
stück, zu einem großartigen Altar,
zum Hochaltar einer Karmeliterkirche.
Sechs Mönche in weißen Kutten, zum
Teil mit schwarzen Kapuzen, bergen
sich knieend unter ihrem Mantel. Doch
während die zarte Madonna von Ra-
vensburg 2), mit rührendem Augenauf-
schlag, mit einem Blick, der alles be-
greift und alles entschuldigt, den
Mantel über ihre Schutzbefohlenen
breitet, ist die Augsburger Madonna
in Gedanken ganz bei ihrem Kinde,
das sie auf den Händen trägt; sie
sinnt in die Gemeinde, über die Mönche
hinweg. Und auch das Kind blickt,
mit ausruhendem Blick, auf die An-
dächtigen: wie als erspähte es rechts
(Berlin) bewahrt eine überlebensgroße Madonna
Kaisheim ist und in Augsburg erworben wurde.
Abb. 1. Detail: Schutzmantel-Madonna □
□ Berlin, Kaiser Friedrich-Museum
g Höhe 2,16 m; aus einem Stamm; im Antlitz der Madonna wie am Leibe des Kindes
sind einzelne Holzstreifen, zur Ausfüllung von Rissen, eingesetzt; sie sind mit Stoff überlegt; der
Leinenüberzug scheint hier, wie meiner Beobachtung nach, sehr häufig, nur an solchen Stellen
verwendet zu sein, wo das Holz Schäden zeigte.
-) Im Kaiser-Friedrich-Museum; die Vermutung, daß dieses von J. Veth gepriesene Werk
eine Arbeit Friedrich Schramms von Ravensburg sei, ist nicht ganz von der Hand zu weisen,
vgl. K. A. Busl in Kepplers Archiv f. christl. Kunst, VII, Stuttgart 1889, S. 62.